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„Dies ist die Zeit, um in Amerika zu heilen“

In Amerika beginnt „ein neuer Tag“ mit Joe Biden als gewähltem Präsident. Er will die transatlantischen Beziehungen reparieren und reicht seinen Gegnern die Hand. Donald Trump aber hat den Kampf noch nicht aufgegeben.

Nach seinem historischen Triumph über Donald Trump will der neu gewählte Präsident Joe Biden vier Jahre politischen Ausnahmezustand beenden und die tief gespaltenen USA einen. „Lasst uns diese düstere Ära der Dämonisierung hier und jetzt zu Ende gehen lassen“, sagte der 77-jährige Demokrat am Samstag in seiner Siegesrede in seinem Wohnort Wilmington (Delaware). „Ich verspreche, ein Präsident zu sein, der danach strebt, nicht zu spalten, sondern zu einen.“ Trumps Anhänger bat Biden, ihm eine Chance zu geben. Während Menschen in US-Metropolen auf den Straßen feierten, erkannte der amtierende Präsident das Ergebnis nicht an - er will klagen.

Biden war am Samstag von US-Medien im Rennen um das Weiße Haus zum Gewinner ausgerufen worden. Der Republikaner Trump stemmte sich allerdings gegen seine Abwahl nach nur einer Amtszeit: „Die einfache Tatsache ist, dass diese Wahl noch lange nicht vorbei ist“, teilte er mit. Der 74-Jährige hatte sich zuletzt als Opfer systematischen Wahlbetrugs dargestellt, ohne dafür stichhaltige Beweise vorzulegen. Mit Hilfe seiner Anwälte will Trump seine Niederlage noch abwenden. Die Erfolgsaussichten gelten aber als extrem gering. Anders als üblich verzichtete Trump auch darauf, den Gewinner anzurufen und seine Niederlage einzugestehen. Auch führende Republikaner blieben auffallend still.

Dennoch gratulierten bereits viele Staats- und Regierungschef dem gewählten Präsidenten Biden und der gewählten Vizepräsidentin Kamala Harris zum Wahlerfolg - unter anderem einer der engsten Verbündeten Trumps, Israels Regierungschef Benjamin Netanjahu.

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„Unsere transatlantische Freundschaft ist unersetzlich, wenn wir die großen Herausforderungen dieser Zeit bewältigen wollen“, hieß es in einem Glückwunschschreiben von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU). Sie wünschte Biden von Herzen Glück und Erfolg. „Und ich gratuliere ebenso Kamala Harris, der gewählten ersten Vizepräsidentin ihres Landes“, teilte Merkel mit. Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier schrieb in einem Gastbeitrag für die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“: „Nutzen wir die Chance, gemeinsam mit einem von Joe Biden regierten Amerika die Demokratie und die Kraft der Vernunft in unseren Gesellschaften zu erneuern.“

Nach der geplanten Amtseinführung am 20. Januar wäre die 56 Jahre alte Harris nicht nur die erste Vizepräsidentin, sondern auch die erste Schwarze in dem Amt. In ihrer Siegesrede sprach sie von einer Zeitenwende. „Als unsere Demokratie selbst auf dem Wahlzettel stand, die Seele Amerikas auf dem Spiel stand und die Welt zuschaute, habt Ihr einen neuen Tag für Amerika eingeläutet“, sagte Harris.

Die Amerikaner hätten sich mit der Wahl Bidens für Hoffnung, Einheit, Wissenschaft und Wahrheit entschieden, sagte sie. „Auch wenn ich die erste Frau in diesem Amt sein mag, werde ich nicht die letzte sein. Denn jedes kleine Mädchen, das heute Nacht zuschaut, sieht, dass dies ein Land der Möglichkeiten ist.“

Nach einer tagelangen Zitterpartie besiegelte Bidens Erfolg im Schlüsselstaat Pennsylvania am Samstag Trumps Abwahl. Eine Abwahl nach nur einer Amtszeit war zuletzt 1992 bei George Bush senior der Fall. Biden kam am Ende einer tagelangen Zitterpartie über die Marke von 270 Wahlleuten, die für einen Erfolg erforderlich sind.

