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Zwischen Anstand und Aufstand

Wenn Donald Trump am Dienstag seine erste Rede als US-Präsident vor dem Kongress hält, ist vieles offen: Provokationen von allen Seiten könnten die traditionellen Benimmregeln über Bord kippen.

Die Rede eines Präsidenten vor dem US-Kongress gehört zu den nationalen Momenten, die Anstand und Benimm gebieten. Sie folgen traditionellen Regeln und Ritualen. Auch am Dienstagabend, wenn Donald Trump erstmals als Staatschef vor die beiden Kammern des Kapitols tritt, wird das so sein - zumindest zu Beginn. Wohin sich der Auftritt dann entwickelt, bleibt offen.

Der für die Ordnung zuständige Sergeant at Arms wird wie immer mit dröhnender Stimme den Eintritt des Staatschefs ankündigen. Wenn er dann „Mister Speaker, the President of the United States“ verkündet hat, wird Trump den Gang bis zum Rednerpult entlangschreiten. Wie immer werden die Anhänger des Präsidenten den Redner herzlich begrüßen, ihm die Hände schütteln. Die First Lady, in Begleitung von Ehrengästen, wird derweil von der Empore herablächeln.

Ab hier könnte die Choreografie am Dienstag sich aber anders gestalten als üblich. Fast durchgängig hat Trump bislang bewiesen, dass bei seinen öffentlichen Auftritten ein Bruch der Regeln schon fast zu erwarten ist. Doch auch die oppositionellen Demokraten könnten dem Abend einen neuen Schwenk geben. Trump soll die Linien seiner Politik beschreiben. Dazu hat das Weiße Haus angekündigt, dass es eine nach vorne blickende Rede sein wird, eine über die Erneuerung des amerikanischen Geistes. Und, auch das ist klar: „Die Trump-Rede wird nicht langweilig sein, denn Donald Trump ist nicht langweilig“, erklärte Präsidentenberaterin Kellyanne Conway in „Watters' World“ auf Fox News.

Wenn der Neue im Weißen Haus vor den Volksvertretern aus Senat und Repräsentantenhaus spricht, hat er die Chance, Millionen Zuschauer im In- und Ausland seine bislang teils holprige und oft überrumpelnde Politik zu erklären. Vermutlich wird er betonen, was er schon geleistet hat, auf eine Reihe von Präsidialdekreten verweisen oder die Nominierung von Neil Gorsuch als Richter am Obersten Gerichtshof.

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Das seriöse und gesetzte Ambiente im Kongress kommt Trump nicht entgegen. Zumindest gewann er das Weiße Haus mit ungezügelten Reden auf rauen Wahlkampfveranstaltungen. Danach hörte er sich oft an, als sei er weiter im Wahlkampf. Und bei seinen bisherigen feierlichen Auftritten kam auch nicht unbedingt das Erwartete: Zur Amtseinführung, traditionell ein Moment für Optimismus und hehre Visionen, zeichnete Trump ein düsteres Bild der Vereinigten Staaten, die es aus einer Hölle von Kriminalität und Regellosigkeit zu retten gelte. „Wir warten noch auf den Wendepunkt“, sagt Aaron Kall von der Universität Michigan über die Reden. „Aber er zeichnet sich noch nicht ab.“

Als weitere Unwägbarkeit gilt das Verhalten der Opposition. Die Möglichkeiten der Demokraten, ihre Ablehnung zu demonstrieren, reichen von fehlendem Applaus bis zur direkten Störung. In einer demonstrativen Geste des Widerstands gegen Trumps Anti-Einwanderungskurs haben sie bereits Zuwanderer und Ausländer zur Rede geladen. Möglicherweise könnte Protest aus den Reihen des Kongresses Trump erst zur Hochform auflaufen lassen, mutmaßt Kall.

Seinerseits hat Trump den Gegnern genug persönliche Provokationen geliefert. So hat er den Fraktionsführer der Demokraten im Senat, Chuck Schumer, als „Chef-Clown“ oder „Leichtgewicht“ verunglimpft und ihn beschuldigt, „falsche Tränen“ um die vom neuen Einreiseverbot betroffenen Ausländer zu vergießen.

Auch in der eigenen Partei gärt nach wie vor Skepsis. Zwar haben sich die meisten früheren Kritiker inzwischen hinter ihren Präsidenten gestellt, doch werden die Abgeordneten langsam ungeduldig, was Details zu Topthemen wie dem künftigen Steuerkurs oder dem Kippen der Gesundheitsreform von Vorgänger Barack Obama angeht. Er wolle eine „Tweet-freie, optimistische und erbauliche Botschaft“ hören, sagte der Mehrheitsführer im Senat, Mitch McConnell, dieser Tage bei einer Veranstaltung in Kentucky.

Die Unwägbarkeit bleibt, sowohl was den Auftritt angeht als auch das Zusammenspiel zwischen den Volksvertretern und Trump. „Wie wird er reagieren, wenn mehrere Hundert demokratische Kongressmitglieder ihm die Liebe verweigern, die er sich aus dem Publikum erhofft?“ fragt Michael Waldman, einstiger Redenschreiber von Präsident Bill Clinton. „Noch nie stand dort jemand, der aus dem Stegreif mit so viel Gift auf ein Publikum reagieren konnte.“