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Zahl der Langzeitarbeitslosen wieder knapp unter der Millionen-Marke

Die Arbeitslosigkeit ist im Dezember nur im saisonal üblichen Rahmen gestiegen. Doch wer schon lange ohne Job ist, hat es immer schwerer.

Insgesamt ist der Arbeitsmarkt bislang vergleichsweise glimpflich durch die Coronakrise gekommen. Aber ein Aspekt macht dem Chef der Bundesagentur für Arbeit (BA), Detlef Scheele, dann doch Sorgen: der Anstieg der Langzeitarbeitslosigkeit. „Dass das, was wir erreicht haben, wie Schnee in der Sonne wegschmilzt, ist schon bitter“, sagte Scheele am Freitag bei der Präsentation der Arbeitsmarktdaten für Januar.

Als langzeitarbeitslos gelten Menschen, die seit mindestens einem Jahr vergeblich einen Job suchen. Dank des Beschäftigungsbooms der vergangenen Jahre war auch die verfestigte Arbeitslosigkeit zurückgegangen. Zählte die BA im Jahresdurchschnitt 2008 noch 1,3 Millionen Langzeitarbeitslose, so war die Zahl bis zum Jahr 2019 auf gut 727.000 zurückgegangen.

Im Zuge der Coronakrise ist jetzt wieder ein starker Anstieg zu verzeichnen. Im Januar registrierte die Nürnberger Behörde gut 989.000 Langzeitarbeitslose, im Februar werde man wohl wieder die Marke von einer Million überschreiten, erwartet Scheele. Allein von Dezember auf Januar ist die Zahl um 60.000 oder sieben Prozent gestiegen.

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Weil Arbeitslose wegen der Corona-Pandemie derzeit nur schwer einen Job finden, verfestigt sich ihre Situation zunehmend. Auch die Förderung findet nur noch eingeschränkt statt. Schnelle Besserung sei kaum zu erwarten, sagte Scheele. Denn sollte die Konjunktur wieder anziehen, würden die Firmen zunächst ihre Mitarbeiter aus der Kurzarbeit holen, statt neues Personal einzustellen.

Qualifizierung wird dringlicher

Umso wichtiger sei es jetzt, Langzeitarbeitslose zu qualifizieren. Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) hat bereits Pläne für eine Reform der staatlichen Grundsicherung vorgelegt. So sollen Langzeitarbeitslose, die Arbeitslosengeld II oder umgangssprachlich Hartz IV beziehen, künftig nicht mehr gezwungen sein, jeden Job anzunehmen, auch wenn sie dafür eine Qualifizierungsmaßnahme oder Aus- und Weiterbildung abbrechen müssen. Ein Berufsabschluss oder eine Weiterbildung soll Vorrang haben vor einer kurzfristigen Vermittlung in ein Arbeitsverhältnis.

Weil aber Heil unter anderem auch die Bedürftigkeitsprüfung bei Hartz-IV-Empfängern für zwei Jahre aussetzen will, gibt es Widerstand gegen seinen Gesetzentwurf aus der Union. Scheele mahnte, das Gesetz nicht dem Wahlkampf zu opfern, sondern schnell auf den Weg zu bringen: „Wir brauchen die gesetzlichen Verbesserungen“, sagte er.

Insgesamt registrierte die BA im Januar 2,9 Millionen Arbeitslose, 193.000 mehr als im Dezember und 475.000 mehr als im Vorjahresmonat. Der saisonal übliche Anstieg bewegt sich dabei etwa im Rahmen der Vorjahre. Der Arbeitsmarkt sei „weiter in einer wirklich robusten Verfassung“, sagte Scheele, auch wenn einige Branchen infolge des Teillockdowns Beschäftigung abbauten.

Knapp 2,3 Millionen Beschäftigte sind in Kurzarbeit

Das Niveau der Kurzarbeit bleibt weiter hoch. So gingen bei den Arbeitsagenturen von November bis Januar Kurzarbeitsanzeigen von 170.000 Unternehmen ein. Das waren mehr als im gesamten Rezessionsjahr 2009 mit 165.000. Nach Hochrechnungen der BA gab es im November noch 2,26 Millionen Kurzarbeiter, in der Spitze waren es im April fast sechs Millionen.

Bisher kaum durchgeschlagen hat die Coronakrise auf die staatliche Grundsicherung. Die Zahl der erwerbsfähigen Hartz-IV-Bezieher ist von März 2020 bis Januar dieses Jahres relativ moderat um 59.000 gestiegen. Die Zahl der „Aufstocker“, die ihr Arbeitseinkommen oder Kurzarbeitergeld noch mit Hartz IV aufbessern, lag im September bei 926.000 und ist damit gegenüber dem Vorjahresmonat sogar um acht Prozent gesunken.

Das überrascht, sind doch gerade besonders viele Menschen aus Branchen in Kurzarbeit, in denen tendenziell eher weniger verdient wird, dem Einzelhandel oder der Gastronomie beispielsweise. Die Gewerkschaften trommeln deshalb für ein Mindestkurzarbeitergeld von 1200 Euro, weil Geringverdiener in Kurzarbeit sonst nicht über die Runden kämen.

Zahl der „Aufstocker“ ist gesunken

Offenbar habe aber die von der Politik beschlossene Aufstockung des Kurzarbeitergelds auf bis zu 80 Prozent beziehungsweise 87 Prozent für Beschäftigte mit Kindern den Bedarf an ergänzenden Hartz-IV-Leistungen gedämpft, sagte BA-Chef Scheele. Auch wisse man ja nichts über die familiäre Situation der Kurzarbeiter. Wenn es einen Partner gebe, der weiter gut verdiene, könnten sie durchaus über die Runden kommen. Und sicherlich gebe es auch Menschen, die sich scheuten, einen Antrag auf ergänzende Grundsicherung zu stellen.

Diesen Verdacht hegt auch der arbeitsmarktpolitische Sprecher der Grünen-Bundestagsfraktion, Wolfgang-Strengmann-Kuhn. Am Donnerstag habe das Statistische Bundesamt gemeldet, dass mehr als drei Millionen Erwerbstätige ein Einkommen unter der Armutsrisikogrenze hätten. „Mit dieser Zahl werden auch viele Erwerbstätigen erfasst, die einen nicht erfüllten Anspruch auf ergänzendes Arbeitslosgengeld II haben“, sagte Strengmann-Kuhn.

Dabei habe der von der Bundesregierung beschlossene erleichterte Zugang zur Grundsicherung ja gerade das Ziel, dass in Not geratene Selbstständige, aber auch Geringverdienende mit Kurzarbeitergeld, besser abgesichert sind. Ganz offensichtlich habe aber das jetzige Grundsicherungssystem trotz verbesserter Zugangsbedingungen immer noch zu hohe Hürden und wirke abschreckend.