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"Wir verkaufen alles" - Amazon gewährt Blick hinter die Kulissen

<span class=suchwort>Das Amazon</span>-Logistikzentrum im brandenburgischen Brieselang. (Bild: dpa)
Das Amazon-Logistikzentrum im brandenburgischen Brieselang. (Bild: dpa)


Wie schafft es Amazon, Waren so schnell an die Haustür zu liefern? Das verrät der Blick in ein Logistikzentrum des US-Konzerns. Menschen verpacken hier bestellte Produkte im Akkord - Kritiker sagen, zu inakzeptablen Bedingungen.



Wie viele Kilometer sie bei Amazon jeden Tag laufen, haben die Mitarbeiter noch nicht gezählt. Aber es ist wohl eine Menge. «25 bis 30 Kilometer pro Tag sind es bestimmt», sagt ein Mitarbeiter, während er mit dem Warenscanner durch die 69 000 Quadratmeter große Lagerhalle eilt - vorbei an Hunderten von vollgestopften Regalen.

Seit einem Jahr arbeitet er als «Picker» im Amazon-Logistikzentrum im brandenburgischen Brieselang. Täglich acht Stunden sucht der Mittvierziger Bücher, DVDs und andere Artikel aus Regalen heraus und bereitet sie zum Versand vor. Die Leistung jedes einzelnen Mitarbeiters wird von Amazon überwacht. Die Arbeitsbedingungen des Online-Händlers haben etliche Kritiker auf den Plan gerufen.

«Die ersten Monate waren schlimm», berichtet der Lagerarbeiter. Nach der Schicht hätten ihm oft die Beine geschmerzt. Mittlerweile sei der Job «okay». Schichtbeginn ist um sechs Uhr, der Wecker klingelt um vier Uhr früh.

In die betriebsinterne Welt von Amazon, dem führenden Online-Versandhändler, bekommt man normalerweise keinen Einblick. Am Dienstag machte der US-Konzern mit einem Medientag im Logistikzentrum Brieselang eine Ausnahme. Mit dem Rundgang durch die Lagerhalle wolle man «einen Blick hinter die Kulissen» des Betriebs gewähren, erklärt ein Unternehmenssprecher.

Bei Amazon ist längst Vorweihnachtszeit, der Geschenkeversand läuft auf Hochtouren. In Brieselang werden Waren auf einer Fläche von zehn Fußballfeldern gelagert und verpackt. In den Regalen zeigen sich die Wünsche der modernen Konsumgesellschaft: Neben der «Karl May DVD Collection» steht «Das Große Bundesliga-Quiz» im Regal. Spielzeugpuppen und Elektro-Rasierer teilen sich den Platz mit einem Bildband über «Stillgelegte Bahnstrecken im Rheinland».

Man wolle weltweit die größte Auswahl an Artikeln bieten, sagt Standortleiter Karsten Müller. 2013 betrug der Umsatz weltweit 74,45 Milliarden Dollar (knapp 60 Milliarden Euro). «Wir verkaufen alles, was man verkaufen kann», erklärt Müller. Mehrere Millionen Produkte seien es. Nur Waffen und lebende Tiere gebe es nicht im Sortiment.

Eher knauserig behandelt der wachsende Weltkonzern aus Sicht von Gewerkschaftern seine Mitarbeiter. Tarifverträge schließt Amazon kategorisch aus. Am Standort Brieselang beschäftigt das Unternehmen rund 1500 Mitarbeiter, die umgerechnet zwischen 9,75 und 10,69 Euro pro Stunde verdienen. Das sei zu wenig, kritisiert die Gewerkschaft Verdi. Sie fordert Tarifverhandlungen zu den Bedingungen des Einzelhandels, Amazon selbst sieht sich aber als Logistiker.

Mehrere deutsche Amazon-Logistikzentren wurden in den vergangenen Monaten bestreikt. Die Fronten sind verhärtet: Beide Seiten wollen nicht nachgeben. Verdi will weiter streiken.

Umstritten ist zudem der hohe Anteil an befristet eingestellten Saisonarbeitern. Bei Amazon in Brieselang betrifft dies laut Verdi über 1200 Beschäftigte, darunter viele Ex-Arbeitslose. Nur 318 haben einen unbefristeten Anstellungsvertrag. Verhandelt werden müssten noch ganz «grundlegende Dinge» des Arbeitsrechts, sagt Verdi-Betriebsratsberater Karl-Heinz Austermühle.

Amazon begründet die vielen befristeten Verträge mit dem stark erhöhten Bestellaufkommen in der Vorweihnachtszeit. Außerhalb dieser Zeit würden die Mitarbeiter nicht gebraucht, erklärt ein Sprecher. «Das ist die logistische Wahrheit.» Bei Eisverkäufern oder Spargelstechern sei das genauso.

Bei Amazon dauert die Vorweihnachtssaison sehr lange. In Brieselang beginnt sie im Mai. Dennoch: «Die Mitarbeiter akzeptieren das Lohnpaket», sagt Standortleiter Müller. Zudem bemühe sich der Konzern, es den Beschäftigten so angenehm wie möglich zu machen. Die Lagerhalle hat eine Klimaanlage, Getränke sind kostenlos. Auch ein Fitnessstudio sei geplant gewesen, berichtet der Waren-Picker. Aber die Belegschaft habe dankend abgelehnt: Körperliche Bewegung hätten die Arbeiter in den endlosen Regalschluchten eindeutig genug.