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Die Lage in den Audi-Werken ist ernst – Wird der Passat bald in Ingolstadt gebaut?

Die angeschlagene VW-Tochter plant einen scharfen Schwenk hin zu Elektroantrieben. Um die deutschen Werke auszulasten, ist aber Hilfe von den Konzernschwestern notwendig.

Wenn an diesem Donnerstag die Aufsichtsräte von Volkswagen in Wolfsburg zusammenkommen, dann wird auch die Tochter Audi ein Thema werden. Die einstige Gewinnmaschine ist mittlerweile der größte Problemfall des Konzerns. Aufgeschreckt von neuen Vorwürfen in der Abgasaffäre rücke das Thema Aufklärung wieder einmal auf die Agenda, heißt es im Umfeld des Gremiums.

Auf der Tagesordnung steht aber auch die wirtschaftliche Situation. Um 5,4 Prozent liegen die Verkäufe per Ende Mai unter dem Vorjahr, das auch schon deutlich unter Plan lief. Die Kapitalrendite, in guten Jahren bei 30 Prozent, ist auf zehn Prozent abgesackt.

Es ist höchste Zeit, diese Wahrheiten den Beschäftigten direkt mitzuteilen. „Audi braucht einen Befreiungsschlag“, rief Finanzvorstand Alexander Seitz den Audi-Beschäftigten auf einer Betriebsversammlung Ende Juni zu.

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Der Absatz schwindet, die Marge ist unter Druck, und die hohen Investitionen in Digitalisierung und Elektromobilität sind noch lange nicht bezahlt. Seitz und Audi-Chef Bram Schot drängen auf massive Kosteneinsparungen und auf eine deutlich schlankere Produktion in den Stammwerken Ingolstadt und Neckarsulm. „Schon jetzt sind die Sparanstrengungen gewaltig“, sagt ein hochrangiger Manager. Aber es müsse wohl noch mehr passieren.

Der Druck lastet auf Audi-Chef Schot, er muss liefern: Herbert Diess, VW-Chef und in Personalunion Vorsitzender des Audi-Aufsichtsrats, braucht die Gewinne der Premiummarke für den Umbau des eigenen Geschäfts. Grundlage für die Audi-Zukunft ist die Portfolio-Planung, die nun fertig auf dem Tisch liegt.

Das Konzept sieht einen scharfen Schwenk zur Elektromobilität vor, bis 2025 soll jedes zweite verkaufte Auto einen Stromantrieb haben. „Jetzt laufen die Planungen für die Volumen und die Belegung der Werke“, sagt ein Konzernsprecher. Diese Eckpunkte sollen Ende Juli stehen. Anschließend beginnen die Verhandlungen mit dem Betriebsrat. Zwischen Audi und den rund 61.000 Beschäftigten drohen ernste Konflikte.

Denn die Stammwerke Ingolstadt und Neckarsulm sind bislang nur auf die Produktion von Autos mit Verbrennungsmotor ausgerichtet. Der E-Tron, der bisher einzige Audi-Stromer, wird in Brüssel gebaut. Wie ernst die Lage in den deutschen Werken ist, zeigt die aktuelle Auslastung. Während Ingolstadt mit knapp 80 Prozent einigermaßen im Soll liegt, ist die Situation in Neckarsulm kritisch. Im vergangenen Jahr liefen hier nur 186.000 Autos vom Band – 300.000 könnten es sein. Profitabel kann der Standort mit seinen 16.000 Beschäftigten kaum arbeiten.

Ingolstadt ist nicht die günstigste Alternative

Audi hofft nun auf Hilfe aus dem Konzern. Schot und die Betriebsräte liebäugeln mit Modellen von Volkswagen und Porsche, um die Auslastung der eigenen Werke zu erhöhen. So stehen der Audi A4 und der VW-Passat auf der gleichen technischen Plattform. Das bislang in Emden gebaute VW-Spitzenmodell braucht eine neue Heimat, weil der Standort in Ostfriesland auf Elektromobilität umgestellt wird.

Die Fertigung des Passats in Ingolstadt würde sich für Audi rechnen. Doch der Plan hat einen Haken: Mit dem von Konzernchef Herbert Diess in der Türkei geplanten „Mehrmarkenwerk“ für Volkswagen und Skoda entstehen zusätzliche Kapazitäten im Konzernverbund. Auch andere Standorte in Osteuropa kommen für den Passat in Betracht – Ingolstadt wäre nicht die günstigste Alternative.

