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Zahlreiche Unwägbarkeiten bedrohen die leichte Erholung im Dax

Die Erholung am deutschen Aktienmarkt bedeutet keine Entwarnung. Es könnte noch Monate dauern, bis die tatsächlichen Auswirkungen der Krise abschätzbar sind.

Als Folge der Coronavirus-Krise sind weitere Kursverluste am deutschen Aktienmarkt möglich. Foto: dpa
Als Folge der Coronavirus-Krise sind weitere Kursverluste am deutschen Aktienmarkt möglich. Foto: dpa

Anleger in Deutschland konnten zum Wochenschluss erst einmal aufatmen: Nachdem die Ausbreitung des Coronavirus zum schnellsten Kurseinbruch in der Geschichte des Dax geführt hatte, startete der deutsche Leitindex am Donnerstag und Freitag eine leichte Erholung. Doch die Hoffnung auf eine nachhaltige Trendwende hielt nicht lange an. An den US-Börsen drehten die Kurse im weiteren Handelsverlauf wieder ins Minus.

Das zeigt: Die Schwäche an den internationalen Aktienmärkten dürfte auch in der nächsten Zeit anhalten. Kurzfristig könnten die Kurse durchaus Gegenreaktionen zeigen, etwa wenn es zu umfangreichen Fiskalmaßnahmen der Staaten kommt, heißt es in einer Studie der DZ Bank. Doch das tatsächliche Risiko sei immer noch unbekannt. Die Infektion breite sich weiter aus, und die Gefahren für die Konjunktur bleiben sehr hoch. „Es dürften noch Monate vergehen, bis die tatsächliche Wirkung auf die Unternehmen und deren Gewinnentwicklung sichtbar wird“, konstatiert Christian Kahler, Analyst bei dem genossenschaftlichen Zentralinstitut.

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Noch dramatischer formuliert es Daniel Schär, Experte von der Weberbank: „Wir befinden uns in der Mitte eines wild wütenden, historisch einmaligen Sturms, der über die Wirtschaft und die Finanzmärkte hinwegfegt.“ Es werde zwar von den Regierungen und Notenbanken alles unternommen, um die Auswirkungen der Pandemie zu begrenzen. Die Wirtschaft werde aber in eine Rezession abgleiten. „Die Tiefe und Dauer der Rezession hängt von der Dauer der Einschränkungen des öffentlichen Lebens ab, die wir hinnehmen müssen, um die Pandemie zu überstehen." Erst am Freitag haben viele Bundesländer weitreichendere Ausgangssperren für die Bürger beschlossen. Zahlreiche Firmen mussten bereits Kurzarbeit anmelden.

Viele Anlageprofis gehen dennoch davon aus, dass nach dem starken Kursrutsch der größte Teil der Verluste überstanden sein könnte. Trotz der jüngsten Erholungstendenzen beträgt das Minus im Dax seit dem Allzeithoch Mitte Februar bei 13.795 noch gut 35 Prozent. Dass der schlimmste Absturz wohl vorbei ist, begründen die Finanzexperten damit, dass der deutsche Leitindex bereits in Richtung seines Buchwerts gefallen ist.

Vereinfacht gesagt, ergibt sich der Buchwert eines Unternehmens aus dem Vermögen in der Bilanz abzüglich der Schulden. Er bildet also das bilanzielle Eigenkapital ab. Fällt der Aktienkurs des Unternehmens unter diesen Wert, gilt es an der Börse als unterbewertet.

Markt startet Versuch einer Bodenbildung

Laut Andreas Hürkamp, Aktienstratege bei der Commerzbank, werde der Markt nun versuchen, einen Boden zu finden. Das könne aber lange dauern. „Es kann sein, dass der Markt ein Jahr lang um den Buchwert schwankt.“ Hürkamp rechnet damit, dass die Analysten ihre Gewinnerwartungen für die nächsten zwölf Monate für die Dax-Konzerne um etwa 20 Prozent reduzieren werden. In diesem Szenario würde sich der Dax mittelfristig bei etwa 8700 Punkten stabilisieren.

