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Zwischen K-Frage und Corona: Krisen-Aschermittwoch im Wohnzimmer

PASSAU/VILSHOFEN (dpa-AFX) - Olaf Scholz ist an diesem politischen Aschermittwoch der erste und einzige, der seinen Anspruch glasklar macht. "Ich will Bundeskanzler der Bundesrepublik Deutschland werden", sagt der SPD-Mann am Ende seiner Rede im niederbayerischen Vilshofen, live gestreamt in die Wohnzimmer vieler Genossen. Eine klare Botschaft also - während bei Union und Grünen die K-Frage auch an diesem Aschermittwoch maximal irgendwo zwischen den Zeilen wabert.

Es ist ein geschichtsträchtiger politischer Aschermittwoch in diesem Jahr: Die Corona-Krise überlagert alles. Erstmals in der Geschichte sprechen die Hauptredner aller Parteien nicht parallel vor Publikum, sondern nur in Kameras. Also Videoschalten-Flair statt Bierdunst. Und natürlich geht es in Zeiten von Corona etwas ernster zu als sonst - wobei der nahende Bundestagswahlkampf seine Schatten vorauswirft. Denn nach Lage der Dinge ist der nächste Kanzler oder die nächste Kanzlerin an diesem Vormittag ja unter den Rednern. Aber wo, und wer?

In der Dreiländerhalle in Passau feiert die CSU ihr "Hochamt", aus dem sie trotz Corona eine Show macht: CSU-Zuschauer draußen im Netz werden zu Beginn auf einer Videoleinwand eingespielt, inklusive Applaus - es soll wenigstens ein bisschen Stimmung aufkommen. 25 000 Zuschauer allein auf den CSU-Kanälen seien es gewesen, heißt es. Novum bei der CSU: Der neue CDU-Chef Armin Laschet, ausgestattet mit Bierkrügen, CSU-Fähnchen und Brezn, wird dort live zugeschaltet.

Laschet, der wohl wahrscheinlichste Kanzlerkandidat der Union, schmeichelt nicht nur Söder und der Schwesterpartei, sondern beschwört in seinem Grußwort die Geschlossenheit im Wahljahr: "Wenn CDU und CSU so dicht beieinander stehen, werden wir auch dieses so wichtige Wahljahr bestehen", sagt der NRW-Ministerpräsident. Zu seinen eigenen Ambitionen auf die Kanzlerkandidatur oder den dazu irgendwann anstehenden Gesprächen mit Söder sagt er keinen Ton.

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Söder lässt sich in einem eigens aufgebauten Wohnzimmer-Studio nieder, hinter ihm unter anderem Strauß- und Stoiber-Fotos. In seinem Bierkrug, so ehrlich ist er: Cola Light. Mehrmals marschiert hinter ihm ein Fan virtuell durchs Bild, mit einem Plakat: "Markus, wir brauchen Dich!" Offen bleibt: Wofür? In Bayern oder doch in Berlin?

Söder gibt sich in seiner Rede jedenfalls wieder einmal als oberster Anti-Corona-Kämpfer, eng an der Seite der Kanzlerin. Er bittet die Menschen um Geduld, ruft zum Mitmachen auf, stellt zwar weitere Lockerungen in Aussicht, aber ohne fixe Daten. "Ich meine es wirklich nicht böse - ich meine es wirklich nur gut für unser Land", sagt er.

Und: Söder argumentiert mit Blick auf die aktuell guten Umfragewerte für die Union, die Wahl im Herbst und die Debatte über den weiteren Anti-Corona-Kurs: "Jeder, der meint, Merkelstimmen im September zu bekommen, der muss wissen: Merkelstimmen gibt's nur mit Merkelpolitik." Eine Botschaft an all diejenigen in der Union, die aus Söders Sicht zu schnell zu viel lockern wollen? Vielleicht auch an Laschet, der zuletzt ebenfalls Kritik an einem zu scharfen Lockdown-Kurs geübt hatte? "Wir können unser ganzes Leben nicht nur an Inzidenzwerten abmessen", hatte Laschet am Montagabend gesagt.

Interessant ist, dass Söder die FDP - anders als nach den gescheiterten Jamaika-Verhandlungen 2017 - nun zum prioritären und seriösen Wunsch-Partner für eine Koalition erklärt, "wenn es reicht". Und dass er sich deutlicher als zuletzt von Schwarz-Grün absetzt ("möglich, nicht einfach"). Über deren Parteichefs Annalena Baerbock und Robert Habeck spottet er: "Es sind charmante und kompetente Leute vielleicht. Ich würde mal sagen, eher charmant, wenn ich an Frau Baerbock und Herrn Habeck denke - bei kompetent bleiben Fragen."

Die Grünen, denen in der Corona-Pandemie sonst ein Kuschelkurs mit der Bundesregierung vorgeworfen wird, setzten am Aschermittwoch ebenfalls zum Angriff an - auch wenn Baerbock betont: "Mit Polemik kommt man dieser Tage kein Stück weiter." In Zeiten der Pandemie seien "vor allen Dingen gute Ratschläge, kreative Ideen gefragt und nicht Schenkelklopfer und Zoff im Fernsehen". Der Regierung wirft sie in der Pandemie mangelnde Koordination und Konzeptlosigkeit vor.

Auch Habeck rechnet mit der Konkurrenz ab. Ein "eitles Schaulaufen zwischen München und Düsseldorf" spiele sich bei den Corona-Runden von Bund und Ländern ab - ein Seitenhieb auf Laschet und Söder. Doch gut möglich, dass die Grünen mit einem von beiden nach der Bundestagswahl über die Bildung einer neuen Regierung verhandeln.

Zuvor aber müssen Habeck und Baerbock noch miteinander ausmachen, wer von beiden als Spitzenkandidat in den Wahlkampf zieht. Zwischen Anfang April und dem 23. Mai soll die Entscheidung fallen. Bis dahin gilt: die guten Umfragewerte von zuletzt knapp unter 20 Prozent bloß nicht durch öffentlichen Streit gefährden. Habeck kündigt Baerbock vor deren Rede jedenfalls als "meine Lieblings-Parteivorsitzende" an. Baerbocks trockene Replik: "Danke. Zum Glück gibt's nur eine."

SPD-Kanzlerkandidat Scholz zeigt derweil beim SPD-Aschermittwoch in Vilshofen mit kleinen, durchaus fiesen Spitzen, dass er nicht nur kühler, berechnender Hanseat sein kann. In Videokonferenzen zu posen, sei verführerisch, sagt der Vizekanzler etwa. Doch der ein oder andere werde auch verführt, "es ganz auf die Pose ankommen zu lassen" und die Realität zu vergessen. "Und in der muss man was schaffen." Scholz' Rede hat ein Motto: Die anderen quatschen nur, ich handle.

Nie nennt Scholz dabei Namen, aber es ist mehr als deutlich, wen er meint. In Bayern müssten die Steinschleudern schon groß sein, sagt er

- ohne Söder zu nennen, der Scholz' "Bazooka"-Konjunkturprogramm

zuletzt als "Steinschleuder ohne Stein" kritisiert haben soll.

Laschet, Söder, Scholz, Baerbock, Habeck - drei dieser fünf dürften nach Lage der Dinge im Herbst gegeneinander antreten, dann in echt und nicht nur online wie an diesem außergewöhnlichen politischen Aschermittwoch. Schon im März stehen zudem Landtagswahlen in Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz an. Corona bleibt dabei das zentrale Thema. Söder warnt: "Wir sind leider noch nicht am Ende."