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Erster Jahresverlust seit 1997: Boeing zieht eine Horrorbilanz

Der Flugzeugbauer fährt den ersten Jahresverlust seit 1997 ein. Die 737-Max-Krise kostet den Konzern fast 19 Milliarden – doppelt so viel wie angenommen.

Der Luftfahrtkonzern Boeing beendet sein Horrorjahr 2019 mit einem Verlust von 636 Millionen Dollar. Die zwei Abstürze der 737 Max haben dem Airbus-Konkurrenten das schlechteste Ergebnis seit mehr als zwei Jahrzehnten beschert. Es ist der erste Verlust seit 1997.

Dabei hatten Analysten mit einem Gewinn gerechnet. Noch 2018 hatte Boeing mit zehn Milliarden Dollar Gewinn einen neuen Rekord verzeichnet. Doch diese Zeiten sind vorbei.

Nach dem Absturz in Indonesien im Oktober 2018 und in Äthiopien im März 2019 mussten die Kurz- und Mittelstreckenjets 737 Max weltweit am Boden bleiben. Seitdem überarbeitet der Flugzeugbauer das Modell und dessen Software.

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Doch die Wiederzulassung lässt auf sich warten. Erst vergangene Woche hatte Boeing bekanntgegeben, dass man nicht mit einer Zulassung für die wichtige Sommer-Reisesaison rechne. Die Produktion der 737 Max ist mittlerweile vorübergehend eingestellt.

So lange die Max am Boden bleibt, so lange werden die finanziell schwierigen Zeiten andauern. Das stellte Finanzvorstand Greg Smith während der Vorstellung der Ergebnisse klar: „Wir rechnen damit, dass unserer Ergebnisse weiterhin negativ betroffen sein werden, bis wir die 737 Max zurück in die Luft bringen.“

Der neue Vorstandsvorsitzende David Calhoun bezifferte die aktuellen Kosten für die Max-Krise nun mit knapp 19 Milliarden Dollar – doppelt so viel wie bisher angenommen. Darin sind die Kosten für den anhaltenden Produktionsausfall ebenso enthalten wie die Mehrkosten in der Produktion.

Auch die Schadenersatzzahlungen an die Kunden des einstigen Verkaufsschlagers sind eingerechnet – also die Airlines, die auf die Auslieferung der Jets warten. Schadensersatzzahlungen für die Familien der Absturzopfer sind dagegen nicht enthalten.

Es ist das erste Mal, dass Calhoun die Zahlen von Boeing vorstellt. Er hat erst vor wenigen Wochen die Posten des CEO und Präsidenten des Verwaltungsrats von Dennis Muilenburg übernommen, der kurz vor Weihnachten gehen musste. Bei neuen Vorstandsvorsitzenden ist es durchaus üblich, dass sie beim Großreinemachen möglichst viele Verluste in die Bilanz buchen, die noch ihrem Vorgänger zuzurechnen ist.

Aber auch andere Kennzahlen sind ernüchternd. Im vergangenen Jahr hat Boeing statt 806 nur noch 380 Flugzeuge ausgeliefert. Außerdem fiel der Umsatz um ein Viertel auf 76,5 Milliarden Dollar.

Dabei waren die neuen Schätzungen für die Max-Krise und der hohe Verlust nicht die einzigen schlechten Nachrichten. Boeing deutete zudem an, die Produktion des großen Langstreckenmodells 787 „Dreamliner“ zu kürzen. Die Nachfrage war zuletzt gesunken. Jetzt soll die Produktion zunächst von 14 auf zwölf Maschinen pro Monat gedrosselt werden, Anfang 2021 dann für zwei Jahre sogar auf nur noch zehn 787 „Dreamliner“.

Schulden steigen

Wie sehr die Max-Krise dem Konzern zusetzt, zeigt sich an jenen Bilanzzahlen, die in der Regel die Solidität eines Unternehmens widerspiegeln. Diese haben sich bei Boeing im vergangenen Jahr deutlich verschlechtert. So verbrennt der Konzern, der traditionell einen hohen Cashflow vorweisen konnte, aktuell viel Geld.

Der operative Mittelzufluss (operativer Cashflow) sackte auf minus 2,4 Milliarden Dollar ab. Ein Jahr zuvor stand hier noch ein Wert von plus 15,3 Milliarden. Zieht man die Sachinvestitionen (Capex) ab, ergibt sich für das zurückliegende Jahr ein negativer freier Cashflow von minus 4,3 Milliarden Dollar. Zwölf Monate zuvor hatte Boeing hier noch ein üppiges Plus von 13,6 Milliarden Dollar vorzuweisen.

