Bietergefecht um Kaiser’s Tengelmann: Edeka, Rewe und Migros wollen zuschlagen
Der Verkauf von Kaiser’s Tengelmann an Einzelhandels-Champion Edeka schien Formsache, dann mischte sich das Bundeskartellamt ein und blies die Übernahme ab. Während Edeka und Tengelmann noch auf Ministererlaubnis hoffen, bringen sich die Rivalen Rewe und Migros in Stellung.
Der Deal hätte längst durch sein sollen. „Wir sehen leider keine Perspektive mehr, unsere Supermärkte aus eigener Kraft zu einem profitablen Unternehmen zu machen", erklärte Tengelmann-Chef Karl-Erivan Haub im vergangenen Herbst die schwere Entscheidung, sich von seiner Supermarkttochter Kaiser’s Tengelmann zu trennen.
Es ist ein massiver Einschnitt in die fast 150 Jahre alte Unternehmenskultur: Zwar sind die Tochter-Unternehmen OBI und KiK größere Umsatzbringer, doch die Keimzelle der Unternehmensgruppe Tengelmann ist fraglos das Lebensmittelgeschäft, das bis in die Zeit des deutschen Kaiserreiches zurückreicht.
Zusammenschluss von Kaiser’s und Tengelmann 1971
Mit der Kaffee-Import-Gesellschaft Emil Tengelmann nahm der Kolonialwarenhändler 1893 die Geschäfte in Mülheim an der Ruhr auf. Zeitgleich expandierte die Kaiser's Kaffee-Geschäft GmbH 50 km weiter westlich im rheinischen Viersen ebenfalls maßgeblich durch den Verkauf von Kaffeebohnen. Erst acht Jahrzehnte später –1971 –sollte Tengelmann Kaiser’s schlucken.
Bis Ende der 90er-Jahre folgte die Vereinheitlichung des Markenauftritts: In Süddeutschland wurden alle Kaiser’s-Filialen mit dem Tengelmann-Logo versehen, in Norddeutschland indes wurden alle Tengelmann-Filialen in Kaiser’s-Geschäfte umgewandelt. Der Preisdruck der Discounter setzte Kaiser’s Tengelmann jedoch seinerzeit schon so sehr zu, dass der Verkauf der Supermarksparte an Edeka bereits 1999 diskutiert, aber verworfen wurde, da Edeka nur an der Übernahme profitabler Standorte interessiert war.
Jahrelange Verluste
Eineinhalb Jahrzehnte später wiederholt sich nun die Geschichte: Der Druck von Aldi, Lidl, aber auch Rewe und Edeka in den vergangenen Jahren ist zu groß geworden: Bei Jahresumsätzen von zuletzt rund 1,8 Milliarden Euro fallen empfindliche Verluste an.
Die bundesweit 451 Supermärktevon Kaiser’s Tengelmann mit 16.000 Mitarbeitern sollen den Besitzer wechseln und an den Platzhirsch gehen. Edeka sicherte sich im vergangenen Oktober im zweiten Anlauf den Zuschlag –dachten die Hamburger zumindest. Dann kam das Bundeskartellamt und machte den Plänen Anfang April einen Strich durch die Rechnung und untersagte die Übernahme.
Edeka und Tengelmann drängen auf Ministererlaubnis
Das Vorhaben hätte nach Auffassung des Amtes zu einer erheblichen Verschlechterung der Wettbewerbsbedingungen auf zahlreichen ohnehin stark konzentrierten regionalen Märkten und in Berlin, Oberbayern und Nordrhein-Westfalen geführt, teilte die deutsche Wettbewerbsbehörde mit.
„In vielen Stadtteilen der Metropolen Berlin, München und Düsseldorf sowie einigen Markträumen in Oberbayern und NRW ist Kaiser’s Tengelmann der stärkste Wettbewerber von Edeka“, erklärte
Andreas Mundt, der Präsident des Bundeskartellamtes, die ablehnende Haltung.
Doch das wollten Edeka und Tengelmann nicht hinnehmen –und beantragten bei Bundeswirtschaftsminister Gabriel eine sogenannte Ministererlaubnis für den geplanten Zusammenschluss.
Rewe wollte Kaiser’s bereits vor einem Jahr übernehmen
Obwohl mit einer Entscheidung nicht vor September gerechnet wird, bringt sich die Konkurrenz wortreich in Stellung. „Es wäre ungesund für den Wettbewerb, wenn Edeka Kaiser's übernehmen dürfte", erklärte etwa Alain Caparros, Vorstandschef von Edekas größtem nationalen Rivalen Rewe. Caparros unterstellte Edeka unlängst in einem Interview mit der „Wirtschaftswoche“ falsches Spiel: „Edeka wird die 16.000 Arbeitsplätze nicht retten.“Rewe dagegen schon, betonte Caparros.
Wie „Der Spiegel“ vergangene Woche enthüllte, hat die Kölner Handelskette nämlich selbst seit Längerem ein Auge auf Kaiser’s geworfen. So soll Vorstandsmitglied Lionel Souque bereits vor einem Jahr das „Interesse an einem vollständigen Erwerb des Supermarktgeschäftes im Wege eines Share Deals“bekundet und für Kaiser’s 450 Millionen Euro geboten haben.
Auch Migros bringt sich in Stellung
Und Rewe ist mit seinem Vorhaben nicht allein. „Wir möchten ins Bieterrennen einsteigen“, erklärte Jörg Blunschi, Chef des Schweizer Einzelhändlers Migros am Wochenende der „Schweiz am Sonntag“. Migros hatte bereits 2012 im deutschen Einzelhandel gewildert und die hessische Supermarktkette Tegut übernommen, die immerhin aus rund 290 Lebensmittelmärkten besteht.
„Wir wollen mit Tegut aus unserem Stammgebiet in Hessen, Thüringen und Nordbayern hinaus auch im Süden Deutschlands wachsen. Die 130 Tengelmann-Standorte in Bayern wären deshalb für uns perfekt“, unterstrich Blunschi sein Anliegen.
Tengelmann scheint unterdessen auf einen Verkauf an Edeka fixiert. Die Geschäftsbeziehung zwischen Mühlheim und Hamburg hat Tradition: 2008 veräußerte Tengelmann bereits seine Plus-Filialen größtenteils an Edeka. Scheitern die Handelsriesen mit einer Ministererlaubnis, dürfte Kaiser's Tengelmann wohl zerschlagen und möglicherweise an verschiedene Bieter aufgeteilt werden.
Sehen Sie auch: ALDI verschärft den Preiskrieg