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„Die Zahl erschreckt“

Wie begründet man einen Verlust von 16 Milliarden Euro? Offen, aber knapp. Eon-Chef Johannes Teyssen schildert lieber die Vorzüge der neuen Energiewelt. Die Aktionäre sind skeptisch – und setzen Teyssen unter Druck.

Eon-Chef Johannes Teyssen weiß natürlich um die Befindlichkeiten seiner Aktionäre. 16 Milliarden Euro Verlust hat der Energiekonzern im vergangenen Jahr verbucht – nur einmal in der deutschen Geschichte war ein Unternehmen noch schlechter: Die Deutsche Telekom wies 2002 sogar einen Fehlbetrag von 24,6 Milliarden Euro aus. Wie konnte das nur passieren?

„Die Zahl erschreckt auf den ersten und auch auf den zweiten Blick“, räumte Teyssen auf der Hauptversammlung seines Unternehmens in der Essener Grugahalle auch unumwunden ein. „Natürlich schmerzt diese Zahl“, sagt Teyssen. „Sie relativiert sich bei genauer Analyse dann aber doch“, fügte der Vorstandschef direkt hinzu. Das sei eben der Preis für den Neustart: Gewaltige Abschreibungen und der neue Atomfonds hätten die Bilanz belastet.

Eon hatte Anfang 2016 das alte Geschäft mit den Kohle- und Gaskraftwerken und dem Großhandel in die neue Uniper SE abgespalten. Der Energiekonzern selbst behielt erneuerbare Energien, Vertrieb und Netze und verschrieb sich damit komplett dem Geschäft mit der Energiewende. Beim Börsengang von Uniper, als Eon den eigenen Aktionären 53,35 Prozent der Aktien überschrieb, musste Teyssen gigantische Buchwerte korrigieren. 14 Milliarden der 16 Milliarden Euro Verlust resultierten alleine aus den Geschäftsbereichen, die jetzt Uniper fortführe, sagte Teyssen in Essen.

Die restlichen zwei Milliarden Euro bringe der neue Atomfonds mit sich, auf den sich die Atomkonzerne mit der Bundesregierung geeinigt haben. Der Fonds wird den Unternehmen die Verantwortung für die Zwischen- und Endlagerung des Atommülls abnehmen, der Bund verlangt dafür aber neben den dafür gebildeten Rückstellungen auch noch einen Risikozuschlag. Eben jene zwei Milliarden Euro. „Aber keine dieser gewaltigen Zahlen war im letzten Jahr auszahlungswirksam“, sagt Teyssen, „kein Euro hat den Eon-Konzern wegen dieser Verluste in 2016 verlassen.“

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„War es das wert? Haben Sie in der letzten Hauptversammlung zu Recht der Aufspaltung der alten Eon zugestimmt?“, fragte Teyssen offensiv – und lieferte die Antwort auf die Frage direkt mit: „Meine Antwort bleibt auch heute ein klares und überzeugtes ‚Ja‘!“

Eon habe einen „Schlussstrich“ gezogen, um die Zukunft „frei und ohne Altlasten“ beginnen zu können – und vor allem funktioniere die neue Eon: Die Zahlen im neuen Kerngeschäft zeigten, dass Eon liefere. Die Aktivitäten, die heute das operative Kerngeschäft der neuen Eon ausmachten, hätten sich 2016 „sehr ordentlich entwickelt“, ein Ergebnis vor Zinsen und Steuern (Ebit) von 3,1 Milliarden Euro erreicht – und damit am oberen Ende der Prognose. Auch das erste Quartal sei planmäßig verlaufen. Und dann bekämen die Aktionäre zwar nicht mehr die Dividende von 50 Cent wie im vergangenen Jahr – aber trotz der schmerzhaften Trennung immerhin 21 Cent pro Aktie.

Die Aktionäre konnten Teyssen zum Teil folgen. „Das Eigenkapital ist fast aufgezehrt“, sagte Thomas Deser, Portfoliomanager bei Union Investment, zwar, „doch mit der neuen Aufstellung und den schmerzhaften Wertberichtigungen hat man endlich reinen Tisch gemacht und die Weichen für die Zukunft richtig gestellt.“

Klaglos nehmen die Investoren die schlechte Bilanz aber nicht hin – und nehmen speziell den Vorstandschef in die Pflicht. Deser bezeichnete Teyssen als „Überlebenskünstler“. Teyssen habe zwar mit „widrigsten Rahmenbedingungen“ zu kämpfen gehabt wie der Ökostromschwemme durch das Erneuerbare-Energien-Gesetz. Teyssen habe aber auch Fehler gemacht. Unter seiner Regie habe Eon „ambitionierte Vorstöße“ in neue Märkte wie Brasilien und die Türkei gemacht, die sich „nicht ausgezahlt“ hätten – und auch bei der Aufspaltung sei Teyssens ursprünglicher Plan gescheitert, die Kernkraftwerke mit abzuspalten: „Herr Teyssen, ihre bisherige Bilanz ist durchwachsen, in sieben Jahren schrieb Eon nur dreimal schwarze Zahlen“, sagte Deser und forderte: „Sie brauchen jetzt dringend Erfolge!“ Das Geschäftsmodell der neuen Eon sei kein Selbstläufer. Die neue Energiewelt werde keine „leichte Energiewelt.“


„Für uns Aktionäre war es erstmal ein Schlag ins Kontor“

„Dieser Strategieschuss muss jetzt sitzen“, mahnte auch Thomas Hechtfischer von der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW): „Für uns ist der Nachweis, dass die Abspaltung die richtige Strategie ist, noch nicht vollständig erbracht.“ Hechtfischer stellte die Frage, ob die Abspaltung nicht zu viel Kraft gekostet habe, die man besser in den Ausbau der erneuerbaren Energien hätte stecken können. Er verwies auf Konkurrent EnBW, der genau diese Strategie eingeschlagen habe.

