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Zwei Drittel der deutschen Anleger sichern sich mit Zertifikaten ab

Hebelprodukte sind etwas für Zocker und Spekulanten. Das scheint ein Vorurteil zu sein. Eine Studie zeigt: Die Produkte dienen zur Risikobegrenzung.

In Deutschland nutzen wohl bis zu 400.000 Anleger Hebelprodukte. Foto: dpa
In Deutschland nutzen wohl bis zu 400.000 Anleger Hebelprodukte. Foto: dpa

Ein Großteil der deutschen Anleger nutzt Zertifikate, um sich gegen allzu große Kursverluste zu schützen. Das geht aus einer Studie hervor, die die WHU – Otto Beisheim School of Management im Auftrag des Deutschen Derivate Verbandes erstellt hat. „Mehr als zwei Drittel der Käufer setzen Hebelprodukte zur Depotabsicherung ein“, sagte Lutz Johanning, Inhaber des Lehrstuhls für empirische Kapitalmarktforschung an der Hochschule, am Freitag bei einer Präsentation der Studie in Frankfurt.

Ausgewertet wurden 17 Millionen Transaktionsdaten von Direktbank-Kunden mit einem Mindestalter von 16 Jahren, die eigene Anlageentscheidungen treffen. Darunter nutzten rund 22.000 Anleger Hebelprodukte. Dabei handelt es sich um Optionsscheine und sogenannte Knock-out-Produkte.

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An der Stuttgarter Börse als wichtigem Handelsplatz wurden im Januar solche Produkte im Wert von knapp 1,7 Milliarden Euro gehandelt. Diese Instrumente beziehen sich auf einen Basiswert wie eine Aktie oder einen Index. Als Calls bewegen sie sich wie der Basiswert, nur prozentual stärker, als Puts hingegen entwickeln sie sich entgegengesetzt zum Basiswert.

Depotabsicherungen sind für Anleger dann relevant, wenn sie etwa bei einer ihrer Aktien einen kurzfristigen Kursrückgang erwarten, diese aber nicht verkaufen wollen. Dann kann es helfen, Puts auf diese Aktie zu erwerben. Wenn es tatsächlich zum Kursrückgang kommt, kann der Anleger dann die Puts mit Gewinn verkaufen und so den Aktienverlust ausgleichen.

„Das Vorurteil, diese Instrumente seien nur etwas für Spekulanten, stimmt nicht“, folgerte Johanning. Sehr kurzfristige Trades, ohne dass die Kunden im Besitz des Basiswertes gewesen seien, habe man bei weniger als einem Drittel der Kunden beobachtet.

„Hier sind informierte und erfahrene Anleger unterwegs, die wissen, was sie tun“, sagte Johanning. Er schätzt, dass gegenwärtig in Deutschland bis zu 400.000 Anleger Hebelprodukte nutzen. „Auch viele Vermögensverwalter setzen solche Instrumente zur Absicherung ein“, ergänzte der Wissenschaftler.

Auch vor diesem Hintergrund müsse man eine aktuelle Gesetzesinitiative betrachten. Der Bundesrat hatte im Dezember eine Änderung des Einkommensteuergesetzes beschlossen. Ziel ist eine Beschränkung der Verrechnung von Gewinnen und Verlusten bei Termingeschäften für private Anleger.

Danach dürfen ab dem kommenden Jahr Verluste bei Termingeschäften nur noch mit Gewinnen aus diesen Geschäften verrechnet werden und das auch nur bis maximal 10.000 Euro jährlich. „Ein unsägliches Gesetz, schizophren“, nennt es Oliver Hans, Geschäftsführer der Baden-Württembergischen Wertpapierbörse.

Er gibt ein Beispiel: Wer mit solchen Geschäften 35.000 Gewinn realisiert, mit anderen 20.000 Euro Verlust gemacht habe, müsse bisher die Differenz von 15.000 Euro versteuern. Nach der neuen Regelung müsste er dagegen 25.000 Euro versteuern, weil nur 10.000 Euro Verlust angerechnet werden würden.

„Das ist unsachgemäß“, meint Henning Bergmann, Chef des Deutschen Derivate Verbandes. Er ist sicher: „Sinnvoll wäre eine vollständige Verrechnung von Gewinnen und Verlusten aus allen Wertpapiergeschäften.“ Deutschland brauche in der Nullzinszeit mehr Aktionäre. Auch unter diesem Aspekt sei das Gesetz verfehlt.

Bergmann ergänzt: „Und in der aktuellen Lage mit den fallenden Kursen würde man den Anlegern auch noch die Absicherung verweigern.“ Gewinne aus Absicherungsgeschäften würden nach der geplanten Änderung versteuert, obwohl sie nur die Verluste bei den im Depot befindlichen Aktien abfedern würden – was widersinnig sei. Der Verband versuche aber weiter in Gesprächen in Berlin, Politikern diesen Widersinn zu erklären.