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Was eine zweite Corona-Welle für die Wirtschaft bedeuten würde

Anleger fürchten, dass steigende Infektionszahlen der Wirtschaft erneut schaden könnten. Zugleich hoffen sie, dass Konjunkturhilfen für Rückenwind sorgen.

Anleger müssen in der Coronakrise weiterhin mit starken Schwankungen rechnen. Foto: dpa
Anleger müssen in der Coronakrise weiterhin mit starken Schwankungen rechnen. (Bild: dpa)

Viele Anleger schwanken derzeit zwischen Hoffen und Bangen. Auf der einen Seite bereitet ihnen eine mögliche zweite Corona-Infektionswelle Sorgen. Zuletzt gab es in einigen US-Bundesstaaten Rekordzunahmen an neuen Infektionen innerhalb eines Tages sowie einen erneuten Corona-Ausbruch in Peking.

Und auch hierzulande machen einzelne größere Infektionsherde wie etwa in Schlachtbetrieben Schlagzeilen.

Wiederaufbauplan: EU-Staaten nähern sich an

Auf der anderen Seite setzen Investoren auf umfassende Konjunkturpakete, die die Wirtschaft nach dem scharfen Einbruch durch die Pandemie wieder in Schwung bringen könnten. Am Freitag diskutierten die EU-Staats- und Regierungschefs per Videokonferenz über den Wiederaufbauplan in Höhe von bis zu 750 Milliarden Euro.

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Eine Entscheidung war noch nicht erwartet worden. Doch es gab wohl eine Annäherung in wichtigen Streitfragen. Die vier Länder Dänemark, die Niederlande, Österreich und Schweden hatten sich bislang strikt gegen nicht rückzahlbare finanzielle Hilfen für die von der Coronakrise am meisten betroffenen EU-Staaten gestellt. Offenbar haben sie diese Haltung nun aufgegeben.

Der Dax schloss daher am Freitag insgesamt wenig verändert bei 12.330 Punkten. Einen großen Verlierer gab es dennoch: Der Zahlungsdienstleister Wirecard verlor weitere 35 Prozent, nachdem die Aktie bereits am Vortag um rund 62 Prozent eingebrochen war.

Wirecard: Verwirrung um 1,9 Millarden Euro

Weil der Konzern erneut keinen testierten Jahresabschluss vorlegen konnte, da der Verbleib von Geldern in Höhe von 1,9 Milliarden Euro ungeklärt ist, nahm Vorstandschef Markus Braun seinen Hut.

Auf den Rücktritt Brauns reagierten die Anleger positiv. Zeitweise hatte die Aktie am Freitag sogar knapp 52 Prozent im Minus gelegen und unter 20 Euro notiert. Doch da die Einzelheiten des Bilanzskandals noch ungeklärt sind, sind weitere Kurskapriolen nahezu programmiert.

Pandemie ist nicht ausgestanden

Auch mit Blick auf den Gesamtmarkt dürften die Schwankungen hoch bleiben, solange die Corona-Pandemie nicht ausgestanden ist. Ob die jüngsten Meldungen zu den steigenden Infektionszahlen in einigen Regionen die Vorboten einer zweiten Welle sind, ist offen. Doch spätestens im Herbst rechnen viele Virologen wieder mit mehr Krankheitsfällen.

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Neil Wilson, Analyst beim Onlinebroker Markets.com, sagt: „Ängste vor einer Ausbreitung der Krankheit bestehen. Doch es ist nicht die Furcht vor einer zweiten Infektionswelle, die Druck auf die Märkte ausübt.“ Die Investoren hätten sich mittlerweile an steigende Fallzahlen gewöhnt. Es seien vielmehr der Lockdown und die Angst der Menschen, rauszugehen, die auf die Wirtschaft und die Unternehmensgewinne drücken.

Ein ähnlicher Lockdown wie in diesem Frühjahr ist aus wirtschaftlicher Sicht für viele Investoren daher nicht vorstellbar. Die Kosten der harten Maßnahmen werden nun immer deutlicher sichtbar.

