Werbung
Deutsche Märkte geschlossen
  • DAX

    17.737,36
    -100,04 (-0,56%)
     
  • Euro Stoxx 50

    4.918,09
    -18,48 (-0,37%)
     
  • Dow Jones 30

    37.940,91
    +165,53 (+0,44%)
     
  • Gold

    2.410,10
    +12,10 (+0,50%)
     
  • EUR/USD

    1,0653
    +0,0007 (+0,06%)
     
  • Bitcoin EUR

    60.379,26
    +1.273,22 (+2,15%)
     
  • CMC Crypto 200

    1.383,74
    +71,12 (+5,42%)
     
  • Öl (Brent)

    83,25
    +0,52 (+0,63%)
     
  • MDAX

    25.989,86
    -199,58 (-0,76%)
     
  • TecDAX

    3.187,20
    -23,64 (-0,74%)
     
  • SDAX

    13.932,74
    -99,63 (-0,71%)
     
  • Nikkei 225

    37.068,35
    -1.011,35 (-2,66%)
     
  • FTSE 100

    7.895,85
    +18,80 (+0,24%)
     
  • CAC 40

    8.022,41
    -0,85 (-0,01%)
     
  • Nasdaq Compositive

    15.318,01
    -283,49 (-1,82%)
     

Worauf Jeff Bezos sein Geld setzt

Wer Amazon hört, denkt vor allem an Handel. Damit ist der Online-Gigant reich geworden. Auch 2017 startet das Unternehmen mit einem kräftigen Gewinn. In welche spannenden Bereiche Amazon sein Geld steckt.

Für Scott Galloway ist Amazon ein neuer Typus Unternehmen. Einem, dem Profit zweitrangig ist. Und der dafür auch noch gefeiert wird. Galloway ist Professor für Marketing an der New York University Stern School of Business. Mit seinem Unternehmen L2 bewertet er die digitalen Leistungen von Marken – und tritt auf Konferenzen wie dem DLD in München auf. Dann spricht er wie ein Maschinengewehr und ballert dem staunenden Publikum Zahlen und Fakten um die Ohren.

So auch wieder Mitte April als er sich dem Wachstum des 1994 in Seattle von Jeff Bezos gegründeten Unternehmen widmete. Wann immer, so witzelte Galloway, der Gewinn bei Amazon zu hoch ginge, würde Bezos seine Führungskräfte versammeln und sicher fragen: „Was ist schief gelaufen?“. Profit, so Galloway, sei nachrangig. Und die Investoren begrüßten das auch noch.

Wenn es nach Galloways Interpretation von Bezos geht, ist bei den nun verkündeten Quartalszahlen wohl so ziemlich alles schief gegangen. Der Umsatz stieg in den ersten drei Monaten 2017 um 23 Prozent im Vergleich zum Vorjahr auf 35,7 Milliarden US-Dollar, auch der Gewinn pro Aktie (EPS) stieg auf 1,48 US-Dollar. Analysten hatten mit etwas weniger Umsatz und einem deutlich geringeren EPS von 1,08 Dollar gerechnet. Die Anleger bedankten sich mit einem nachbörslichen Kurssprung von rund fünf Prozent.

Amazon hat nun die Möglichkeiten, das weiter zu tun, was es am liebsten tut: Wachsen. Da wäre zum einen das personelle Wachstum. Waren es 2014 noch 154.000 Mitarbeiter weltweit in Voll- oder Teilzeit, stieg die Zahl 2015 auf 230.000. Der Sprung in 2016: noch mal 111.000 Mitarbeiter mehr. Am 31. Dezember 2016 waren es laut Amazon 341.400 Menschen, die ihr Geld bei dem als Buchhandel gestarteten Versandhändler verdienten. Das Wachstum geht weiter – die Zahl der Jobangebote in den verschiedenen Amazon-Unternehmen rangieren zwischen drei- und vierstellig. Ingenieure und Softwareentwickler werden bevorzugt.

WERBUNG

Zum anderen füllt Amazon durch Zukäufe ganzer Unternehmen und Beteiligungen in Start-ups Lücken, die das Unternehmen in seinen verschiedenen Sparten nicht schnell genug selbst füllen kann. Das reicht von der Übernahme eines Roboterherstellers, der die inzwischen 45.000 Logistikroboter von Amazon produziert, bis zu Investments in kleine Unternehmen, die sich um Softwarelösungen für Videos oder Serversicherheit kümmern.

Im Vergleich zu Google, Apple oder Facebook ist Amazon dabei zurückhaltend. Mit fünf Übernahmen bildet Amazon das Schlusslicht des Quartetts, das Scott Galloway als „The four Horsemen“ bezeichnet – basierend auf einem durch die Band Metallica bekannt gewordenen Rocksong auf deren Debutalbum. Dessen Titel war: „Kill ‚em all“.

