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Condor-Chef Ralf Teckentrup: „Wir brauchen in Deutschland maximal zehn Flughäfen“

Der Chef des Ferienfliegers hat ein Kernproblem der deutschen Luftfahrtbranche identifiziert. Das eigene Unternehmen sieht er hingegen gut aufgestellt.

Ralf Teckentrup steckt in einem echten Dilemma. Gerade trifft sich die Touristikbranche auf der ITB in Berlin. Doch eine der wohl brennendsten Fragen kann der Chef der Ferienfluggesellschaft Condor dort nicht beantworten: Wie geht es mit der zum Reisekonzern Thomas Cook gehörenden Airline weiter?

„Alle Optionen sind denkbar“, antwortet Teckentrup wieder und wieder, auch im Gespräch mit dem Handelsblatt. Und: „Es wird sicher noch einige Zeit dauern, bis es etwas Neues gibt.“

Vor wenigen Wochen hatte Thomas Cook mitgeteilt, Optionen für seine Airlines zu prüfen, die bis hin zu einem Verkauf reichen könnten. Der Konzern möchte sich auf das Geschäft mit Hotels und Kreuzfahrten konzentrieren, seine Investitionen hier bündeln.

Es geht um Fluggesellschaften in Deutschland (Condor), Großbritannien, Skandinavien und auf Mallorca, eine Flotte von 103 Jets und einen Umsatz von umgerechnet rund vier Milliarden Euro und ein Betriebsergebnis von rund 150 Millionen Euro. Vor wenigen Tagen beauftragte das Management die Investmentbanken Credit Suisse, Morgan Stanley und Bank of America Merrill Lynch damit, mögliche Käufer zu finden.

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Teckentrup bleibt vorerst nur die Rolle des Beobachters – und des „Berichterstatters“ nach innen. „Wir haben unsere Mitarbeiter in Townhall-Meetings informiert und versprochen, dass wir sie auf dem Laufenden halten“, sagt er. Dabei ist die Mannschaft offenbar überraschend gelassen. Die Mitarbeiter in Cockpit und Kabine machten sich – soweit er das jedenfalls mitbekäme – keine großen Sorgen, berichtet Teckentrup.

Für Panik sieht er auch keinen Anlass. Die Airline-Group von Thomas Cook und auch die einzelnen Airlines verdienten seit Jahren ordentliches Geld, sagt Teckentrup und fügte hinzu: „Wer immer uns kauft, kauft also kein Problem, er kann den Wert des Investments vielmehr gut weiterentwickeln. Das sehen auch die Mitarbeiter so.“

Allerdings gebe es auch Mitarbeiter, die befürchten würden, dass ein Verkauf Veränderungen bedeute. „Aber ich sage schon seit 20 Jahren zu den Mitarbeitern: ,Verlasst euch nicht auf einen Firmennamen, verlasst euch darauf, was ihr könnt. Warum gehen andere pleite, wir aber nicht? Das ist die Leistung unseres ganzen Teams‘“, so Teckentrup.

Seit die Airlines von Thomas Cook im Schaufenster stehen, wird über Käufer spekuliert. Dabei klingt ein Szenario besonders schlüssig: die Zusammenlegung der Fluggesellschaften von Tui und Thomas Cook. Die sich so ergebende Flotte von rund 250 Jets könnte es mit genügend Nachfrage der beiden Anteilseigner Thomas Cook und Tui im Rücken und viel Synergiepotenzial durchaus mit einer Easyjet aufnehmen.

Davon ist auch Berater Gerald Wissel von Airborne Consulting überzeugt: „Die beiden großen Reiseveranstalter sollten ihre Airlines zusammenlegen und einen großen Touristik-Anbieter formen. Damit könnte man die Vorteile weiter nutzen, würde aber gleichzeitig das Risiko verteilen und die Flexibilität erhöhen.“ Doch es gilt als recht unwahrscheinlich, dass es dazu kommt.

Tui-Chef Friedrich Joussen hat klargemacht, dass er allenfalls eine aktive Beobachterrolle einnimmt. Von Kaufinteresse war bislang nicht die Rede.

Andere Branchenbeobachter verweisen zudem darauf, dass die Chancen einer Condor bei einem strategischen Investor wie zum Beispiel einer Lufthansa deutlich größer wären. Die bisherige Mutter Thomas Cook habe nicht das allerbeste Kreditrating, sagt ein Luftfahrt-Manager: „Ein neuer Eigentümer mit hohem Rating könnte die Finanzierungskosten ohne großen Aufwand deutlich verbessern, das hätte direkt positiven Einfluss auf die Zahlen und die Bilanzen.“

Zudem könnten neue und effizientere Langstreckenjets zu besseren Finanzierungskosten angeschafft werden, was ein weiterer Hebel sei. Damit wären die Airlines von Thomas Cook grundsätzlich auch für Finanzinvestoren interessant.