Komplizierter ist die Lage in Neckarsulm: Das Werk ist fast ausschließlich auf den Bau der großen Baureihen A6, A7 und A8 ausgelegt. Doch mit dem SUV-Boom sind die Limousinen und Kombis am Markt immer weniger gefragt, erste Schichten müssen bereits gestrichen werden. „Entgegen der Zusicherung des Audi-Vorstandes hat sich binnen eines Jahres keine Verbesserung der Situation abgezeichnet“, klagte Audi-Betriebsrat Jürgen Mews auf der Betriebsversammlung. Die Beschäftigungsgarantie läuft noch bis 2025.

Kurzfristig hofft der Betriebsrat auf ein SUV-Modell, um die Auslastung zu erhöhen. Mittelfristig liegt die Lösung in der Umstellung auf Elektromobilität. Audi arbeitet gemeinsam mit Porsche an der sogenannten „Premium Platform Electric“ (PPE). Auf dieser Basis wollen die beiden Konzernschwestern Limousinen und Geländewagen entwickeln, die ab 2022 auf den Markt kommen.

Wo die gemeinsamen Stromer mit Porsche gebaut werden, muss noch verhandelt werden. Während der Betriebsrat sowohl für Ingolstadt als auch für Neckarsulm eine „elektrische“ Fertigungslinie fordert, lassen sich Audi und der VW-Konzern alle Möglichkeiten offen.

Die Hoffnung der Audianer liegt in der Aufteilung der Produktion: Während Porsche die PPE-Limousinen baut, könnte Audi in Neckarsulm die gemeinsamen SUV-Modelle übernehmen. Stückzahlen und Investitionskosten würden anteilig verrechnet.

Erfahrungen mit solchen Kooperationen hat man schon gemacht: So laufen im VW-Werk Bratislava in der Slowakei der Audi Q7, der VW-Touareg und die Karossen des Porsche Cayenne durch dieselbe Fabrik.

Verhandlungen mit harten Bandagen

Für die drei VW-Marken ist das ein hochprofitables Konzept – wenn die Kosten und die Flexibilität stimmen. Denn trotz aller optimistischen Pläne weiß derzeit niemand, wie schnell die Elektroautos von den Kunden angenommen werden. Erwartet wird ein hartes Ringen zwischen Betriebsräten und der Audi-Führung.

Schon vor den Verhandlungen legt Betriebsratschef Peter Mosch harte Bandagen an. Im Interview mit dem „Donaukurier“ und der „Heilbronner Stimme“ zählte der oberste Arbeitnehmervertreter Audi-Chef Schot an. „Er ist jetzt im Moment der richtige Mann an der richtigen Stelle“, sagte der stellvertretende Aufsichtsratschef über seinen Verhandlungspartner. Ob das auch mittel- oder langfristig gelte, „das wird sich zeigen, wenn die Vertragsgespräche anstehen“.

Schot lebt mit dem Makel, nur Kompromisskandidat zu sein. Diess hätte dem Vernehmen nach lieber Finanzchef Seitz auf den Posten gehievt, als Rupert Stadler im Juli 2018 verhaftet wurde. Doch Mosch und seine Betriebsräte haben den gefälligeren Vertriebsvorstand Schot dem womöglich harten Sanierer Seitz vorgezogen.

Inzwischen hat sich der Niederländer den Respekt der Familie Porsche/Piëch erarbeitet, des größten VW-Aktionärs. Die Familie war von einer Präsentation Schots zur Elektromobilität angetan, wie es in ihrem Umfeld hieß.

Dennoch hält sich Diess einen Austausch an der Spitze offen. Er hoffe nach wie vor auf Markus Duesmann. Der ehemalige BMW-Einkaufsvorstand hatte vor einem Jahr in München gekündigt und seinen Wechsel zum VW-Konzern erklärt. Daraufhin hat BMW Duesmann mit einer zweijährigen Wettbewerbssperre belegt.

Anders hingegen Hildegard Wortmann: Die ehemalige BMW-Marketingchefin hat vergangene Woche in Ingolstadt das Vertriebsressort übernommen. Gelingt ihr die Wende im Absatz, sind die Beschäftigten in Neckarsulm und Ingolstadt viele Sorgen los.