„Auf der letzten Hauptversammlung sprachen Sie von einem Befreiungsschlag“, hielt Alexander Elsmann von der Deutschen Schutzgemeinschaft der Kapitalanleger (SDK) fest, „für uns Aktionäre war es erstmal ein Schlag ins Kontor.“ Die Aktie habe 25 Prozent an Wert verloren. Seit 2008 habe sich der Marktwert von Eon um 80 Milliarden Euro verringert. Der Verlust von 16 Milliarden Euro sei schon ein Einschnitt gewesen.

Nach Teyssens Worten haben die Aktionäre jetzt aber alle Altlasten hinter sich gelassen und sind endlich in der neuen Energiewelt angekommen. Die sei keine „Vision“ mehr, sondern längst Realität und Eon sei dafür der perfekte Partner. Die Kunden wollten sauberen Strom, diesen selbst produzieren und von der Digitalisierung profitieren.

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Und genau darauf sei der Energiekonzern jetzt ausgerichtet: „Wir wollen der beste, der kreativste und der leistungsfähigste Energiepartner sein“, versprach Teyssen vollmundig: „Wir beherrschen genau die Technologien und Zukunftsfelder, die für die neue Energiewelt Grundlage und Erfolgsbausteine sind: Moderne regionale Energienetze, effiziente Erneuerbare Energien und innovative und vielfältige Kundenlösungen.“

Eon sei jetzt „ein Unternehmen, das sich auf den Weg gemacht hat, eine neue Erfolgsstory ins Werk zu setzen“, schwärmte Teyssen und sparte nicht mit großen Worten: „Mit innovativen und guten Angeboten für unsere Kunden, mit zukunftsfähigen und spannenden Arbeitsplätzen für unsere Mitarbeiter und mit wertschaffendem Wachstum und attraktiven Dividenden für unsere Aktionäre.“ Letzteres würde auch die Aktionäre nach dem dramatischen Jahr 2016 wieder versöhnen.

„Nach vielen verlorenen Jahren für die Aktionäre heißt es jetzt nach vorne schauen, damit mittel- und langfristig auch wieder Wert geschaffen wird“, mahnte Portfoliomanager Deser.

KONTEXT

Vattenfall

Umsatz 2016: 9,3 Milliarden Euro

Die hundertprozentige Tochter des staatlichen schwedischen Energiekonzerns Vattenfall AB ging 2002 aus der Fusion der HEW und der Vereinigte Energiewerke AG sowie dem Bergbauunternehmen Lausitzer Braunkohle AG hervor, zu der Anfang 2003 die Berliner Bewag hinzu kam. Vattenfall betreibt in Deutschland die Kernkraftwerke Krümmel und Brunsbüttel. Wie auch die übrigen Top-Vier-versorger in Deutschland musste der Konzern 2016 einen Umsatzrückgang hinnehmen.

EnBW

Umsatz 2016: 19,4 Milliarden Euro

Die Energie Baden-Württemberg AG erwirtschaftete noch 2010 mehr als die Hälfte ihres Gewinns aus dem Betrieb der vier konzerneigenen Kernkraftwerke Neckarwestheim eins und zwei, sowie Philippsburg eins und zwei. Nach der Atomkatastrophe von Fukushima wurden die Werke Neckarwestheim eins und Philippsburg eins im Rahmen des Atom-Moratoriums 2011 stillgelegt. Der Anteil erneuerbarer Energieträger am EnBW-Energiemix soll bis 2020 von 12 auf 40 Prozent erhöht werden

Eon

Umsatz 2016: 21,8 Milliarden Euro

Der Energiekonzern Eon vollzog 2016 eine radikale Aufspaltung: Das traditionelle Energiegeschäft bestehend aus konventioneller Erzeugung (einschließlich Wasserkraft, ohne Kernenergie), globalem Energiehandel und dem Russland-Geschäft wurde in die eigenständige Gesellschaft Uniper ausgelagert. Eon will sich mit den verbliebenen Sparten erneuerbare Energien, Vertrieb und Netze komplett auf den Energiemarkt der Zukunft ausrichten.

RWE

Umsatz 2016: 25 Milliarden Euro

Den umgekehrten Weg zu Eon ging ebenfalls 2016 RWE. Der Energiekonzern überführte nicht das traditionelle, sondern das Zukunftsgeschäft in eine neu gegründete Tochtergesellschaft mit Namen Innogy und brachte diese an die Börse. Im Zuge des Atom-Moratoriums wurden 2011 die RWE-Reaktoren Biblis A und B durch die Bundesnetzagentur stillgelegt.