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Zwist um 97-Millionen-Euro-Deal: In einer Gesellschaft des Baron von Finck kommt es zum Aufstand der Kleinaktionäre

Nach dem Verkauf einer Immobilie streiten die Nymphenburg Immobilien AG, die dem Milliardär mehrheitlich gehört, und Minderheitsaktionäre über den Preis. Lief das Geschäft korrekt ab?

Als vor fünf Jahren bekannt wurde, dass das Wirtshaus „Zum Franziskaner“ in der Münchener Innenstadt einem Einkaufszentrum weichen könnte, drohte ein kleiner Volksaufstand. Vor der „Zerstörung unserer geliebten Heimatstadt“ warnte ein Stadtrat per Onlinepetition. Knapp 900 Menschen unterschrieben. Die Weißwürste und Schweinshaxen, die nahe der Bayerischen Staatsoper am Max-Joseph-Platz serviert werden, haben viele Fans.

Ein Schuldiger war schnell ausgemacht: August Baron von Finck (90), erzkonservativer Milliardär mit Schloss in der Schweiz, bekannt auch als großzügiger Geldgeber von CSU, FDP und möglicherweise – über Umwege – AfD. Sein Vermögen liegt zum Teil bei der von Finck’schen Hauptverwaltung. Diese hielt die Aktienmehrheit an der Nymphenburg Immobilien AG, der wiederum die Immobilie mit dem Wirtshaus gehörte.

Münchens Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD) versuchte, die Wogen wegen der möglichen Umwidmung des Lokals zu glätten. Über eine Aussprache mit dem von Finck’schen Generalbevollmächtigten wurde Stillschweigen vereinbart. Bald wurde es wieder ruhiger um die Immobilie. Dass das Gebäude im Dezember 2017 den Eigentümer wechselte, bekam kaum jemand mit. Nun ist ein neuer Streit entbrannt.

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Vor dem Eigentümerwechsel gehörte das Objekt in bester Lage der Nymphenburg Immobilien AG. 86,88 Prozent ihrer Aktien entfielen zu diesem Zeitpunkt auf die Familie von Finck. Die restlichen Wertpapiere verteilten sich auf Minderheitsaktionäre wie Alexander Kames und seinen Vater, die zusammen rund 1,3 Prozent der Aktien besaßen.

Vater und Sohn Kames staunten nicht schlecht, als sie vom Verkauf des Hauses in der Altstadt erfuhren. Der Käufer war die Amira Verwaltungs AG, der bereits eine angrenzende Immobilie gehörte. Kein Zufall: Die Familie von Finck kontrolliert auch die Amira und hält dort sogar 89,42 Prozent der Aktien.

Minderheitsaktionäre fühlen sich geprellt

Die beiden Minderheitsaktionäre der Nymphenburg Immobilien AG zweifeln am Kaufpreis von 97 Millionen Euro. Aus Sicht von Kames sei die feine Immobilie an Perusa- und Residenzstraße viel zu billig weggegeben worden – zum Nachteil der Minderheitsaktionäre. Ein von Kames beauftragter Gutachter taxiert den Verkehrswert der Immobilie auf 161 Millionen bis 193 Millionen Euro – eine Differenz von mindestens 64 Millionen Euro zum realisierten Kaufpreis. Der Gutachter wies darauf hin, dass ein Nutzungsszenario ohne Gastronomie, dafür mit Läden den Wert drastisch erhöhen könnte. In der Nachbarschaft liegen die Luxusgeschäfte von Chanel, Tiffany & Co und Louis Vuitton.

Die Nymphenburg Immobilien AG hat Fragen zum Geschäft nicht beantwortet. Gegenüber Kames beharrte sie jedoch darauf, dass der Preis korrekt sei. Die Aktionäre wollen deshalb beim Landgericht München I eine Sonderprüfung des Millionengeschäfts erreichen. Richter können Sonderprüfungen anordnen, wenn Aktionäre den Verdacht begründen, dass es zu Unredlichkeiten oder groben Rechtsbrüchen von Vorständen oder Aufsichtsräten gekommen sein könnte.

Die Juristen der Nymphenburg Immobilien AG bestreiten das: Der Antrag auf Sonderprüfung bestehe aus bloßen Behauptungen „ins Blaue hinein“. Unstrittig ist, dass sich Nymphenburg und Amira bei den Wertermittlungen auf ein einzelnes Gutachten stützten, das auf einer überraschenden Annahme basierte. Es setzte eine Fortführung der Gastronomie voraus, obwohl der Pachtvertrag mit dem Franziskaner-Wirt im Jahr 2022 ausläuft.

