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Deutschlands Geldhäuser stehen vor einer erneuten Belastungsprobe

Die Folgen der Pandemie setzen Commerzbank und Deutsche Bank erheblich unter Druck. Noch mehr Sparen heißt nun die Devise.

Die Sätze mögen sich unterscheiden, die ernüchternde Diagnose bleibt die gleiche: „Wir befinden uns in einer historischen Ausnahmesituation“, warnte Commerzbank-Chef Martin Zielke am Mittwoch bei der Vorstellung der Quartalszahlen. „Die Corona-Pandemie stellt die Welt und unser Wirtschaftssystem auf eine Belastungsprobe, wie wir sie seit dem Zweiten Weltkrieg nicht gesehen haben.“

Nur ein paar Stunden vorher übte sich Paul Achleitner, der Aufsichtsratschef der Deutschen Bank, in düsterem Realismus: „Weitgehend verschwunden ist die Hoffnung, dass auf einen scharfen volkswirtschaftlichen Einbruch eine schnelle Erholung auf das Vorkrisenniveau folgt“, heißt es in einer vorab veröffentlichten Rede des Chefkontrolleurs für die digitale Hauptversammlung in der kommenden Woche. Achleitner fürchtet, dass die Coronakrise „nicht nur länger andauern wird als zunächst erwartet – sie wird auch dauerhafte Konsequenzen haben“.

Diese dauerhaften Konsequenzen könnten die deutschen Banken hart treffen. Die Commerzbank musste im ersten Quartal deutlich mehr Geld für Kreditausfälle zurücklegen und machte deshalb einen Verlust von 295 Millionen Euro. Auch im Gesamtjahr könnte die Bank erstmals seit 2012 wieder rote Zahlen schreiben.

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Das ursprüngliche Ziel, 2020 einen Gewinn auszuweisen, sei „sehr ambitioniert“, warnt die Bank. Fondsmanager Andreas Thomae von der Dekabank fürchtet, dass die Commerzbank durch die Folgen der Pandemie anfälliger für Übernahmeversuche wird.

Die Deutsche Bank schlug sich im ersten Quartal mit einem Nettoverlust von 43 Millionen Euro zwar besser als der kleinere Nachbar. Im Gesamtjahr sagen Analysten für Deutschlands größtes Geldhaus jedoch einen deutlich höheren Verlust von unter dem Strich zwei Milliarden Euro voraus.

Die Bank würde damit das sechste Jahr in Folge rote Zahlen schreiben. „Die Bank befindet sich mitten in einem tief greifenden Umbau, ihre Profitabilität ist noch immer gering. Damit ist sie für eine tiefe Rezession nicht gut gerüstet“, warnt Alexandra Annecke, Fondsmanagerin von Union Investment, einem der größeren Aktionäre der Deutschen Bank.

Angst vor einer Kettenreaktion

Banker, Aufseher und Politiker fürchten eine Kettenreaktion: Die Pandemie stürzt Europa in eine tiefe Rezession, als Folge droht eine Welle von Unternehmenspleiten, die wiederum tiefe Löcher in die Kreditbücher der Banken reißen dürften.

Diese Ausfälle stellen nach Einschätzung von Felix Hufeld, dem Chef der deutschen Finanzaufsicht Bafin, die größte Gefahr für die Banken dar. Insgesamt ist er aber noch zuversichtlich: „Der Bankensektor hat das Zeug, die Krise zu überstehen – wenn auch mit einigen Blessuren“, sagte Hufeld in dieser Woche.

Auch Jan Viebig, Chief Investment Officer bei Oddo BHF, hält eine ausgewachsene Bankenkrise derzeit für „eher unwahrscheinlich“. Die Aufstockung der Kapitalpuffer nach der Finanzkrise 2008/09 habe die Geldhäuser deutlich robuster gemacht.

Dazu kommen die Rettungspakete zur Bekämpfung der wirtschaftlichen Folgen der Coronakrise: „Die Zentralbanken und die nationalen Regierungen haben sehr schnell und entschlossen auf den Nachfrageeinbruch reagiert. Die geld- und fiskalpolitischen Maßnahmen wirken“, argumentiert der Experte.

Ausschließen will Viebig eine Vertrauenskrise im Finanzsektor aber nicht – wenn der Konjunktureinbruch länger und tiefer als erwartet ausfällt und die anschließende Erholung schwächer wird als von der Mehrheit der Volkswirte derzeit erwartet. Er fürchtet, dass vor allem das zweite und dritte Quartal dieses Jahres für die Banken sehr schwer wird. Dann würden steigende Kreditausfälle wirklich spürbar.

Analysten und Investoren merken kritisch an, dass viele europäische Banken bei ihren Prognosen für 2020 von einem relativ optimistischen Szenario ausgehen. Die Commerzbank unterstellt bei ihren Vorhersagen beispielsweise, dass sich die Wirtschaft schrittweise erholt und dass es zu keinem zweiten Lockdown kommt.

Commerzbank-Finanzchefin Bettina Orlopp bestreitet nicht, dass alle Prognosen derzeit mit großer Unsicherheit behaftet sind. „Wir alle wissen, dass die Lage sich zurzeit sehr schnell verändern kann.“ Die Deutsche Bank geht bei ihrem Ausblick für den Rest des Jahres davon aus, dass die Wirtschaftsleistung in der Euro-Zone um 6,9 Prozent schrumpft. Die Europäische Zentralbank hält dagegen mittlerweile im schlimmsten Fall auch einen Einbruch um zwölf Prozent für möglich.