Neusortierung in der Luftfahrtbranche

Bislang hat vor allem Lufthansa öffentliches Interesse an den Airlines geäußert. „Wir haben mit der Eurowings bewiesen, dass wir uns in diesem Segment gut entwickeln können, daher werden wir uns genau anschauen, welche Ansätze es hier geben könnte“, hatte Konzernvorstand Harry Hohmeister dem Handelsblatt kürzlich gesagt. Lufthansa schielt angeblich vor allem auf die Langstrecke als Stärkung für den Billigableger Eurowings. Aber auch Ryanair und Easyjet werden als potenzielle Interessenten gehandelt.

Der mögliche Verkauf der Airlines von Thomas Cook befeuert die Neusortierung im Markt für Ferienflüge, die von Pleiten angestoßen wurde. So sind mit Air Berlin, Germania oder Small Planet vor allem Fluggesellschaften insolvent gegangen, die auf Urlauber spezialisiert waren.

„Was wir derzeit erleben, würde ich als Vorboten einer Konsolidierung bezeichnen“, sagt zum Beispiel Björn Maul, Partner beim Beratungsunternehmen Oliver Wyman. Eine echte Konsolidierung erfordere weitaus größere Schritte. „In den USA verteilt sich der Großteil des Marktes auf viel weniger Airlines als in Europa.“

„Der deutsche Markt für Ferienflüge ist nicht zu fragmentiert, es gibt nur noch drei Airlines: Eurowings, Condor und eine Tuifly, die aber wenig Einzelplatzverkauf hat“, sagt dagegen der Condor-Chef. „Wenn die Kleinen und Schwachen aus dem Markt ausscheiden, ist das auch eine Form der Konsolidierung“, so Teckentrup.

Es würden nicht alle Kapazitäten wiederbesetzt, denn diese Airlines hätten zum Teil Strecken bedient, die sich schwer oder gar nicht wirtschaftlich rechnen würden.

Airlines verheben sich an kleinen Flughäfen

Der Condor-Chef macht in seiner Branche vielmehr ein anderes Problem aus: die große Zahl an Flughäfen in Deutschland. „Wir brauchen in Deutschland maximal zehn Flughäfen“, sagt Teckentrup und befeuert damit eine Debatte um kleine Flughäfen, die nach den jüngsten Pleiten entbrannt ist. Aktuell listet der Flughafenverband ADV 21 internationale Verkehrsflughäfen in Deutschland auf.

Die vielen Flughäfen würden dazu führen, dass sich kleine Fluggesellschaften damit versuchten, auch an kleinen Airports Urlaubsflüge anzubieten, kritisiert Teckentrup: „Es gab in der Vergangenheit Airlines, die auf diese kleinen Flughäfen spezialisiert waren wie zum Beispiel Air Berlin oder auch Germania und Small Planet. Sie sind gescheitert.“

Der ADV verteidigt die Flughafen-Vielfalt. „Müssten die kleineren Flughäfen in Deutschland nicht die hoheitlichen Kosten wie Flugsicherung und Feuerwehr übernehmen, wären die meisten Standorte in der Gewinnzone“, kontert Ralph Beisel, Hauptgeschäftsführer des ADV, die Kritik. Außerdem würde die föderale Struktur Deutschlands mit den starken Wirtschaftszentren und Metropolregionen von einer guten Anbindung profitieren, so der ADV.

Condor-Chef Teckentrup will das nicht unkommentiert stehen lassen. „Das Argument, man brauche für die Urlauber kurze Wege zum Airport, zieht nicht“, sagte er. Das Geschäftsmodell funktioniere an vielen kleinen Airports nicht, denn man kriege dort zum Beispiel nur kleinere Jets wie den Airbus A319 voll, der aber zu hohe Stückkosten habe.

Da die Airlines im Gegensatz zu einigen kleinen Flughäfen keine Beihilfen bekämen, bedeute das, dass diese Strecken rentabel sein müssten. „Auch kleinere Flughäfen müssen in der Lage sein, wirtschaftlich profitabel zu arbeiten. Wie auch immer geartete indirekte Beihilfen halten wir für unzulässig, und sie befeuern eine Schieflage im Wettbewerb“, so Teckentrup.