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Wohnungsmarkt ist vorläufig außer Betrieb

Die Folgen der Corona-Pandemie treffen die Immobilienmärkte der besonders gefährdeten Länder hart. Doch die Entwicklung in China lässt hoffen.

Aktuell befindet sich der Immobilienmarkt im Stillstand. Foto: dpa
Aktuell befindet sich der Immobilienmarkt im Stillstand. Foto: dpa

Ausgangssperren, Kontaktverbote, geschlossene Läden, Bürohäuser und Fabriken, Kurzarbeit und Entlassungen: Die Corona-Pandemie bestimmt das Leben rund um den Globus. In dieser Situation gehen nur die wenigsten Menschen auf die Suche nach einem neuen Haus oder einer neuen Wohnung, Kaufvorhaben werden aufgeschoben oder ganz ad acta gelegt.

Das wird Auswirkungen auf Preise und Mieten haben – nur wann und in welchem Ausmaß, das ist vorerst noch schwer zu beurteilen. Momentaufnahmen aus sechs Ländern geben einen Überblick über die aktuelle Lage auf den dortigen Wohnungsmärkten. Die Beschreibungen ähneln sich – die Einschätzungen über Dauer und Folgen der Krise allerdings fallen unterschiedlich aus.

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China: Deutlich abgekühlt

Die Auswirkungen der Coronakrise, die im Februar fast die gesamte chinesische Wirtschaft zum Erliegen brachte, haben sich mittlerweile auch auf den Immobilienmärkten des Landes niedergeschlagen. In den ersten zwei Monaten des Jahres gingen die Investitionen in Immobilien aller Art laut Zahlen des chinesischen Statistikamtes im Vergleich zum Vorjahr um 16,3 Prozent auf 130 Milliarden Euro zurück. Es wurden fast 40 Prozent weniger kommerzielle Immobilien sowie Wohnungen verkauft.

Wie tief der Einbruch war, das zeigen auch die Zahlen der südchinesischen Küstenmetropole Shenzhen, wo unter anderem die Technologiegiganten Tencent und Huawei ihre Zentrale haben. Während dort im Januar noch 7499 Wohnungen verkauft wurden, waren es im Februar nur noch 1667, hat die im gegenüberliegenden Hongkong ansässige Maklerfirma Midland Realty errechnet.

Für das gesamte Jahr, so schätzt das Ratinghaus Standard & Poor’s, könnte der Gesamtumsatz für den Immobiliensektor um 15 bis 20 Prozent sinken. Mehr als 100 Immobilienunternehmen mussten bereits im Januar und Februar Insolvenz beantragen.

Sollte es noch mehr Ausfälle geben, könnte dies die chinesische Wirtschaft weiter gefährden: Schließlich macht der Immobiliensektor rund sieben Rund des chinesischen Bruttoinlandsprodukts aus. Um die Verluste aufzufangen, versuchten die chinesischen Immobilienmakler, ihr Geschäft ins Digitale zu verlagern, und boten entweder Virtual Reality oder Livestreaming-Rundgänge für die Apartments im Februar an.

Allein auf der Onlineplattform Fang.com waren im vergangenen Monat 300.000 Verkäufer mit 120.000 Livestreams unterwegs, sagte der CEO des Unternehmens dem chinesischen Staatssender CGTN. Jeden Tag hätten sich circa fünf Millionen Zuschauer zugeschaltet. Er glaubt, dass auch nach der Coronakrise viele Kunden künftig das digitale Angebot stärker nutzen werden. „Diese Entwicklung ist nicht mehr umkehrbar“, sagt er.

Zuletzt zeichnete sich aber bereits wieder eine Erholung des Markts ab. In der vergangenen Märzwoche erreichte das Transaktionsvolumen für Immobilien rund 70 Prozent des Standes von Anfang des Jahres, zeigt ein Bericht der Marktforschungsfirma CRIC China.

USA: Hilfen für Mieter

Der Häusermarkt in den USA stellt sich auf schwierige Zeiten ein. Die Verkäufe von Eigenheimen könnten in diesem Frühjahr um 35 Prozent im Vergleich zum Vorjahr fallen, wie aus Berechnungen des Analysehauses Capital Economics hervorgeht. Schon jetzt können Hausbesichtigungen wenn überhaupt oft nur noch virtuell stattfinden.

Zudem fürchten viele Amerikaner, ihre Jobs zu verlieren. Der heftige Kurseinbruch am Aktienmarkt sorgt zudem für Unsicherheit. Daher traut sich derzeit kaum jemand, Häuserkäufe einzugehen.

Auch Banken werden Beobachtern zufolge künftig deutlich strenger bei der Vergabe von Krediten sein, da sie ohnehin mit höhen Ausfallraten bei Verbraucher- und bei Unternehmenskrediten rechnen müssen.

