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Der Wirtschaftsminister untersucht, warum es zu wenig erfolgreiche deutsche Start-ups gibt. Neue Erkenntnisse gibt es nicht – aber viele Versprechen.

Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier setzt sich auf das Sofa auf der Bühne. Eigentlich setzt er sich nicht, er fläzt sich vielmehr, so weit entfernt vom Ende der Sitzfläche ist die Rückenlehne. Er zieht sein Sakko aus und krempelt die Ärmel hoch. Die Krawatte bleibt dran.

Der Wirtschaftsminister ist das erste Mal auf der Start-up-Konferenz Noah in Berlin. Es ist eine der größten Konferenzen in Deutschland, Altmaier soll sich mit Klaus Hommels, einem der größten europäischen Investoren in Start-ups, unterhalten.

Eigentlich sollen sie sich streiten. Hommels provoziert gerne, auch in dem kurzen Vortrag, den er jetzt hält. Es geht darum, dass Deutschland in sehr vielen Bereichen der Digitalwirtschaft kaum vertreten ist. Die Digitale Infrastruktur, Plattformen wie Amazon, die Suchmaschine Google – alles in amerikanischer Hand. Die Bezahl-Infrastruktur? In amerikanischer Hand.

Als Hommels eine „smarte Regulierung“ fordert, schaut Altmaier gerade auf sein Handy. Er hat eigentlich derzeit akutere Dinge zu tun als sich über das Fortkommen der deutschen Digitalwirtschaft Gedanken zu machen. Europa befindet sich in einem ernsten Handelsstreit mit den USA. Am Freitag und Samstag trifft Angela Merkel, „seine Bundeskanzlerin“, wie Altmaier sie gern nennt, US-Präsident Donald Trump beim G7-Treffen in Kanada.

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Bei Hommels kommt es gut an, dass sich Altmaier trotzdem Zeit genommen hat. Das sei ein tolles Zeichen, dass die Industrie die Aufmerksamkeit bekomme, die sie verdiene, sagt er. Dass Altmaiers Vorgängerin im Amt fast keinen Termin ausließ, um sich mit Start-ups auszutauschen, verschweigt der Investor.

„Mein Name ist Peter“, stellt sich der Bundeswirtschaftsminister Szene-gemäß mit dem Vornamen vor, schiebt dann aber noch ein „Peter Altmaier“ hinterher. Dann äußert er sich besorgt: „Wir kommen gerade in eine Ära der disruptiven Innovation, in der die Champions von heute nicht automatisch auch die Champions von morgen sind“, sagt er. Die Jobs von morgen könnten in Zukunft in China und den USA entstehen, und nicht in Deutschland.

Dann sagt Altmaier die Sätze, die schon seine beiden Vorgänger im Amt immer wieder wiederholt haben bei solchen Gelegenheiten: Bei Lösungen für Unternehmen sei die deutsche Wirtschaft gut, bei Lösungen für Endkonsumenten nicht. In der ersten Finanzierungsphase haben Start-ups gute Bedingungen in Deutschland, in der Wachstumsphase fehlt es dann an Geld. Die etablierten amerikanischen Plattformen sind zu mächtig.

Weniger junge Menschen gründen ein Unternehmen

All diese Erkenntnisse sind nicht neu, sondern mindestens eine Regierung alt. Altmaier verspricht, dass die Bundesregierung bis Ende des Jahres eine „klare Roadmap“ entwickelt haben will. Den Start-ups gibt er noch einen Tipp auf den Weg: Sie müssten global denken und nicht nur den deutschen Markt bedienen wollen. Dann fährt er los, zum nächsten Termin an diesem späten Nachmittag.

Ein paar Kilometer weiter bei der privaten Management-Hochschule ESMT wiederholt er den Ratschlag an die Start-ups fast wortgleich.

Statt junge Gründer sitzen in der ESMT künftige oder gegenwärtige Top-Manager im Publikum, auch Daimler-Chef Dieter Zetsche ist da. Auch hier zieht Altmaier sein Sakko aus, erntet damit aber heiteres Gelächter – die meisten seiner Zuhörer haben trotz sommerlicher Temperaturen ihre Jacken noch an. „Ich bin sehr besorgt, dass immer weniger junge Menschen ein Unternehmen gründen“, sagt Altmaier. Eine Studie der KfW hatte diesen Trend erst kürzlich wieder bestätigt.

Seine Botschaft auch hier: Deutschland muss besser werden, das wichtigste Thema sei Künstliche Intelligenz. Wer das autonome Auto entwickle, der werde alles beherrschen, so Altmaier, denn die Systeme lernten immer weiter. „Wenn wir es mit anderen aufnehmen wollen, dann müssen wir mehr tun als heute“, mahnt er – auch sich selbst.

Vor allem braucht es mehr Geld, um innovative Geschäftsideen nach vorne zu bringen, hatte Altmaier noch bei der Start-up-Veranstaltung festgestellt. In den USA kommen Gründer auch deshalb leichter an eine Finanzierung, weil große Pensionsfonds in die Unternehmen investieren können. In Deutschland ist das in dem Maße nicht möglich.

Er habe sich vorgestern Abend mit Vertretern großer Versicherungskonzerne getroffen, sagt Altmaier. „Das ist etwas, wo wir unsere Gesetze ändern müssen.“ Auch die vergangene Regierung, der er angehörte, hatte das versucht, war aber am Ende gescheitert. Bis zum Ende des Jahres, verspricht Altmaier, will die Bundesregierung eine „klare Roadmap“ für die Digitalwirtschaft haben.