Amazon macht in seinem Geschäftsgebaren sicher keine Gefangenen – ist bei Zukaufpolitik dennoch eher konservativ, urteilt Nat Burgess von der Beratung TechStrat in den USA. „Sie denken langfristig und lassen sich nicht von hochfliegenden Bewertungen verführen“, sagte Burgess dem Portal Geekwire.

Die Langfriststrategie, die sich aus den Aufkäufen ganzer Marken wie shoes.com oder dem Gesundheitsunternehmen Grail.com erkennen lässt, dürfte dennoch eine Reihe von Branchen nervös machen.


Die Säulen von Amazons Erfolg

Laut Jeff Bezos ruht Amazon auf drei Säulen:

1. Amazon Prime
Das Kaufabonnement Prime, erlaubt den Kunden schnellere Lieferung und Zugriff auf die Film- und Musikdatenbank. Wer das in Deutschland für 69 Euro jährlich abschließt, bekommt viele Bestellungen gratis und am nächsten Tag geliefert, kann in Amazons Leihbücherei Literatur für den Kindle runterladen, Videos und Musik per Streaming hören. In Berlin und München kommen Prime-Kunden sogar in den Genuss der Zustellung von Waren am gleichen Tag.

2. Amazon Web Services (AWS)
AWS ist das Rückgrat inzwischen zahlloser Unternehmen, die ihre digitalen Prozesse Amazons Servern anvertrauen, darunter in Deutschland unter anderem DB Regio, die IT ihrer sieben regionalen Rechenzentren über Amazons Cloud-Dienste bündeln möchte. Die Serverdienstleistung erwirtschaftet allein mehr als die Hälfte des Gewinns von Amazon.
In dem Segment tummeln sich mit IBM, Google und Microsoft vermeintlich technischere Unternehmen. Mit 30 Prozent Marktanteil steht Amazon jedoch einsam an der Spitze, knapp dreimal so groß wie sein unmittelbarer Verfolger Microsoft.

3. Marketplace
Das ist jener für den Kunden erst auf den zweiten Blick erkennbare Handelsplatz, auf dem Händler ihre Waren via Amazon-Homepage anbieten. Wie wichtig es für Amazon ist, diesen virtuellen Marktplatz mit tausenden von unabhängigen Händlern lebendig zu halten, zeigt allein die Investition von rund drei Milliarden US-Dollar in den indischen Markt und setzt die dortigen Wettbewerber Flipkart und Snapdeal unter Druck.

Die drei Säulen ruhen aber auf etwas, das in der Biographie des Ingenieurs Bezos zu finden ist: Innovative Technologie. Und eines der großen gesellschaftlichen Themen versucht Amazon für sich zu nutzen und gleichzeitig mit eigenen Technik weitere Unternehmen an sich zu binden: Künstliche Intelligenz.

Das am 26. April von Amazon vorgestellte Gerät „Alexa Look“ lässt erahnen, wohin die Reise geht. Die Weiterentwicklung des Sprachassistenten Amazon Echo hat wie dieser ein Mikrofon und kann via Sprachsteuerung Bahnverbindungen raussuchen und Geschirrspültabs nachbestellen. Verbaut ist aber auch eine Kamera. Vor die soll sich der Kunde in seiner Kleidung stellen und Alexa Look gibt dann Tipps, ob die Auswahl gut aussieht oder nicht. Ein Stilberater aus dem Computer.

Dahinter steckt AI – Artificial Intelligence. Jene Künstliche Intelligenz, die in der Lage ist, aus enormen Datenmengen sinnvolle Hinweise zu erstellen. Schon die sprachgesteuerte Bestellung erfordert einen technologisch anspruchsvollen Algorithmus. Die ästhetische Bewertung eines Outfits für die besonders Eitlen der Generation Selfie, basierend auf grundlegenden Regeln der Farbkombination, Modetrends und Vorgaben durch menschliche Stilberater per Computer – eine gewaltige Herausforderung für eine Software. Eines der wichtigen Unternehmen für Spracherkennung, Evi Technologies, hat Amazon bereits 2013 gekauft.


Amazon Prime wird für bestehende Branchen zur Bedrohung

Mit seinen Investitionen und Aufkäufen für Künstliche Intelligenz versucht sich Amazon, das in der Lage ist, riesige Datenmengen zu verarbeiten, eine Position als Spinne im Netz zu sichern. Über die Säule Amazon Web Services ebnet Bezos kleinen und mittleren Unternehmen den Weg zu dieser kostspieligen Technik.

„Wir sind mitten in einem offensichtlichen Trend: Lernende Maschinen und Künstliche Intelligenz. Sie treiben unsere Algorithmen für die Vorhersagen für Nachfragen, die Rankings für Produktsuchen und Empfehlungen für gute Deals, Betrugserkennung, Übersetzungen und vieles mehr“, schrieb Bezos in seinem jüngsten Brief an die Aktionäre.

