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Immer mehr Rechnungen: Die 737 Max wird für Boeing zum finanziellen Desaster

Der Jet wird nicht vor dem Sommer wieder abheben dürfen. Und die Kosten, die der Konzern wegen seiner Fehler begleichen muss, steigen täglich.

Die Gespräche zwischen Boeing und Tui über Kompensationen wegen des Ausfalls laufen noch. Foto: dpa
Die Gespräche zwischen Boeing und Tui über Kompensationen wegen des Ausfalls laufen noch. Foto: dpa

Boeing-Investoren müssen derzeit starke Nerven haben. Über viele Monate hatte die Boeing-Aktie überraschend wenig auf die schwere Krise beim Kurz- und Mittelstreckenjet 737 Max reagiert. Zwischen März, dem Zeitpunkt also, als die Behörden nach zwei Abstürzen mit insgesamt 346 Toten weltweit ein Flugverbot für den Jet verhängt hatten, und Anfang November vergangenen Jahres blieb der Kurs im Schnitt stabil.

Erst danach ging es bergab. Seit dem 11. November hat das Papier fast 16 Prozent an Wert verloren. Der Grund für den Kursverfall: Seit November wird immer klarer, dass die Probleme mit dem beliebten Jet für den US-Konzern zu einem finanziellen Desaster werden.

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Die neueste Information, wonach Boeing erst für Mitte des Jahres mit einer Wiederzulassung des Flugzeugs rechnet, hat den Anteilseignern endgültig jede Hoffnung genommen, dass es bei Boeing bald wieder aufwärts gehen wird.

Die Investoren schauen vielmehr mit Bangen auf den Mittwoch kommender Woche. Dann wird Boeing seine Zahlen für das abgelaufene Geschäftsjahr vorlegen. Die Chance ist groß, dass David Calhoun, seit Jahresbeginn der Nachfolger für den wegen seines desolaten Krisenmanagements gefeuerten Boeing-CEOs Dennis Muilenburg, dann Tabula rasa machen wird.

Das, was an Risiken und Kosten durch die Max auf den US-Konzern zukommt, dürfte sofern möglich in den Abschluss 2019 gepackt werden. Analysten rechnen mit einer fürchterlichen Bilanz.

Denn die durch die Max-Krise verursachte Rechnung ist lang und wird täglich länger. Da sind zum einen die Kompensationen, die Boeing an die Kunden zahlen muss, die seit Monaten vergeblich auf die Max warten. Solange die Max nicht wieder fliegen darf, kann diese Summe kaum beziffert werden.

Mit einigen Airlines hat sich Boeing zumindest für die Ausfälle in 2019 bereits geeinigt, etwa mit American Airlines und Southwest Airlines. Summen wurden hier aber nicht genannt.

Gespräche in Europa laufen

In Europa ist man dagegen noch nicht soweit. Hier laufen die Gespräche mit Abnehmern wie Ryanair, Tuifly, SunExpress oder Norwegian. Turkish Airlines, die zwölf Max-Maschinen parken mussten und ebenfalls auf neue Jets warten, soll nach unbestätigten Medienberichten von Boeing bereits 225 Millionen Dollar bekommen haben.

Analysten waren bei den Kompensationszahlung zuletzt von einer Summe von fast zwölf Milliarden Dollar ausgegangen. Doch diese Hochrechnung wurde gemacht, bevor klar war, dass die Max noch mindestens bis zum Sommer am Boden bleiben muss. Durch die „Verlängerung“ des Grounding muss hier sicherlich noch mal nachjustiert werden.

Denn gerade der Sommer ist Reisezeit, und die Max-Maschinen fehlen den Fluggesellschaften besonders stark. Oliver Lackmann, der Chef von Tuifly, bezifferte die Kosten für die Ferienfluggesellschaft gegenüber der „Wirtschaftswoche“ vor wenigen Tagen auf nochmals bis zu 270 Millionen Euro, sollte das Flugzeug nicht vor Herbst einsatzfähig sein. Bisher hat Tuifly den Aufwand bereits auf rund 300 Millionen Euro taxiert.

Zu den Kompensationen werden sich Kosten für Simulatorstunden gesellen. Boeing hatte den Airlines einen Jet versprochen, für den die Piloten, die bisher das Vorgängermodell geflogen sind, nicht groß umgeschult werden müssen. Das macht das Flugzeug besonders attraktiv, weil es leichter „eingeflottet“ werden kann.

Mittlerweile ist jedoch klar, dass die Behörden auf Simulatorstunden bestehen werden. Auch Boeing selbst empfiehlt das seit einigen Tagen, nachdem man sich lange dagegen gewehrt hat.