Über den Preis zu streiten wäre ohnehin schwierig gewesen. Zum Zeitpunkt des Verkaufs waren mit dem Finck-Vertrauten Gerd Amtstätter (77) und Werner Schätzler (57) zwei Manager gleichzeitig bei beiden AGs im Vorstand. Aktionär Alexander Kames vermutet, dass so viel Verquickung zu nichts Gutem führen kann. Sein Anwalt betont in Schriftsätzen, dass üblicherweise Käufer und Verkäufer jeweils eigene Wertgutachten in Auftrag gäben. Das Vorgehen der Vorstände entspreche „nicht der Corporate Governance“ .

Neue Läden seien „reine Spekulationen“

Der Antrag auf Sonderprüfung sei abzulehnen, heißt es in einem Schreiben der Gegenseite an das Gericht. Auf Grundlage der „tatsächlich gegebenen Gaststättennutzung“ sei der objektive Immobilienwert auf nicht mehr als 97 Millionen Euro bestimmt worden. Zwei weitere Gutachten „im Nachgang eingeholt“ bestätigten diesen Wert. Eine künftige Nutzung mit Geschäften nennen sie „reine Spekulationen“. Die Mitaktionäre hätten den Antrag zur Sonderprüfung als Drohmittel eingesetzt, weil sie ihre Aktien zu einem überhöhten Preis verkaufen wollten.

Kames sagt, er habe zunächst versucht, eine „einvernehmliche wirtschaftliche Lösung“ zu erzielen – für sich und eine Aktionärsgruppe mit rund acht Prozent der Aktien. Die von Finck’sche Hauptverwaltung hätte den Aktionären ihre Wertpapiere abkaufen können. Offenbar waren von Fincks Vermögensverwalter dem Vorschlag gar nicht so abgeneigt, wären sie doch so die rebellischen Aktionäre lautlos losgeworden.

Von Dezember 2019 bis Juni 2020 gingen mehrere E-Mails zwischen Kames und dem Geschäftsführer der von Finck’schen Hauptverwaltung, Stephan Ring (57), hin und her. Darin klingt es stellenweise, als stünde eine Einigung kurz bevor. Ring schickte Ende April „wie besprochen“ den „Entwurf mit der Bitte um finale Freigabe“.

Doch dann ging etwas schief. Kames sagt heute, Baron von Finck persönlich habe im letzten Moment versucht, den vereinbarten Preis um 20 Prozent zu drücken. Ring beantworte die Frage nicht, ob das stimme.

Bislang hat das Landgericht nicht entschieden. Doch im Oktober gab es eine neue Überraschung für die Kleinaktionäre. Es meldete sich eine NIAG SE, die ebenfalls mehrheitlich von der von Finck’schen Hauptverwaltung gehalten wird.

Squeeze-out angekündigt

Die neue Gesellschaft teilte mit, dass sie unmittelbar 90,03 Prozent am Grundkapital der Nymphenburg Immobilien AG halte und einen Squeeze-out der Minderheitsaktionäre beabsichtige. Zwei Gesellschaften können verschmelzen, wenn eine der beiden Aktien von mindestens 90 Prozent der anderen hält. In diesem Vorgang können Minderheitsaktionäre gegen eine Abfindung zwangsweise ausgeschlossen werden.

Der Direktor der NIAG SE ist ausgerechnet jener Geschäftsführer der Hauptverwaltung, Stephan Ring, mit dem Kames über eine gütliche Lösung verhandelt hatte. Für den Squeeze-out muss die NIAG SE über die Aktien verfügen, die der Familie von Finck zuzuordnen sind. Offenbar hatte sie zuletzt einige Wertpapiere hinzugekauft, um die notwendige Mindestquote von 90 Prozent zu erreichen.

Kames vermutet, dass die NIAG SE einen Schachzug der Familie von Finck umsetzt, um in letzter Minute die Sonderprüfung zu verhindern und ihre Kritiker mundtot zu machen. Gelänge das Manöver, wäre Kames’ Antrag hinfällig. Auch zu diesem Vorhalt wollte der Geschäftsführer der von Finck’schen Hauptverwaltung nichts sagen.

Die Minderheitsaktionäre drängen nun das Landgericht darauf, schnell zu entscheiden. Innerhalb weniger Wochen könnten ihre Gegenspieler den Squeeze-out beschließen und umsetzen, warnen sie. In dem Fall würde wohl niemals unabhängig geprüft, ob die Immobilie mit dem Wirtshaus wirklich 97 Millionen Euro wert war.