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Zensur!

Jeder Mensch hat eine eigene Wahrnehmung der Wirklichkeit. Und bekanntlich findet jeder eine Entsprechung dieser Wirklichkeit in der Welt – mal mit mehr oder weniger Mühe. Wer das soziale Netzwerk Facebook öffnet, dem wird diese Mühe abgenommen. Für fast jede noch so krude Theorie findet sich die entsprechende Bestätigung. Fake-News sei Dank. Doch mit diesen mal absurden, mal gefährlichen Märchenerzählungen soll Schluss sein. In Deutschland arbeitet Facebook jetzt mit dem Recherchezentrum „Correctiv“ zusammen, um die Falschmeldungen im Netz zu bekämpfen. Weitere Medienpartner sollen folgen. Doch das Problem der Fake-News wird sich damit nicht lösen lassen.

Ein Klick soll ausreichen: Erkennt der Nutzer auf Facebook eine Meldung mit gefälschtem Inhalt setzt sich ein Prozess in Gang. Die Journalisten bei „Corretiv“ überprüfen, wie es mit dem Inhalt bestellt ist. Halbwahrheiten? Kompletter Unsinn? Anschließend soll die entsprechende Meldung mit einem Hinweis gekennzeichnet werden, eventuell sogar mit einem Link zu einem Artikel, der den wirklichen Sachverhalt darstellt. Nur was gegen Recht und Richtlinien verstößt, wird gelöscht. Hat lange gedauert, hört sich aber gut an.

Manch ein Kritiker sieht in der Debatte um Fake-News ein politisch aufgebauschtes Problem. Die Dimension der Fake-News in Deutschland sei nicht der Rede wert. Das ist zweifellos richtig, die krassen Fälle der Verbreitung von Falschmeldungen kommen fast alle aus den Vereinigten Staaten. Zurücklehnen sollte sich deswegen aber keiner. Schließlich steht in diesem Jahr die Wahl im bevölkerungsreichsten Bundesland NRW an und im Herbst die Bundestagswahl. Und auch hierzulande gibt es Beispiele von Falschmeldungen, die in gewissen Kreisen für Aufregung sorgen. Man denke nur an das „Sonne-Mond-und-Sterne-Fest“ – alle Jahre wieder machen Meldungen die Runde, dass irgendeine Kindertagesstätte irgendwo in Deutschland den Martinsumzug aus Respekt vor andersgläubigen Kindergartenkindern in Sonne-Mond-Irgendwas oder Lichterfest umbenennen würde. Und jetzt alle mal aufregen: Vorauseilender Gehorsam! Übertriebene politische Korrektheit! Untergang des Abendlandes!

Wie man zu dem vermeintlichen Inhalt der Nachricht steht, sei jetzt einmal dahingestellt. Der Wahrheitsgehalt ist allerdings ziemlich niedrig, . Das kann man auf den ersten Blick lustig finden, fällt aber auf einen gefährlichen Nährboden.

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Unser Nachbarland Tschechien erkennt in den Fake-News eine politische Gefahr: Im Herbst wird hier ein neues Parlament gewählt. Zu Beginn des Jahres nahm ein „Zentrum gegen Terrorismus und hybride Gefahren“ mit rund 20 Mitarbeiter die Arbeit auf. Es soll sich auch um im Netz verbreitete Falschmeldungen kümmern. Dabei liegt immer die Gefahr nahe, dass sich eine staatliche Stelle oder auch ein Unternehmen das Monopol über die Wahrheit erhält. Es ist unter diesem Aspekt nur zu begrüßen, dass Facebook ein Recherchezentrum wie „Correctiv“ ins Boot holt.

Aber selbst wenn „Correctiv“ die Arbeit aufnimmt und Falschmeldungen als solche bald mit einem Hinweis versehen werden, wird das wahrscheinlich nicht viel helfen. Schon jetzt schreien die Ersten von Zensur. Man möge sich die Gedankengänge mancher Menschen vorstellen, die den Fake-News-Hinweis auf Facebook lesen: Zensur von oberster Stelle! Na klar, der Staat will unliebsame Wahrheiten aussperren! Für die wird der Hinweis wohl nur eine weitere Bestätigung ihres Weltbildes sein. So ist es eben mit der Wahrnehmung von Wirklichkeit. Bei manchen wird einfach passend gemacht, was eigentlich nicht passt.

KONTEXT

Was man zu Hasskommentaren wissen sollte

Was ist "Hate Speech"?