Lange Liste mit Kostenposten

Eine zu aggressiv eingestellte Steuerungssoftware, von der die Piloten nichts wussten, gilt als Mitverursacher der zwei Abstürze. Sie wurde zwar entschärft. Dennoch müssen die Piloten nun den Umgang mit dem Jet anders als geplant „üben“. Das kostet Geld.

Zum einen müssen erst Simulatoren gebaut werden. Zum anderen werden sich die Airlines auch diesen Mehraufwand bei Boeing zurückholen. Der Finanzdienst Bloomberg schätzt die Kosten auf rund fünf Milliarden Dollar.

Außerdem muss Boeing rund 400 schon gebaute, aber noch nicht ausgelieferte Max nach der Freigabe durch die Behörden nachrüsten. Da die Flugzeuge zum Teil schon länger parken, müssen sie auch insgesamt technisch noch einmal komplett geprüft werden. Hinzu kommen fast ebenso viele Flugzeuge, die bereits bei den Airlines in Dienst waren und ebenfalls ertüchtigt werden müssen. Das dürfte weitere viele Millionen Dollar kosten.

Dann wird Boeing Entschädigungen an die Familien der 346 Opfer bei den beiden Abstürzen zahlen müssen. Experten rechnen mit zahlreichen Verfahren unter anderem in den USA. Da die dortigen Gerichte häufig hohe Schadenersatzansprüche festlegen, muss Boeing auch an dieser Stelle mit hohen Kosten rechnen.

Und dann ist da noch die Frage, in wieweit der Konzern mit Strafzahlungen wegen der Regelverstöße bei der Zulassung der Max rechnen muss. Das Unternehmen soll bestimmte Informationen über technische Änderungen bei der Max gegenüber dem Vorgängermodell nicht ausreichend an die US-Luftfahrtaufsicht FAA gemeldet haben. Experten rechnen deshalb mit empfindlichen Strafen.

Boeing fehlen die Einnahmen

Analysten gehen mittlerweile davon aus, dass sich der Aufwand wegen der Max-Krise auf mindestens 20 Milliarden Dollar summieren wird. Wahrscheinlich dürfte die Endabrechnung sogar noch höher ausfallen. Da aber das Geld nicht auf einmal abfließen wird, sondern über Jahre, sollte das für einen großen Konzern wie Boeing finanzierbar sein. Zudem wird die Kompensation für Airlines auch in anderer Form stattfinden, etwa über Preisnachlässe bei künftigen Bestellungen

Allerdings fehlen Boeing wegen des Auslieferverbots für die Max aktuell massiv Einnahmen zur Finanzierung all dieser Kosten. Interessant wird deshalb am kommenden Mittwoch der Blick auf das Cashflow-Statement sein. Der Mittelzufluss aus dem operativen Geschäft dürfte deutlich eingebrochen sein.

Schon in den ersten neun Monaten hat die Max-Krise hier Spuren hinterlassen. Der operative Cashflow war von 12,4 Milliarden auf minus 226 Millionen Dollar abgerutscht. Zieht man die Investitionen in Sachanlagen (Capex) ab, ergibt sich ein Minus von 1,6 Milliarden Dollar. Boeing verbrennt also im Moment Geld und wird das wohl vorerst auch weiter tun.

Da Flugzeughersteller traditionell eher wenig Eigenkapital haben und sich zu einem großen Teil über die Anzahlungen der Kunden finanzieren, braucht Boeing vorübergehend andere Geldquellen. So kündigte das Unternehmen vor wenigen Tagen an, bei der Citibank zehn Milliarden Dollar an Kredit aufnehmen zu wollen. Im Dezember hatte Boeing seine Kreditlinien bereits verdoppelt, auf rund 9,5 Milliarden Dollar.

Für Investoren bedeutet das: Die Max-Krise wird den Konzern noch auf Jahre hinaus beschäftigen. 50 Milliarden Dollar habe man in den zurückliegenden fünf Jahren an die Aktionäre ausgeschüttet, erklärt das Unternehmen auf seiner Webseite stolz. Davon 15 Milliarden Dollar über Dividenden und 35 Milliarden Dollar über Aktienrückkäufe. Vorerst sollten die Aktionäre wohl besser nicht auf weitere „Geschenke“ dieser Art hoffen.

Mehr: Bombardier und der französische Rivale Alstom sprechen einem Bericht zufolge über eine Fusion ihres Zug-Geschäfts. Die Anleger reagieren erfreut.