Auch der Mietmarkt wird sich verändern. Das Frühjahr ist nach ruhigeren Wintermonaten eigentlich die beliebteste Zeit zum Umziehen, dann steigen auch die Mieten klassischerweise an. Doch in Zeiten von Corona hat das Interesse nach neuen Mietwohnungen bereits deutlich abgenommen, wie Daten der Immobilienplattform Rentcafé zeigen.

Um Auswirkungen auf die Mietpreise erkennen zu können, ist es aber noch zu früh. Doch klar ist, dass durch die vielen Jobverluste in den vergangenen zwei Wochen Amerikaner Schwierigkeiten bekommen werden, ihre Mieten zu zahlen – vor allem in teuren Metropolen wie New York.

Der New Yorker Senat hat daher einen Gesetzesentwurf eingebracht, wonach alle Mietzahlungen für Unternehmen und Bürger ausgesetzt werden sollen, die von der Krise betroffen sind. Auch könnten die Hilfen der Regierung, wenn sie einmal auf den Weg gebracht sind, Einkommensausfälle zumindest lindern.

Doch die Mietpreise sind gerade in den Städten in den vergangenen Monaten deutlich angestiegen. Eine Ein-Zimmer-Wohnung in New York kostete im vergangenen Jahr im Mittel knapp 3000 Dollar, ein neuer Rekord.

Über einen überraschenden Anstieg bei der Nachfrage freuten sich unterdessen Vermieter von Häusern in den Hamptons, ein paar Stunden außerhalb von New York, wo die wohlhabenden New Yorker typischerweise ihre Sommerferien am Strand verbringen. Dort haben sich die Mietpreise für Strandhäuser zuletzt verfünffacht, weil New Yorker angesichts der Coronakrise die Stadt verlassen haben.

Italien: Hohe Ausfälle

Keine Besichtigungen, keine Gutachten, keine Termine mit den Banken, keine Verträge, kein Geschäft. Seit in Italien am 10. März die Ausgangssperre verhängt wurde und alles geschlossen ist bis auf Supermärkte, ist die Immobilienbranche in der Krise.

„Der Markt ist komplett eingebrochen“, sagt der Makler Gianluca Molinaro. Er arbeitet im Zentrum von Rom und hat normalerweise gut zu tun mit dem Verkauf von luxuriösen Immobilien und saisonalen Vermietungen an Ausländer. Die Stornierungen für Kurzvermietungen gingen bereits bis in den Sommer. Eigentlich hätten solche Feriengäste in der Hochsaison für Einnahmen von fünf Milliarden Euro sorgen sollen, heißt es bei dem Serviceportal Scenari immobiliari.

Die die Gewinne des letzten Jahres seien bereits vernichtet. „Neue Anzeigen werden nicht geschaltet“, sagt Carlo Giordano, Chef von Immobiliare.it, dem größten italienischen Portal für Käufe und Vermietungen im Netz. Und die Fachfrau einer großen Bank sagt, dass Kunden im Moment aufgrund der sehr günstigen Zinsen höchstens ihre laufenden Hypotheken umschulden wollen. Doch auch die meisten Bankfilialen sind geschlossen.

Die erste Schätzung des Schadens kam diese Woche von dem Marktforschungsinstitut Nomisma: Allein für März beträgt der Verlust zwischen 9,2 und 22,1 Milliarden Euro. „Es werden weniger Wohnungen gekauft, da sich Liquiditätsmangel bemerkbar machen und die Arbeitslosigkeit durch die Coronakrise zunehmen wird“, heißt es in dem Bericht. Die Regierung ist im Moment damit beschäftigt, das angekündigte Aufschieben von Hypothekenzahlungen zu organisieren. Die Banken fordern Garantien.

Großbritannien: Auf „hold“

Der Londoner Immobilienmarkt ist abrupt zum Stillstand gekommen. Seitdem die britische Regierung eine Ausgangssperre verhängt hat, finden keine Besichtigungen mehr statt. Alle Briten sind aufgerufen, ihre Umzüge nach Möglichkeit aufzuschieben.

Makler rechnen mit einem mehrmonatigen Einbruch bei Vermietungen und Verkäufen. Für Prognosen sei es noch zu früh, aber eine „erhebliche Geschäftsstörung“ sei unvermeidlich, warnt die Maklerfirma Foxtons. Manche Vermittler versuchen nun, aus dem Homeoffice mit Videoschalten und virtuellen Rundgängen Kunden zu locken. Doch einen Hauskauf oder Umzug entscheidet kaum jemand ohne Besuch vor Ort – schon gar nicht in London, wo Immobilien häufig in schlechtem Zustand sind.