BIP: Stärkster Einbruch seit Bestehen der Bundesrepublik

Das Kieler IfW-Institut prognostizierte beispielsweise in dieser Woche, dass das Bruttoinlandsprodukt in diesem Jahr um 6,8 Prozent zurückgehen dürfte. Einen so starken Einbruch gab es seit Bestehen der Bundesrepublik noch nicht.

Commerzbank-Volkswirt Bernd Weidensteiner glaubt daher, dass es im Fall einer zweiten Welle mehr zu selektiven Maßnahmen kommen werde: „Nach all diesen Erfahrungen dürfte die Hürde für eine neuerliche Komplettschließung mit ihren enormen sozialen und wirtschaftlichen Kosten deutlich höher liegen als zu Beginn der Pandemie“, meint Weidensteiner.

Vielmehr dürften die Behörden Einschränkungen für Bereiche vorsehen, in denen besonders viele Menschen zusammenkommen, wie etwa bei Großveranstaltungen oder in der Gastronomie.

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Der Rückgang der Infektionszahlen in den vergangenen Wochen hat es vielen Ländern ermöglicht, ihre zum Teil harten Maßnahmen gegen die Ausbreitung des Virus wie etwa Ausgangssperren, Reisewarnungen und Kontaktbeschränkungen zu lockern. Vielerorts ging es schrittweise zurück zu einer weitgehenden Normalität, wodurch sich auch die Wirtschaft langsam erholen kann.

Brandenburg an der Havel, Germany - July 25:  Workers of the automotive supplier ZF Getriebe GmbH work in the factory hall, on July 25, 2019 in Brandenburg an der Havel, Germany. (Photo by Felix Zahn/Photothek via Getty Images)
Das Kieler IfW-Institut prognostiziert einen Rückgang des BIP um 6,8 Prozent. (Bild: Getty Images)

Zweite Corona-Welle würde Erholung der Wirtschaft verschleppen

Wichtige Aktienindizes hatten sich daher nach einem scharfen Einbruch im März schnell erholt. Der Dax fiel vom Allzeithoch bei 13.795 Punkten auf 8.256 Punkte zurück, um wieder auf bis zu 12.913 Punkte zuzulegen. Nach ähnlichem Muster entwickelten sich auch die führenden US-Indizes.

Unterstützung gab es vor allem von der expansiven Geldpolitik der meisten Notenbanken. Doch dann zeigte sich, wie fragil dieser Aufschwung war. In der abgelaufenen Handelswoche legte der deutsche Leitindex zwar um mehr als drei Prozent zu, in der Woche zuvor war er aber um sieben Prozent gefallen.

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Weidensteiner von der Commerzbank betont, dass es im aktuellen Umfeld „immer wieder auch zu Rückschlägen an den Märkten kommen“ werde. Zwar sei beim Eintreten einer zweiten Infektionswelle ein neuerlicher scharfer Einbruch der Wirtschaft wie der im zweiten Quartal unwahrscheinlich.

Allerdings würde sich die Erholung der Wirtschaft verschleppen und sich die Rückkehr zum Vorkrisenniveau weiter in die Zukunft verschieben.

Fiskalpolitik ist entscheidend

Um die Wirtschaft in Europa ging es auch beim EU-Gipfel am Freitag: Die Präsidentin der Europäischen Zentralbank, Christine Lagarde, hat die EU-Staats- und Regierungschefs vor negativen Marktreaktionen gewarnt, falls keine Einigung über die Finanzierung des wirtschaftlichen Aufbauprogramms erzielt wird.

Die jüngste Ruhe an den Finanzmärkten sei teilweise darauf zurückzuführen, dass die Anleger Maßnahmen der Regierungen eingepreist haben, sagte die EZB-Chefin nach Angaben der Nachrichtenagentur Bloomberg. Doch ohne Konsens zum Wiederaufbaufonds könne die Stimmung wieder kippen, mahnte Lagarde demnach.

