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Warum diese Gründerin für ihr millionenschweres Startup eine Villa auf Hawaii angemietet hat

Im Herzen Aloha: 2016 gründete Alisa Jahnke das Mannheimer Schmuckstartup Purelei - Copyright: Purelei
Im Herzen Aloha: 2016 gründete Alisa Jahnke das Mannheimer Schmuckstartup Purelei - Copyright: Purelei

Am 21. April, in Deutschland ist es da gerade kalt und grau, postete Alisa Jahnke auf Linkedin das Bild einer Villa mit Strandblick auf Hawaii. Dazu schrieb sie: „Niemals hätte ich gedacht diesen Mietvertrag zu unterschreiben", so die Gründerin aus Mannheim. "Ende des Monats schicken wir unsere 4 Mädels wieder nach Hawaii, um Content zu produzieren - im eigenen PURELEI Haus.“

So sieht die Purelei-Villa auf Hawaii aus. Und der Blick vom Balkon geht geradewegs aufs Meer hinunter - Copyright: Purelei
So sieht die Purelei-Villa auf Hawaii aus. Und der Blick vom Balkon geht geradewegs aufs Meer hinunter - Copyright: Purelei

Purelei, das ist der Name des erfolgreichen Startups, das Jahnke gemeinsam mit ihrem Mann Freddy Jahnke und Etienne Espenner 2016 gegründet hat. Vergangenes Jahr machte Purelei 54 Millionen Euro Umsatz mit Modeschmuck. Ketten, Ringe, Ohrringe, Armbänder, Fußkettchen. Besonders sei, dass der Schmuck aus Edelstahl nicht anlaufe. Es soll so langlebig sein wie Echtschmuck, die Stücke kosten aber nur zwischen 30 und 40 Euro. Alles sei „inspiriert von Hawaii“, wie es im Onlineshop von Purelei heißt – was man Pur-le-i ausspricht. Abgeleitet vom englischen „pure“ und dem hawaiianischen „lei“, dem Namen der berühmten Blumenketten von dort.

Purelei-Community will den "real shit"

Das erklärt allerdings nur so halb, warum ein Mannheimer Startup eine Villa auf Hawaii dauerhaft anmieten muss. Ja, verstanden: Es geht darum, hawaiianisches Lebensgefühl als Kern der Marke zu transportieren. „Unser Corevalue ist: Wir leben Aloha“, sagt Jahnke. Ziel sei es deshalb, „den Aloha-Spirit in unseren Marketing-Content zu bringen.“

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Aber kann man Bilder und Videos dafür heutzutage mit einem bisschen Green-Screen und einer geschickten Fotografin nicht auch an den Ufern von Rhein und Neckar machen? Nein, kann man nicht, sagt die Purelei-Gründerin. Nicht, wenn eine Marke so sehr von der Community lebt und auf deren Vertrauen zählt. Denn die Erfolgsstory von Purelei ist eine Social-Media- und Influencer-Marketing-Bilderbuchgeschichte.

Veynou Gründer
Veynou Gründer

Purelei bespielt diverse Social-Media-Kanäle. Der wichtigste: Instagram mit 790.000 Followern. Und die wollen den real shit. Sie könnten das eindeutig an ihren Reichweiten- und Impressionszahlen ablesen, schreibt Jahnke im Villa-Post. Im Januar 2023 hätten sie 130 Prozent mehr Reichweite für ihren Content generieren können als im Dezember 2022. Dabei ist der Dezember – Weihnachtsgeschenke und so – normalerweise einer der stärksten und der Januar der schwächste Monat. Nur, dass sie im Januar authentischen, echten Content aus Hawaii gepostet hatten, den ihr vierköpfiges Content- und Marketing-Team dort produziert hatte. „Unsere Community, die will einfach das Aloha-Feeling sehen, die Sonne und das Meer.“

Pioniere des Influencer-Marketings

Und das Aloha-Feeling kriegen die Kunden. Meist mit jungen Frauen, die viel Schmuck tragen und oft Beige, manchmal Bikinis. Fast immer sind irgendwo auch Sand, Muscheln oder Palmen zu sehen und die Musik der Videos ist durchweg fröhlich. Die vier Purelei-Mitabeiterinnen, die aktuell in der Hawaii-Villa sind, kennt man, wenn man den Insta-Kanal durchschollt, irgendwann. Sie haben den Auftrag, die neue Kollektion in Szene zu setzen.

Aber es tauchen auch immer wieder andere, üppig geschmückte Frauen auf, die ebenfalls bekannt sind. Purelei arbeitet mit einigen der erfolg- und reichweitenstärksten Influencerinnen Deutschlands und Europas zusammen. Immer schon – und darin liegt auch ein Schlüssel des Erfolgs.

Die Gründungsgeschichte extraschnell zusammengefasst: Nach ihrem Abi 2012 reist Alisa Jahnke zum ersten Mal nach Hawaii. „Der Ort hat mich umgehauen“, sagt sie. Ihr Glück, dass die Hochschule Worms, an der sie International Business Administration zu studieren beginnt, eine Partnerschaft mit einer Uni auf Hawaii hat. 2013 reist sie wieder hin, dann gleich für ein ganzes Semester. Von da an verbringt sie alle Ferien auf der Insel, die Flüge finanziert sie sich mit einem Werksstudentenjob bei SAP.