Das könnte sich aber noch als zu optimistisch erweisen – angesichts dessen, dass die deutschen Autobauer, die einen wichtigen Anteil im deutschen Leitindex haben, vorübergehend ihre Produktion stoppen. Ein Abrutschen auf 7000 Zähler wäre laut Hürkamp daher denkbar. Auch Kahler von der DZ Bank weist darauf hin, dass die Kurse in einer Rezession in der Vergangenheit oft auch unter den Buchwert fallen.
Am Freitag schaffte der Dax allerdings zeitweise den Sprung über die Marke von 9200 Punkten und schloss mit einem Plus von 3,7 Prozent bei 8929 Zählern. An der Wall Street ging der Dow Jones-Index der Standardwerte dagegen mit einem Minus von 4,6 Prozent aus dem Handel, der technologielastige Nasdaq gab 3,8 Prozent ab. Die Nervosität der Anleger ist auch in den USA vor allem in den immer stärkeren Einschnitten ins öffentliche Leben begründet. So sollen etwa im Staat New York alle Arbeitnehmer aus nicht relevanten Bereichen zu Hause bleiben.

US-Regierung plant Helikoptergeld

Um die Folgen der Pandemie für die Wirtschaft zu lindern, haben die Notenbanken und viele Regierungen weltweit bereits umfangreiche Maßnahmen auf den Weg gebracht. So hat die US-Notenbank Fed bereits zwei Mal die Zinsen gesenkt. Mit sogenanntem Helikoptergeld sollen Amerikas Verbraucher direkt unterstützt werden. Die Europäische Zentralbank kündigte in der abgelaufenen Woche ein neues Anleihekaufprogramm im Volumen von 750 Milliarden Dollar an. Am Freitag gaben führende Notenbanken zudem eine koordinierte Aktion bekannt, die die Versorgung von Geldhäusern mit günstigen Dollar-Krediten in der Virus-Krise sichern soll.

In Deutschland legen zudem Bund und Länder diverse Rettungsprogramme auf, um die heimischen Unternehmen während der Coronakrise zu unterstützen. Die Bundesregierung plant für dieses Jahr mit einem Nachtragshaushalt in Höhe von rund 156 Milliarden Euro. Dieser soll vollständig über Schulden finanziert werden.

„Koordinierte geld- und fiskalpolitische Maßnahmen bieten den betroffenen Firmen und Industrien eine Unterstützung, aber sie kommen zu spät, um alle zu schützen. Eine langsame wirtschaftliche Erholung dürfte es erst im vierten Quartal geben“, meint Mark Haefele, Chefanlagestratege im weltweiten Vermögensmanagement der UBS. „Die Börsen hassen Unsicherheit - daher ist für sie nichts wichtiger, als erste echte Anhaltspunkte dafür, wann das Virus soweit unter Kontrolle gebracht werden kann, dass wieder normales Wirtschaftsleben absehbar ist“, sagt Robert Greil, Chefstratege von der Privatbank Merck Finck.

Anleger in Deutschland hoffen daher in den Konjunkturdaten auf Hinweise, wie stark die Wirtschaft unter den Maßnahmen zur Bekämpfung der Pandemie leidet. Der ifo-Geschäftsklimaindex, der die Stimmung der Unternehmen widerspiegelt, brach laut vorläufigen Zahlen im März mit 87,7 Punkten auf den niedrigsten Stand seit August 2009 ein. Damals zeigte die Finanz- und Schuldenkrise ihre Auswirkungen auf die Wirtschaft. Auch bei den Einkaufsmanagerindizes, die am Dienstag veröffentlicht werden, wird mit einem Rückgang gerechnet.

Medizinbranche steht im Fokus

Die Geschäftsergebnisse der Unternehmen rücken dagegen in den Hintergrund. Anleger schauen nun vor allem darauf, welchen Ausblick die Konzernlenker geben. Viele Firmen haben bereits ihre Prognosen für das laufende Jahr drastisch zusammengestrichen. Am Montag veröffentlicht beispielsweise das Energieunternehmen Innogy seinen Jahresbericht, am Mittwoch stehen die Zahlen des Versorgers Eon und dem Immobilienkonzern Deutsche Wohnen auf der Agenda. Am Donnerstag folgen die Telekommunikationsunternehmen United Internet und Drillisch.

Mehr Aufmerksamkeit bekommen die Nachrichten aus der Medizin. Die beste Meldung dabei wäre ein Impfstoff gegen das Virus, mit dem nach Einschätzung des Robert-Koch-Instituts aber erst 2021 zu rechnen ist. Auch ein wirksames Medikament könnte die Stimmung an der Börse heben.