Die wird auch rasch lernen, was die Prime-Kunden gerne zur Entspannung schauen. Und Prime wird auf einmal für bestehende Branchen eine Bedrohung. 4,5 Milliarden US-Dollar will die Tochter Amazon Studios 2017 für die Produktion eigener Inhalte investieren. Streaming-Konkurrent Netflix (z.B. Better Call Saul) – ein Kunde bei AWS – liegt mit sechs Milliarden zwar drüber, aber arrivierte Anbieter wie NBS (Seinfeld, Friends) mit 4,3 Milliarden oder HBO (The Wire, The Sopranos) mit 2,5 Milliarden schon dahinter.

Amazon, so Galloway, könne dank seiner enormen Größe einfach in einen Markt eintreten und diesen dominieren. Auch wenn das oft genug in der Geschichte des Unternehmens nicht funktioniert hat. Das Firephone als bekanntester Flop ist nicht der einzige – Reiseportale wie „Destinations“ oder auch das Bezahlsystem „Amazon Wallet“ konnten sich nicht durchsetzen.

Dem Wachstum des Unternehmens konnten diese Rückschläge keinen Einhalt gebieten. Auch die Quartalszahlen zeigen nur einen Trend: Wachstum. Wenn auch nicht zur Freude der Aktionäre. „In seinen 16 Jahren als börsennotiertes Unternehmen, hat Amazon die einzigartige Erlaubnis von der Wall Street erhalten, sich auf die Expansion seiner Infrastruktur zu konzentrieren, Umsatz auf Kosten des Gewinns zu erhöhen.

Aktionäre haben den Kurs auf ein Rekordlevel geschoben, auch wenn das Unternehmen nur Taschengeld verdient. Gewinne wurden immer nur für morgen versprochen.“ Das urteilte die Zeitung "Times". Im Jahr 2013.

KONTEXT

Diese Unternehmen hat Amazon gekauft

Buntes Potpourri

Auf den ersten Blick gibt es keinen Zusammenhang zwischen einer Shoppingplattform aus Dubai und dem Hersteller von Robotern. Doch alle gehören zu Amazons Reich, das wegen der verschiedenen Art seiner Unternehmungen kaum zu greifen ist. Hier einige Beispiele für Verkäufe in der Vergangenheit.

Souq.com

Für die Expansion im Mittleren Osten hat Amazon die Webseite souq.com übernommen. Der Kaufpreis wurde nicht genannt. Mitbieter Emaar Malls PJSC, die das größte Shopping Center der Welt betreiben, hat jedoch rund 800 Millionen Euro geboten.

Nice

Nice - wie nett. So heißt das italienische Unternehmen in Asti, das Amazon 2016 für eine unbekannte Summe übernommen hat. Es ist ein Softwarehersteller, dessen Produkt EnginFrame in der Industrie verwendet wird.

Harvest.ai

Mitgegründet von zwei ehemaligen Mitarbeitern der NSA beschäftigt sich harvest.ai mit der Sicherung gegen Cyber-Attacken. Mit künstlicher Intelligenz analysiert das Unternehmen Nutzerverhalten rund um die IP von Unternehmen und versucht so, Attacken rechtzeitig zu identifizieren und Datenraub zu verhindern. Der Kaufpreis betrug laut der Webseite Techcrunch rund 20 Millionen US-Dollar.

Kiva Robotics

Im März 2012 schloss Amazon den damals zweitgrößten Kauf seiner Geschichte ab und erwarb Kiva Robotics. Das Unternehmen produziert Roboter für die Warenlogistik in Hallen. Seit 2015 heißt das Unternehmen Amazon Robotics

Do.com

Am 15. Februar erklärte das Unternehmen do.com, dass es gekauft wurde und kündigte an, seine Webseite zu schließen.. Die Internetadresse mit dem knackigen Namen gehört nun zum Amazons Cloud-Computing-Unternehmen Amazon Web Services (AWS). Die Software von do.com ist eine Meeting-Plattform, die die produktiver werden lassen soll. Sie erstellt unter anderem Berichte für diejenigen, die nicht anwesend waren. Do.com ist nun aufgegangen in Amazons Konferenzangebot chime.aws.

Shoes.com

Bereits 2009 hat Amazon den Schuhhersteller Zappos übernommen und war mit einem Umsatz von 10 Millionen Aktien zum damaligen Wert von 900 Millionen Dollar die größte Übernahme. Doch während Zappos auch weiterhin unter eigenem Namen aufzufinden ist, leitet die Adresse endless.com inzwischen auf amazon um, die Webseite wurde eingestellt.

telebuch.de

Damit hat alles begonnen in Deutschland. 1998 kaufte Amazon den damaligen Buchhändler telebuch.de, der seit 1991 Bücher über das BTX-System der Deutschen Bundespost vertrieb. Der Auftakt am 15. Oktober 1998 rumpelte jedoch noch etwas, schrieb damals die Computerwoche.