2016 lernt sie Freddy kennen. Gemeinsam mit Etienne Espenner hatte der damals bereits ein D2C-Startup gegründet: einen E-Commerce-Store für Handy-Accessoires. „Der lief sehr gut“, erinnert sich Jahnke. Sie hilft aus, wenn die Bestellungen zu viele werden. „Irgendwann haben die beiden gesagt: Hey, lass uns doch mal noch was ausprobieren.“ Darin sieht sie ihre Chance: „Ich hatte schon immer Lust, etwas Eigenes und mich selbstständig zu machen. Da dachte ich: Jetzt oder nie.“ Sie hatte nichts zu verlieren, wohnte in einem WG-Zimmer, das sie nicht viel kostete und war komplett frei und unabhängig, wie sie sagt. „Also habe ich Vollgas gegeben.“

Schmuck-Marke Purelei: War anders geplant

Sie überzeugt die Männer von ihrer Idee: Eine Lifestyle-Brand gründen, die Hawaii-Feeling nach Deutschland bringt. Als erstes Produkt wählt sie Armbänder für 15 Euro das Stück. „Das wir heute als reine Schmuck-Brand positioniert sind, war nicht so geplant“, sagt Jahnke. „Wir hatten in diesem Bereich einfach so viel Rückenwind vom Markt bekommen.“ Der Schmuck sei so gut gelaufen, dass sie dabei blieben.

Die Ausweitung auf andere Produkte holt Purelei jetzt nach. Neu ist eine Beauty-Linie, mit Parfum und Bodylotion. Textil, also Hoodies, T-Shirts und Stofftaschen, gibt es auch. Mehr demnächst, so die Chefin.

Die Armbänder fährt Alisa zu dem Zeitpunkt selbst aus. „Ich bin mit dem Fahrrad durch Mannheim und habe an Einzelhändler verkauft, damit Cash die Kasse kommt, das wir für Onlinewerbung nutzen konnten.“ Dabei hätten die Gründer sich immer gefragt: Wie können wir die Marke groß machen? Woher kriegen wir effiziente Aufmerksamkeit? Wo müssen wir platziert sein? Profitabilität sei stets oberste Priorität gewesen. Bis heute hat das Unternehmen nach eigenen Angaben keinen Cent Eigen- oder Fremdkapital aufgenommen, erzählt Jahnke, nicht einmal ein Bankdarlehen, nichts. In der Zukunft könne sie sich allerdings vorstellen, für die Internationalisierung der Marke Investoren an Bord zu nehmen.

Purelei-Gründerin nutzt die Macht der Influencer früh für sich

Das jahrelange Bootstrapping hat vor allem dank Jahnkes Marketingfähigkeiten geklappt. Freddy und Etienne hätten bereits Erfahrungen mit Social-Media-Marketing gehabt, Alisa startet darüber hinaus Kooperationen, mit Glossy Box etwa - und Influencern, die zum damaligen Zeitpunkt ein recht junges Phänomen waren. „Damals hat es noch genügt, die Produkte rauszuschicken“, erinnert sie sich. „Man musste in der Regel noch nicht mal was für die Kooperationen zahlen, weil es noch gar nicht so professionalisiert war.“ „Product for reach“ sei der Deal gewesen.

Das ist bei den einflussreichen Influencerinnen heute anders. Ein paar von denen lädt Purelei im Juni für einige Tage in die Hawaii-Villa ein. „Wir waren mit die ersten auf dem deutschen Markt, die Influencer-Events gemacht haben“, sagt Jahnke. "Ich glaube, das war auch ein ganz wesentlicher Hebel unseres Influencer-Marketings. Denn so konnten wir Vertrauen und persönliche Verbindungen aufbauen."

Heute braucht es also schon ein Influencer-Budget – und Purelei hat das: In einer aktuellen Stellenausschreibung des Unternehmens für einen oder eine CMO ist die Rede von einem 20-Millionen-Euro-Jahresbudget für Marketing. Wobei auch dieses viele Geld unbedingt profitbringend eingesetzt werden soll: „Wir hatten zuletzt einen Jahresvertrag mit der Chiara Ferragni, zum Beispiel.“ Die Italienerin zählt mit fast 30 Millionen Followern zu den ganz Großen auf Instagram. „Da ist aber dann schon wichtig, dass wir das Budget, das wir ausgeben, mit gewissen Performance-Aktivitäten der Influencer wieder reinholen können.“

Purelei als Familienunternehmen

„Als wir mit Purelei anfingen, hatten wir uns das Ziel gesetzt: In den ersten drei Monaten 75.000 Euro Umsatz, dann machen wir weiter. Wobei das schon auch ein gewaltiges Ziel war.“ Das schaffen sie nicht ganz, sie landen bei 65.000 Euro. Mit Armkettchen. Sie sehen darin einen so guten Marketfit, dass sie trotz der verpassten 10.000 Euro weitermachten.

Ihr größter Vorteil war, denkt Alisa Jahnke heute, dass sie „am Anfang sehr grün hinter den Ohren“ waren. „Wir hatten kein Datawarehouse, wussten nicht, welche Daten wir uns anschauen müssten, um gewisse Ziele zu erreichen – wir haben einfach gemacht.“ Wir, also ihr Mitgründer Etienne Espenner und ihr Mann Freddy Jahnke, mit dem die neben dem Unternehmen auch eine mittlerweile vierköpfige Familie gegründet hat.

„Es ist schon sehr, sehr anstrengend, wenn man mit seinem Partner zusammen gründet“, sagt sie. "Man sitzt abends nie auf der Couch, macht einfach mal nur stumpf Netflix an und lässt sich berieseln.“ Fast immer rede man doch noch mal über das Business. Trotzdem: „Es gab in den vergangenen sieben Jahren nicht einmal einen Punkt, an dem ich gedacht habe: Ich schmeiß' hin.“ Am Ende überwog immer das Aloha-Feeling.