In den USA wurden nicht nur ein Präsident, sondern auch die 435 Abgeordneten im Repräsentantenhaus und rund ein Drittel der 100 Senatoren gewählt. Biden wird aller Voraussicht nach auf eine Mehrheit seiner Demokraten im Repräsentantenhaus setzen können. Bei den Wahlen zum US-Senat geht das Hoffen und Bangen für das Team Biden & Harris weiter. Zwei Senatssitze im Bundesstaat Georgia werden erst am 5. Januar in einer Stichwahl entschieden. Die Demokraten müssen beide nach bisherigem Stand für sich entscheiden, um auch in dieser zweiten Parlamentskammer auf eine Mehrheit bauen zu können.

Der Senat hat entscheidenden Einfluss, wie ein Präsident seine Agenda umsetzen kann. Er bestätigt auch hochrangige Regierungsmitarbeiter wie Minister sowie Richter am Obersten Gericht. Bei einem Amtsenthebungsverfahren spielt der Senat die Rolle eines Gerichts.

Der gewählte Präsident kündigte bei seiner Rede in Wilmington an, sofort den Kampf gegen die Pandemie aufzunehmen. Schon am Montag will er dafür einen Expertenrat vorstellen. Er werde im Kampf gegen das Virus keine Mühe scheuen, betonte Biden. Die „führenden Wissenschaftler und Experten“ würden ihm helfen, einen „Aktionsplan“ zu entwickeln, der schon ab dem Tag seiner Amtseinführung am 20. Januar umgesetzt werden könne. Mit der Ankündigung in seiner Siegesrede, die sonst eher allgemein blieb, unterstrich Biden die Bedeutung des Kampfes gegen die Pandemie für seine Amtszeit.

Die USA verzeichneten am Tag von Bidens Sieg einen neuen Höchstwert an täglichen Neuinfektionen: Nach Daten der Johns-Hopkins-Universität in Baltimore wurden am Samstag 126 742 Neuansteckungen registriert. Der Wert lag am dritten Tag in Folge bei mehr als 120 000. In den USA mit ihren 330 Millionen Einwohnern sind seit Beginn der Pandemie mehr als 9,8 Million Infektionen mit dem Coronavirus nachgewiesen worden. Mehr als 237 000 Menschen kamen ums Leben.

Einfach dürfte es für Biden als Präsident nicht werden. „Die Wahlergebnisse zeigen auf jeder Ebene, dass das Land nach wie vor tief und bitter gespalten ist“, erklärte Ex-Präsident Barack Obama, der bei allen Amerikanern für die Unterstützung Bidens warb. Nach bisherigem Stand der Stimmenauszählung hatten mehr als 70 Millionen Wähler Trump ihre Stimme gegeben - fast 48 Prozent.

Biden will nicht nur das Land heilen, sondern auch die Beziehungen zu Verbündeten in aller Welt kitten und die USA in internationale Abkommen zurückführen. Zum Beispiel hat er eine Rückkehr der USA ins Pariser Klimaschutzabkommen angekündigt. Auch mit der Weltgesundheitsorganisation (WHO) will er - anders als Trump - weiter zusammenarbeiten.

Die Nachricht von Trumps Abwahl löste vor allem in den liberalen Großstädten Jubel aus. Zehntausende gingen dort auf die Straße, tanzten, sangen und tranken Sekt. Menschenmengen feierten den neu gewählten Präsidenten auch ausgelassen an der Nordseite des Weißen Hauses, während der Amtsinhaber im Inneren seine Wahlbetrugs-Vorwürfe bei Twitter erneuerte. In einigen Städten demonstrierten auch Trump-Unterstützer gegen den angeblichen Wahlbetrug. Zu befürchteten Ausschreitungen kam es zunächst nicht.

In den USA ist es üblich, dass die Präsidentenwahl auf der Basis von Prognosen großer Medienhäuser entschieden wird - normalerweise noch in der Wahlnacht. Die amtlichen Ergebnisse kommen teils erst viel später. Wegen der Corona-Pandemie hatten Millionen Amerikaner dieses Jahr aber per Brief abgestimmt, weshalb sich die Auszählung der Stimmen hinzog. Der US-Präsident wird nur indirekt vom Volk gewählt. Die Stimmen der Wähler entscheiden über die Zusammensetzung des Wahlkollegiums, das den Präsidenten dann im Dezember wählt. Für einen Sieg braucht ein Kandidat die Mehrheit der 538 Wahlleute.

Die Auszählung der Stimmen dauerte unterdessen in mehreren Bundesstaaten noch an. In Georgia, Nevada, Arizona, North Carolina und Alaska gab es noch keinen Gewinner. Die ersten drei Staaten dürften relativ sicher an Biden gehen, die letzteren an Trump.

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