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Im Zweifel in die Opposition

Die FDP hat zehn Bedingungen für den Eintritt in eine Regierungskoalition beschlossen. Die Bedingungen reichen von Einwanderungs- bis Sicherheitspolitik. An ihnen will sich die Partei messen lassen.

„Wir sind bereit und in der Lage, in eine Regierung einzutreten“ heißt es in dem zweiseitigen Antrag, in denen die FDP-Führung ihre Koalitionsbedingungen formuliert. Das Papier ist am Sonntag von den Delegierten beschlossen worden. „Es wäre verantwortungslos, die Möglichkeit auszuschlagen, Gutes für die Menschen und ihre Zukunft zu bewirken. Aber es wäre genauso verantwortungslos, in eine Koalition einzutreten, die nur die Gegenwart verwalten will“. Das macht klar: Die Partei strebe die Rolle der Opposition nicht an, aber sie ziehe sie einer Regierung ohne Ambitionen im Zweifel vor. In zehn Punkten, die von Bildung über Innere Sicherheit und Einwanderungspolitik reichen, listet die FDP ihre roten Linien für einen Koalitionseintritt auf.

Schon der zweite Punkt hat es einigermaßen in sich. „Ein neues Digitalisierungsministerium muss Tempo machen, um den rechtlichen Rahmen für neue Formen des Arbeitens, neue Geschäftsmodelle und neue Technologien zu verbessern“, heißt es darin. Wenn es die FDP ernst meint mit den Bedingungen, könnte schon allein dieser Punkt ein Ausschlussgrund für den Eintritt in eine schwarz-gelbe oder schwarz-grün-gelbe Koalition sein. Denn die Union hat sich ausdrücklich in ihrem Programm dafür ausgesprochen, dass sie lediglich einen Staatsminister für Digitales im Kanzleramt nach der Wahl installieren will.

Unter Punkt Drei „Faire Balance zwischen Bürger und Staat“ fordert die FDP neben möglichen Steuersenkungen von 30 bis 40 Milliarden bis zum Ende der nächsten Legislaturperiode im Jahr 2021 auch die Abschaffung des Solidaritätszuschlags – schon bis zum Jahr 2019.

Im Bereich Innere Sicherheit will die Partei das Personal aufstocken – eine Forderung, die auch alle anderen Parteien mitgehen würden. Doch in einem stellt sich die FDP anders als vor allem die Union auf: Der Umgang mit den Daten unbescholtener Bürger zur Kriminalitätsbekämpfung. „Eingriffe wie anlasslose Vorratsdatenspeicherung und Netzwerkdurchsetzungsgesetz bringen nicht mehr Sicherheit, sondern nur Verunsicherung“, heißt es in dem Leitantrag. „Als liberale Bürgerrechtspartei werden wir daher die Vernachlässigung der Prävention und die Schleifung von Bürgerrechten beenden.“ Gegen das Gesetz zur Vorratsdatenspeicherung, dass die Große Koalition gemeinsam verabschiedet hatte, hatte die FDP sogar vor dem Bundesverfassungsgericht geklagt.

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Neues Einwanderungsrecht gefordert

Hart formuliert sind die Bedingungen auch beim Thema Nummer Fünf: Einwanderung. Deutschland brauche unter anderem ein Einwanderungsgesetzbuch, das zwischen Asyl für wirklich individuell Verfolgte, einem vorübergehenden humanitären Schutz für Flüchtlinge und der Einwanderung in den Arbeitsmarkt unterscheidet. Ihr Konzept dazu hatte die FDP erst vergangene Woche vorgestellt.

„Wir sind ein weltoffenes Land, das Verfolgten Schutz bietet und qualifizierte Zuwanderer mit offenen Armen empfängt. Wer aber auf Dauer bleibe oder kommen möchte, den suchen wir uns mit klaren Kriterien nach dem Vorbild des kanadischen Punktesystems aus“, heißt es in dem Papier. Noch weiter ging FDP-Chef Christian Lindner im Gespräch mit der „Welt am Sonntag“. Voraussetzung für den Eintritt seiner Partei in eine Koalition sei ein neues Einwanderungsrecht, sagte er, „das zwischen Asyl, Flucht und Zuwanderung unterscheidet“. Dieses solle schnellere Verfahren und europäischen Grenzschutz ebenso forcieren wie die Möglichkeit, von Afrika aus Asylanträge stellen zu können. Ob gerade der letzte Punkt jedoch realistisch umsetzbar wäre, ist zumindest zu bezweifeln. Denn auf die Botschaften oder anderweitigen Einrichtungen, die diese Anträge entgegennehmen würden, würde dann wahrscheinlich ein großer Ansturm losbrechen.

Die FDP verspricht in ihrem Leitantrag auch, die „ökologisch unwirksamen und unsozialen Subventionen nach dem Erneuerbare-Energien-Gesetz oder für das Elektroauto“ abzuschaffen – mit den Grünen wäre das in einer Jamaika-Koalition wohl kaum zu machen. Zudem müssten die Sozialbeiträge „unter 40 Prozent sinken statt über 40 Prozent zu steigen“, heißt es weiter. Bei der Europolitik heißt es: „Einen europäischen Finanzausgleich über ein Eurozonen-Budget und eine Vergemeinschaftung der Einlagensicherung der Banken lehnen wir ab.“ Im Umgang mit der Türkei will die FDP eine Aussetzung der „Zusammenarbeit mit der Regierung Erdogan“ und eine Beendigung der EU-Beitrittsverhandlungen.

Man habe sich „klar und bewusst“ zu diesen zehn Punkten entschlossen, heißt es am Ende des Papiers. „Wir stehen zu unseren Prinzipien und Projekten. An ihnen lassen wir uns messen.“