Bei den Kaufpreisen macht sich die Krise aber noch nicht bemerkbar. Damit sei auch nicht zu rechnen, sagt Nick Whitten vom Immobiliendienstleister JLL. Da die Regierung ein Moratorium für alle Hypothekenzahlungen in den kommenden Monaten erklärt habe, sei kein Eigentümer zum Notverkauf gezwungen. Wenn der Coronaschock vorbei sei, könnten die Preise kurzfristig fallen, weil die ersten Käufer mit Rabatten zurückgelockt würden.

Das knappe Angebot werde aber dazu führen, dass die Preise für die besten Wohnungen schnell wieder anziehen – so wie nach der Finanzkrise 2009. Whitten erwartet eine komplette Erholung des Marktes in der zweiten Jahreshälfte und hält an seiner Jahresprognose vorerst fest: Demnach werden die Immobilienpreise übers Gesamtjahr um ein Prozent steigen.

Spanien: Preise werden fallen

Mit dem Alarmzustand und der damit verbundenen strengen Ausgangssperre ist die Aktivität auf dem Immobilienmarkt größtenteils zum Erliegen gekommen. Spaniens Notare arbeiten zwar noch, sind aber angehalten, nur sehr dringende Anliegen zu bearbeiten wie etwa Testamente. Offizielle Zahlen zu Verkäufen oder Käufen gibt es erst ab dem kommenden Monat.

Experten erwarten deutliche Preisnachlässe. „Wir gehen davon aus, dass die Preise für Eigentumswohnungen in den Großstädten um rund zwanzig Prozent sinken, wenn der Alarmzustand zwei oder drei Monate anhält“, sagt Sandra Daza, Generaldirektorin der Immobilienberatung Gesvalt, dem Handelsblatt. Einige Kunden hätten Projekte, die sich bereits in einem sehr fortgeschrittenen Stadium befunden haben, derzeit auf Eis gelegt.

Bei den Mietpreisen, die zuletzt vor allem in Madrid, Barcelona und Palma de Mallorca deutlich gestiegen waren, erwartet sie eine Reduzierung von 15 bis 20 Prozent in Großstädten, jenseits der bevorzugten Innenstadtlagen.

Der Grund für den Pessimismus ist neben der aktuellen Ausgangssperre auch die erwartete anschließende Wirtschaftskrise, die es zahlreichen Haushalten erschweren dürfte, hohe Mieten zu zahlen. Da der in Spanien wichtige Tourismus besonders unter der Coronakrise leidet, erwarten einige Experten zudem, dass Eigentümer die Wohnungen, die sie bislang an Touristen oder über Portale wie Airbnb vermietet haben, wieder umwandeln in reguläre Mietwohnungen.

Österreich: Bauprojekte auf Eis gelegt

Wie ein Mahnmal steht der Rohbau der drei Wohntürme Triiiple in Wien. Das 300 Millionen teure Projekt für Luxuswohnungen auf dem Weg vom Zentrum der österreichischen Hauptstadt zum Flughafen ist gestoppt.

Der beauftragte Baukonzern Strabag hat die Arbeiten im Zuge eines generellen Baustopps an den über 100 Meter hohen Türmen wie überall in Österreich eingestellt. Eigentlich sollten die Eigentümer auf dem Gelände des ehemaligen Hauptzollamts der Donaumetropole bereits im Sommer 2021 einziehen. Doch daraus wird nichts mehr. Die Coronakrise hat die boomende Immobilienwirtschaft in Österreich kalt erwischt. Ursprünglich sollten in diesem Jahr 19.000 Wohnungen allein in Wien gebaut werden. Die Pandemie trifft alle Bereiche, wenn auch unterschiedlich stark.

Die Verkäufe und die Vermietungen sind zwischen 30 und 40 Prozent zurückgegangen. „Bei Eigentumswohnungen kommt es wegen der offensichtlichen Verunsicherung zu vereinzelten Rücktritten von Kaufangeboten“, berichtet die Ehl Immobilien Gruppe in Wien. Auch Kapitalanleger halten sich in Österreich angesichts der drohenden Rezession in Europa zurück. Die Zahl der Anfragen liege um die Hälfte niedriger als vor dem Ausbruch der Coronakrise, sagt Ehl.

Im Zuge der Krise bangen zunehmend Wohnungseigentümer um ihre Mietzahlungen. „Einfach nicht zu zahlen ist sicher die falsche Strategie“, sagte Anton Holzapfel, Geschäftsführer des Österreichischen Verbandes der Immobilientreuhänder, der Nachrichtenagentur APA an die Adresse der Mieter. Besonders betroffen ist der Büromarkt in Österreich. Marktteilnehmer berichten, dass es angesichts der zunehmenden Kurzarbeit und des Auftragseinbruchs zu Absagen bei Anmietungen kommt. Vor allem Einzelhandelsimmobilien sind kaum noch gefragt. Laut Ehl verhandeln viele der unter der wochenlangen Schließung leidenden Händler eine Reduzierung ihrer Miete.