Wegen der Kosten des Max-Groundings musste der Konzern zudem seine Verschuldung hochfahren. Die langfristigen Verbindlichkeiten wuchsen deutlich von 10,7 auf fast 20 Milliarden Dollar. Die kurzfristigen legten von 3,2 auf 7,3 Milliarden Dollar zu.

Entsprechend hat sich auch die Nettofinanzverschuldung deutlich verschlechtert, also die Schulden abzüglich der verfügbaren Barmittel. Im Jahr 2018 hatte Boeing Nettoschulden von 6,2 Milliarden Dollar, Ende 2019 sind daraus 17,8 Milliarden Dollar geworden.

„Wir erkennen, dass wir noch viel Arbeit vor uns haben“, erklärte Calhoun. „Wir sind darauf fokussiert, die 737 Max wieder sicher zurück in die Luft zu bekommen und das langfristige Vertrauen in die Boeing-Marke bei den Fluggästen wiederherzustellen“, sagte er und versprach „Transparenz und Exzellenz, in allem, was wir tun.“.

„Viele unserer Stakeholder sind gerechtfertigterweise enttäuscht von uns“, räumte er ein. Aber Boeing arbeite daran, das Vertrauen wieder zurückzugewinnen. Sicherheit werde bei jeder Entscheidung an erster Stelle stehen, „bei jeder Aktion und jedem Schritt, den wir auf dem Weg nach vorne gehen“.

Tatsächlich hatte sich sein Vorgänger nach den Abstürzen wenig transparent verhalten und damit das Vertrauen noch weiter zerstört. Immer wieder kamen und kommen neue Details über technische Probleme oder schlampige Arbeit ans Licht. Doch Boeing hat immer nur das zugegeben, was nicht mehr zu leugnen war.

Calhoun soll das nun ändern. Seine Ernennung ist jedoch nicht unumstritten. Zum einen ist er kein wirklich neues Gesicht. Er saß schließlich schon vorher im Aufsichtsrat und hat damit die Geschäftsentscheidungen mitgetragen. Zum anderen hat er nur wenig Luftfahrterfahrung und gilt eher als Finanzexperte.

Neues Auftreten

Diese Expertise könnte ihm allerdings angesichts der jüngsten Zahlen zugute kommen. Zumindest wurde sein erster Auftritt auch vor den Kameras von Branchenkennern positiv bewertet. „David Calhouns Auftreten, seine Kommunikationskompetenzen sind so viel besser als die von Dennis Muilenburg“, schrieb Scott Hamilton vom Informationsdienst Leeham News auf Twitter.

Auch bei Investoren fruchtet die Strategie von Calhoun bisher offenbar. Viele hatten mit noch höheren Kosten für das 737-Desaster gerechnet. Zudem hoffen sie, dass Calhoun nun einen Großteil des Aufwands, den die größte Krise in der Unternehmensgeschichte verursacht, beziffert hat. In New York legte die Aktie deshalb zum Börsenstart sogar mehr als drei Prozent zu.

Vielleicht half dabei auch der Verweis des Konzerns, dass man glücklicherweise über ein Produktportfolio verfüge, das ausreichend Finanzmittel generiere, um durch die Krise zu kommen. Neben dem Bau von Verkehrsflugzeugen ist der US-Konzern auch im Rüstungsbereich aktiv.

Die Defense-Sparte konnte ihren Umsatz mit gut 26 Milliarden Dollar nahezu stabil halten. Das operative Ergebnis schnellte aber im vergangenen Jahr um satte 57 Prozent auf 2,6 Milliarden Dollar in die Höhe. Das entspricht einer gesunden Gewinnmarge von knapp zehn Prozent.
Da der Gesamtumsatz bei Boeing gesunken ist, ist die Bedeutung der Rüstungssparte gestiegen. Sie macht nun mehr als ein Drittel des gesamten Geschäfts des Airbus-Konkurrenten aus. Auch von der Dienstleistungssparte gibt es erfreuliche Nachrichten. Dort hat Boeing sowohl beim Umsatz als auch beim Gewinn deutlich zugelegt: Der Umsatz kletterte um acht Prozent auf 18,5 Milliarden Dollar, der operative Gewinn um sechs Prozent auf 2,7 Milliarden Dollar.