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Wohlfühlen um jeden Preis – das sind die besten Wellness-Dienstleister

Koi-Karpfen schwimmen in der Therme Sinsheim an den Saunagästen vorbei. Während die Besucher schwitzen, blicken sie auf ein riesiges Aquarium. Guinness World Records hat der Badewelt 2013 bescheinigt, mit 166 Quadratmeter Fläche den größten Saunaraum der Welt zu beherbergen.

Regelmäßig peilt die Unternehmensgruppe Wund als Betreiber der Therme Superlative an. In Deutschland unterhält sie neben der Sinsheimer Therme noch vier Badewelten, die bekannteste wohl die Therme Erding, nach eigenen Angaben die größte der Welt. Auch Saunagänger und Badegäste sehen das Unternehmen vorn: In einem Rating des Analyse- und Beratungshauses Servicevalue haben Verbraucher die Standorte der Gruppe am häufigsten als das beste Wellnesszentrum bezeichnet.

Die Thermen wachsen weiter. So sollen allein in den Ausbau in Sinsheim 150 Millionen Euro fließen, sagt Edelfried Balle, Geschäftsführer der Standorte in Sinsheim, Titisee und Euskirchen: „Die Planung läuft auf Hochtouren.“ Badegäste, die per virtueller Realität durch Berglandschaften rutschen und sich anschließend im angegliederten Hotel niederlegen – so könnte es bald aussehen.

Ungewiss war lange, wie es mit Plänen für ein neues Tropenparadies in Bad Vilbel bei Frankfurt weitergehen sollte. Geplant hatte es Firmengründer Josef Wund. Der Inhaber verunglückte jedoch im Dezember 2017 bei einem Flugzeugabsturz. Erst kürzlich bekannte sich die Geschäftsführung auch zu diesem Megabau.

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Mit ihrem Expansionsdrang ist die Unternehmensgruppe nicht allein. Weltweit boomt die Branche. Laut Global Wellness Institute wuchs der Umsatz 2017 global um 6,4 Prozent auf 4 200 Milliarden Dollar. Das Institut rechnet verschiedene Dienstleistungen und Produkte ein – von Fitness über Ernährung und Spas bis hin zu privaten Gesundheitsausgaben.

In Deutschland steigerte 2018 allein die Fitnessbranche ihre Erlöse auf rund 5,3 Milliarden Euro. „Die Anforderungen der Kunden steigen“, beobachtet Niels Gronau, Geschäftsführer der Beratung Edelhelfer. „Das Fitnessangebot wird von Jahr zu Jahr größer und vielseitiger.“

Baby-Spa in Hamburg

Die Branche lockt mit immer neuen Produkten. So entstehen in der Hauptstadt Trainings-„Boutiquen“, die auf kleiner Fläche mit enger Betreuung maßgeschneiderte Methoden für eine kleine Zielgruppe bieten. In Hamburg hat kürzlich ein Baby-Spa eröffnet – und in Wellnesshotels wirkt heute nicht nur der Masseur, sondern auch der Lifestyle-Coach.

Der Bedarf wächst. „Die Gäste laufen uns die Türen ein. An vielen Tagen sind wir ausverkauft“, sagt Wund-Geschäftsführer Balle. Etwa 2,4 Millionen Gäste besuchen die drei von ihm verantworteten Standorte jedes Jahr. Bislang konnte die Gruppe die Besucherzahlen jährlich steigern – doch langsam sind die räumlichen Grenzen erreicht. Die Wund-Gruppe setzt deshalb auf mehr Fläche.

„Je größer die Therme ist, desto wirtschaftlicher können wir auf individuelle Bedürfnisse unserer Kunden reagieren“, sagt Balle. Für jede Interessengruppe soll es passende Produkte geben. Neben Themennächten, individuellen Beratungen oder neuen Aufgüssen und Peelings will Balle künftig auch erweiterte Dienstleistungen im Gesundheitsbereich bieten. „Das wird stark nachfragt“, sagt er. „In den Bereich stecken wir viel Geld für Forschung und Entwicklung.“ Was konkret geplant ist, verrät er aber nicht.