Eine feste Definition des Begriffs "Hate Speech" gibt es nicht. Gemeint sind allgemein Meinungsäußerungen, die bestimmte Personen oder Personengruppen herabsetzen und verunglimpfen sollen. In der politischen Debatte geht es nur um solche Formen von Hate Speech, die gegen Gesetze verstoßen, insbesondere gegen Paragraphen des Strafgesetzbuchs (StGB). Ein Beispiel ist § 130 des Strafgesetzbuchs (Volksverhetzung). Diese Vorschrift verbietet es, zum Hass gegen eine nationale, rassische, religiöse oder durch ihre ethnische Herkunft bestimmte Gruppe, gegen Teile der Bevölkerung oder gegen einen Einzelnen wegen seiner Zugehörigkeit zu einer solchen Gruppe aufzustacheln oder zu Gewalt gegen sie aufzufordern. Außerdem ist danach unter bestimmten Umständen die Leugnung des Holocaust strafbar.

Quelle: Bundesjustizministerium.

Bundesjustizministerium

Wer definiert, welche Äußerungen rechtswidrige "Hate Speech" sind?

Weder das Bundesjustizministerium noch die vom Ministerium eingerichtete Task Force prüfen, ob konkrete Inhalte gegen Gesetze verstoßen und entscheiden daher auch nicht über die Entfernung von rechtswidrigen Inhalten. Diese Prüfung führen die in der Task Force vertretenen Unternehmen vielmehr in eigener Verantwortung und in eigener Zuständigkeit durch. Die Unternehmen haben zugesagt, hasserfüllte Inhalte und Aufstachelung zu Gewalt einerseits auf ihre Gemeinschaftsrichtlinien ("Community Standards") hin und andererseits auf Grundlage des deutschen Rechts zu überprüfen, sobald sie ihnen konkrete Inhalte dieser Art gemeldet worden sind.

Welche Themen werden betrachtet?

Thema der Task Force ist ganz generell der Umgang mit rechtswidrigen Hassbotschaften im Internet. Die Diskussion ist nicht auf rechtsextremistische Inhalte beschränkt, sondern umfasst rechtswidrige Aufrufe zu Hass und Gewalt unabhängig von ihren Motiven oder den Personen, gegen die sie sich richten. Fragen im Zusammenhang mit der Löschung konkreter Beiträge können nur die Unternehmen beantworten.

Verstößt die Löschung von Hassbotschaften gegen die Meinungsfreiheit?

In Deutschland gilt Meinungs- und Pressefreiheit. Das ist im Grundgesetz verankert. In Absatz 2 des entsprechenden Artikels 5 steht allerdings auch: "Diese Rechte finden ihre Schranken in den Vorschriften der allgemeinen Gesetze, den gesetzlichen Bestimmungen zum Schutze der Jugend und in dem Recht der persönlichen Ehre." Das heißt: Niemand darf sein Recht auf Meinungsfreiheit dafür nutzen, die Rechte anderer zu verletzen, zum Beispiel, indem er gegen sie hetzt, zu Gewalt aufruft oder sie verleumdet. Diese Gesetze gelten - sie müssen in sozialen Netzwerken aber konsequenter als bislang zur Anwendung kommen. Und nur darum geht es: Dass Kommentare, die gegen das Strafrecht verstoßen, gelöscht werden.

Wie unterscheidet sich das Löschen von rechtswidriger "Hate Speech" von der Strafverfolgung?

Die Strafverfolgung dient dazu, den verantwortlichen Autor zur Rechenschaft zu ziehen. Dies ist Sache der zuständigen Strafverfolgungsbehörden. Die Staatsanwaltschaften werden Anzeigen schnell prüfen und zur Anklage bringen, wenn die Voraussetzungen hierfür gegeben sind. Ziel des Löschens von rechtswidrigen Beiträgen ist es, für eine angemessene Kommunikationskultur zu sorgen und die vom Hass betroffenen Gruppen und Personen zu schützen. Die beiden Ziele ergänzen sich.

In welchem Verhältnis steht das Vorgehen der Task Force zum normalen Rechtsweg?

Die Task Force nimmt keine Prüfung von Inhalten vor und entscheidet auch nicht über die Entfernung von strafbaren Inhalten. Die strafrechtliche Verfolgung von Hasskriminalität im Internet obliegt den zuständigen Strafverfolgungsbehörden.