Bei der Commerzbank hat sich die Risikovorsorge von Januar bis Ende März bereits mehr als vervierfacht auf 326 Millionen Euro. Der Anstieg fiel damit noch höher aus als beim Konkurrenten Deutsche Bank, bei dem die Risikovorsorge um 261 Prozent auf 506 Millionen Euro gestiegen war.

Von der Risikovorsorge der Commerzbank ist gut die Hälfte auf die Corona-Pandemie zurückzuführen. Insgesamt geht Finanzchefin Orlopp davon aus, dass die Bank die Auswirkungen der Krise abfedern kann. „Wir haben ein gesundes Kreditbuch, und der Anteil gefährdeter Kredite liegt seit Jahren unter dem deutschen und europäischen Durchschnitt“, sagte sie.

„Dank der sehr weitreichenden Maßnahmen der Bundesregierung rechnen wir damit, dass deutsche Unternehmen, die einen Großteil unseres Geschäfts ausmachen, vergleichsweise gut durch die Krise kommen werden.“

Mehr Filialschließungen erwartet

Orlopp bekräftigte, dass die Commerzbank ihren Sparkurs verschärfen will. Details dazu will sie bei der Vorlage der Halbjahreszahlen im August nennen. „Selbstverständlich werden wir bei allem, was wir tun, die Konsequenzen und Erfahrungen aus der Coronakrise berücksichtigen“, sagte die Finanzchefin.

„Dazu gehört zum Beispiel, dass das Kundenverhalten sich schneller Richtung digitales Banking verändert.“ Das werde sich auch bei Entscheidungen über das Filialnetz widerspiegeln. Die bisherigen Planungen der Commerzbank sehen vor, bis 2023 rund 200 der insgesamt 1000 Niederlassungen zu schließen.

Doch Orlopps Äußerungen machen deutlich, dass die Bank das Filialnetz nun vermutlich noch stärker ausdünnen wird. Auch in anderen Bereichen sollen die Kosten noch deutlicher gesenkt werden. Bei der Verkündung der Strategie „Commerzbank 5.0“ im September 2019 hatte das Institut bis 2023 lediglich Einsparungen von 600 Millionen Euro und eine Eigenkapitalrendite von mehr als vier Prozent in Aussicht gestellt.

Nachdem viele Investoren und die Bankenaufsicht diese Ziele als wenig ambitioniert kritisierten, hat die Bank Nachbesserungen angekündigt. Ein Projektteam sucht deshalb seit Monaten nach weiteren Einsparpotenzialen. Zusätzlich sind mit Bain und McKinsey zwei Berater an Bord. Orlopp bekräftigte, dass die Bank nach der Anpassung der Strategie im Sommer ein höheres Renditeziel anpeilen will als noch im September 2019. Investor Thomae von der Deka fordert eine Eigenkapitalrendite von mindestens sechs Prozent.

Jobabbau schreitet voran

Auch die Deutsche Bank fürchtet schwere Schäden durch die Coronakrise, deshalb will Vorstandschef Christian Sewing das Sparprogramm noch einmal verschärfen. „In dieser Phase des Umbruchs müssen wir unsere Bank noch wetterfester machen – oder sagen wir besser: sturmfest“, heißt es in der vorab veröffentlichten Rede von Sewing für die Hauptversammlung. „Wir haben entschieden, unser Kostensenkungsprogramm weiter zu beschleunigen.“

Die Bank werde nun auch die Trennungsgespräche, die nach Ausbruch der Pandemie vorübergehend ausgesetzt worden waren, wieder aufnehmen. Der Vorstandschef hat der Bank den Abbau von insgesamt 18.000 Stellen verordnet. „Der Umbau geht selbstverständlich auch nicht an unseren Führungskräften vorbei“, betont Sewing. Bereits in den vergangenen zwei Jahren ist die Zahl der Führungskräfte gesunken. So beschäftigt die Bank mittlerweile 13 Prozent weniger Managing Directors.

Angesichts der Einschnitte hat sich die Führungsetage des Konzerns entschlossen, auch persönlich ein Zeichen zu setzen. „Alle Mitglieder des Vorstands und des Konzernleitungskomitees werden auf einen Monat Festgehalt verzichten“, kündigte der Vorstandschef an. Sewing hofft, dass die Anstrengungen ausreichen werden, um die Bank auf Kurs zu halten. Er bestätigt im Redemanuskript die Finanzziele für 2022. Die Bank habe sich in einer „nie da gewesenen Situation“ bisher gut geschlagen. „Deshalb sehen wir auch keinen Grund, bei unseren Ambitionen Abstriche zu machen.“

Die Bank hat sich unter anderem vorgenommen, ihre Kosten auf bereinigt 17 Milliarden Euro zu senken, die Erträge auf 24 bis 25 Milliarden Euro zu steigern und eine Nachsteuerrendite von acht Prozent zu erzielen.

Die Analysten teilen diesen Optimismus allerdings nicht. Sie trauen der Bank bestenfalls die Kostenziele zu, doch nicht ein einziger glaubt, dass das Geldhaus seine Ertrags- oder Renditeziele für 2022 noch erreichen kann. Im Durchschnitt gehen die Finanzprofis von Erträgen in Höhe von 21 Milliarden Euro aus und von einer Nachsteuerrendite von 2,5 Prozent.
Auch Fondsmanagerin Annecke von Union Investment warnt: „Hinter die Ertrags- und Renditeziele muss man spätestens jetzt ein großes Fragezeichen setzen.“ Dennoch will die Fondsgesellschaft Vorstand und Aufsichtsrat der Deutschen Bank auf der Hauptversammlung entlasten.