Das Wachstum schafft Begehrlichkeiten. Der Konsumgüterhersteller Beiersdorf lockt Kunden seiner bekanntesten Marke Nivea mit Massagen oder Beratungen. Im Service-value-Ranking waren die Nivea-Häuser die besten Day-Spas. Neun gibt es in Deutschland, sechs davon in Wellnesshotels. „Die Kunden sind kritischer, anspruchsvoller und informierter und suchen den Dialog auf Augenhöhe“, sagt Fabian Siek, Geschäftsführer Beiersdorf Hautpflege.

Dem wolle man gerecht werden. Auch die Marke insgesamt soll profitieren – die Weiterempfehlungsbereitschaft für deren Produkte steigt nach einem Besuch in einem Nivea-Haus laut Unternehmen um 50 Prozent.

Immer stärker richten sich Fitnessspezialisten auf individuellere Wünsche aus. Wachstumstreiber seien neben extrem kleinen, spezialisierten Studios zwar immer noch Discountketten, sagt Berater Gronau: „Doch selbst die Discounter bauen ihr Angebot immer weiter aus – etwa mit Partyreihen für die Community, Wellnessbereichen oder Apps, die Trainingsdaten der Sportler erfassen und individuelle Pläne und Tipps liefern.“ Er erwartet, dass die Produktvielfalt weiter zunimmt.

Auch ein Discounter schafft es an die Spitze

Eine Discountkette hat es auch an die Spitze des Servicevalue-Rankings geschafft: Marktführer McFit hat die 19 anderen Fitnessstudios ausgestochen. Die RSG Group, zu der die McFit-Studios gehören, treibt den Individualisierungstrend auf die Spitze: „Die RSG Group verfolgt ein klares Ziel: für jede Anforderung aus den Bereichen Fitness und Lifestyle eine Lösung zu bieten“, sagt COO Vito Scavo.

Das Unternehmen werde in den nächsten drei Jahren 100 Millionen Euro in die Umsetzung neuer Konzepte investieren.

Längst setzt die Gruppe nicht mehr nur auf die Fitnesshalle für alle. Am heutigen Tag etwa eröffnet in Berlin eine neue Premiumlinie, die Yoga oder Pilates mit Bootcamps und Boxen zu flexiblen Tarifen zusammenführt. In diesem Jahr hat Scavo bereits die Marke Steven Baker an den Start gebracht, die mit Kuchenkreationen „Genuss ohne Reue“ verspricht. In Oberhausen plant Scavo auf 55 000 Quadratmetern für viele Millionen ein Zentrum, das 365-Tage-Messe und kostenloses Fitnessstudio in einem sein soll.

Doch Berater Gronau sieht auch Grenzen des Hypes: In manchen Städten gebe es ein Überangebot – etwa an Yogastudios. Gronau glaubt, dass einige schon bald wieder verschwinden werden. „Außerdem sind Konsumenten hierzulande bei der Höhe ihrer Investitionen in Fitness und Gesundheit immer noch zurückhaltend“, sagt er.

Zwar gibt es laut Gronau in deutschen Metropolen Anbieter, die pro Einheit stolze Preise aufrufen: Bei Becycle in Berlin etwa sind es 25 Euro für 45 bis 60 Minuten. „Das funktioniert in Deutschland in der Breite aber nicht.“

Während die Zahl der Mitgliedschaften in Fitnessstudios auf einen Rekordstand von über 11,09 Millionen gewachsen ist, stagnieren die Umsätze pro Kopf laut Gronau tendenziell.

Plattformen greifen an

Der Berater ist sicher: Der Markt wird sich in den kommenden Jahren stark wandeln. So drängen Plattformen wie der Urban Sports Club auf die Bildfläche: Sie betreiben keine eigenen Anlagen, sondern ermöglichen ihren Mitgliedern einen flexiblen Zugang zu verschiedenen Yogastudios, Schwimmbädern oder Fitnessketten – meist per Monatsbeitrag. „Diese Aggregatoren haben ihre Präsenz in Deutschland in den vergangenen Jahren deutlich ausgebaut“, so Gronau.

Misst man die Anbieter an der Anzahl ihrer Partner, steht der Urban Sports Club mit weit mehr als 3 000 deutlich an der Spitze, gefolgt von Qualitrain mit über 2 000 Partnern, Gympass, Interfit und Hansefit. Treiber dieser Entwicklung seien vor allem Unternehmen, die mit den Mitgliedschaften bei ihrem Personal punkten wollen. „Firmen investieren mehr in die Gesundheit ihrer Belegschaft und werben so auch um neue Mitarbeiter“, sagt Gronau.