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Auch für Edgar Walk, Chefvolkswirt bei Metzler Asset Management, ist eine expansive Fiskalpolitik entscheidend, um im zweiten Halbjahr eine erneute Rezession zu vermeiden.

Nur wenn die Konjunkturpakete großzügig geschnürt würden, stünden die Chancen für eine weitere Erholung der Wirtschaft gut, sofern nationale Lockdowns ausbleiben.

Wichtig ist eine gemeinsame tragfähige Lösung

Eric Schweitzer, Präsident des Deutschen Industrie- und Handelskammertags (DIHK), betont, dass eine gemeinsame tragfähige Lösung wichtig sei, weil kein Land allein aus der Krise herauskomme: „Nur wenn die EU-Wirtschaft als Ganzes wieder Tritt fasst, haben wir gemeinsam die Chance auf eine rasche Erholung.“

Nicht zuletzt deshalb richten Anleger ihre Aufmerksamkeit auch auf die Konjunkturdaten, die die neue Woche bereithält. Am nächsten Dienstag kommen aus der Euro-Zone, aus Großbritannien und den USA die Einkaufsmanagerindizes für die Industrie und den Dienstleistungssektor im Juni.

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Diese haben allerdings laut der Commerzbank wenig Aussagekraft. In normalen Zeiten seien sie ein guter Indikator für die Konjunktur. Eine Ausnahme sei aber eine scharfe Rezession. Während die Einkaufsmanagerindizes relativ schnell wieder steigen, brauche die Wirtschaft in der Regel länger, um sich zu erholen.

11 April 2019, Berlin: "Deutsche Wohnen" stands on the facade of the listed housing company headquartered in Berlin. The company owns about 163000 apartments and 2600 commercial properties. More than 100000 apartments are located in Berlin. Photo: Paul Zinken/dpa (Photo by Paul Zinken/picture alliance via Getty Images)
Die "Deutsche Wohnen" wird zukünftig im DAX geführt. (Bild: Getty Images)

Deutsche Wohnen wird neues DAX-Mitglied

Interessant dürfte in Deutschland aber unter anderem der Ifo-Geschäftsklimaindex für Juni werden, der am Mittwoch veröffentlicht wird. Der Indikator basiert auf Meldungen von über 9000 Unternehmen zu ihrer Geschäftslage und ihren Erwartungen für die nächsten sechs Monate. Nach einem scharfen Einbruch im April hatte sich der Index im Mai wieder leicht erholt.

Am Donnerstag folgt das GfK-Konsumklima für Juli. Das Barometer gibt die Verbraucherstimmung wieder, die in der Erhebung für Mai deutlich eingetrübt war. Auch hier war dann in der darauffolgenden Auswertung eine Erholung vom Corona-Schock zu erkennen.

Unternehmensseitig gerät der Immobilienkonzern Deutsche Wohnen in den Blick, der ab Montag neues Dax-Mitglied wird. Absteiger Deutsche Lufthansa ist fortan im MDax notiert.

Fliegt Wirecard aus dem DAX?

Bei der außerordentlichen Hauptversammlung am Donnerstag müssen die Aktionäre über das Rettungspaket für die angeschlagene Fluggesellschaft abstimmen. Zuletzt hatte sich der neue Großaktionär Heinz Hermann Thiele kritisch zu der geplanten Staatsbeteiligung an der Airline geäußert.

Ein besonderes Augenmerk dürften Anleger aber weiterhin auf Wirecard legen. Indexexperten spekulieren bereits, dass der Zahlungsdienstleister der nächste Abstiegskandidat aus der ersten Börsenliga werden könnte.

Der reguläre Überprüfungstermin des Dax durch die Deutsche Börse ist allerdings erst am 3. September. Mit dem Essenslieferdienst Delivery Hero und dem Aromenhersteller Symrise werden aber bereits potenzielle Nachfolger für Wirecard genannt.

VIDEO: Dombrovskis: "Die Wirtschaft erholt sich bald - davon gehen wir aus"