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Wirtschaftslenker würdigen Helmut Kohl

Das Wirken des am Freitag verstorbenen Altkanzlers Helmut Kohl wird von Vorstandschefs gewürdigt. „Helmut Kohl war ein großer deutscher und europäischer Patriot“, sagt Volkswagen-Chef Matthias Müller. Kohl habe „für die deutsche Einheit und für die europäische Einigung gekämpft.“ Er sei ein herausragender Staatsmann gewesen, geachtet und respektiert in der ganzen Welt.

Kohl hat Deutschland von 1982 bis 1998 als Bundeskanzler regiert - 16 Jahre, so lange wie bisher niemand vor und nach ihm. Er war treibende Kraft für die EU und eine gemeinsame Währung. Er ist am 16. Juni im Alter von 87 Jahren gestorben.

Als sein größter Erfolg gilt aber die deutsche Wiedervereinigung. Kohl erkannte nach der friedlichen Revolution in der DDR 1989, dass das Fenster für die deutsche Einheit nur kurz geöffnet sein würde. Unter Hochdruck handelte er mit den Staats- und Regierungschefs der USA, der Sowjetunion, Großbritanniens, Frankreichs sowie den Verantwortlichen der Europäischen Union die Modalitäten dafür aus. „Die friedliche Wiedervereinigung Deutschlands ist sein herausragendes politisches Vermächtnis“, sagt Siemens-Vorstandschef Joe Kaeser. Kohl stehe „wie kein anderer Politiker seiner Zeit für Europa“.

„Er war ein Baumeister Europas,“ sagt Allianz-Chef Oliver Bäte. „Gemeinsamer Binnenmarkt, gemeinsame Währung, ein deutsch-französisches Einvernehmen in den großen, den entscheidenden Fragen – das alles gehört zu Helmut Kohls Verdiensten.“

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In jungen Jahren hatte Kohl als Werkstudent beim Chemiekonzern BASF gearbeitet. „Der Antrieb war weniger Leidenschaft für Chemie; er wollte Geld verdienen, um sich einen italienischen Motorroller zu kaufen, mit dem er zu politischen Versammlungen fuhr“, so BASF-Chef Kurt Bock zum Handelsblatt. „Auch nach dieser Zeit beobachtete er die Entwicklung der BASF aufmerksam. Helmut Kohl verband viel mit der BASF: Er besuchte uns als Landtagsabgeordneter, als Ministerpräsident von Rheinland-Pfalz und als Bundeskanzler. 2015 hat er es sich nicht nehmen lassen, mit uns das 150. Jubiläum zu feiern und so seine Verbundenheit mit der BASF zu zeigen - einer seiner letzten öffentlichen Auftritte. Wir haben ihn kennen- und schätzen gelernt als Menschen, der tief verwurzelt war in Oggersheim, Ludwigshafen und Europa.“

In der Wirtschafts-, Sozial- und Innenpolitik hatte Kohl während seiner Amtsjahre höchstens kleine Akzente gesetzt. Rentenprobleme, Steuersätze, Wirtschaftspolitik: Das war für ihn nicht ganz vorne auf seiner Agenda. Die stetig steigende Staatsverschuldung nahm er wie ein Naturgesetz hin. Kohl gab lieber Geld aus, sein bestes Mittel, in Bund und Ländern Loyalitäten zu sichern.

Sein Einsatz für die Währungsunion war vor allem politisch getrieben. Die umstrittenen Maastricht-Kriterien für den Beitritt zur europäischen Gemeinschaftswährung und eine fehlende Wirtschaftsregierung erwiesen sich als Schwachstellen in der Konstruktion des Euro. „Er hat immer gesagt, eine gemeinsame Währungsunion ohne politische Union und gemeinsame Wirtschafts- und Finanzpolitik – das geht schief. Er hatte allerdings gehofft, dass das von alleine kommt, weil alle einsehen, dass es anders nicht geht. Das ist leider nicht geschehen“, so Außenminister Sigmar Gabriel (SPD).


Eon-Chef Teyssen: „Ein unbeirrbarer Politiker“

Jürgen Stark hat als Leiter des Referats Außenwirtschaft im Kanzleramt den deutschen Regierungschef Helmut Kohl auf die Gipfeltreffen mit den wichtigsten Industrienationen G7 vorbereitet. Später zog er als Staatssekretär im Finanzministerium die Fäden bei der Vorbereitung des Euro. Er habe Kohl im persönlichen Umgang als „offen und zugetan erlebt,“ sagt er. „Das mag auch an unserer ähnlichen Herkunft liegen,“ so Stark. Beide wuchsen in Weinbauregionen auf: Kohl in der Pfalz - Stark 30 Kilometer entfernt in Rheinhessen. Für Kohl habe die Einführung des Euro absolute Priorität gehabt. „Er hat sich deshalb auch für den Stabilitätspakt eingesetzt, um den Euro dauerhaft stabil zu machen,“ sagt Stark. Der Stabilitätspakt sollte die Staatsverschuldung in den Euro-Ländern begrenzen. Er wurde jedoch später unter anderem von Deutschland und Frankreich gebrochen.

Der frühere französische Präsident der Europäischen Zentralbank (EZB), Jean-Claude Trichet, betonte, die Europäer wüssten, „dass Kohl gleichermaßen die europäische Einigung und den Euro als Herzstück seiner historischen Vision verfolgt hat, und sind dankbar für sein visionäres Handeln.“

Kohls Leidenschaft für den europäischen Gedanken sei davon geprägt, dass er „Zweiten Weltkrieg, Unrecht, Vertreibung und Zerstörung noch am eigenen Leib erlebt“ habe, so Georg Fahrenschon, Präsident des Deutschen Sparkassen- und Giroverbands (DSGV). „Wir alle bleiben aufgefordert, Europa und unsere gemeinsamen Interessen in seinem Sinne weiter zu entwickeln.“ Umstritten war in Kohls Jahrzehnten als aktiver Politiker allerdings eine zuweilen enge Beziehung zu Konzernen, etwa im Flick-Skandal oder durch seine enge Freundschaft zu Medien-Manager Leo Kirch.

Die mit politischem Instinkt von Kohl rasch herbeigeführte Wiedervereinigung hat eine ökonomische Revolution im Osten des Landes ausgelöst. Die von ihm versprochenen „blühenden Landschaften“ sollten durch Milliardeninvestitionen geschaffen werden, die vor allem mit Hilfe des – heute noch von allen Deutschen gezahlten – Solidaritätszuschlags finanziert wurden.

„Die Geschichte wird den Staatsmann Kohl anhand des für Deutschland und Europa Erreichten bewerten - und nicht daran, ob die 'blühenden Landschaften' etwas länger auf sich warten ließen als gedacht“, urteilt Paul Achleitner, Aufsichtsratschef der Deutschen Bank. „Helmut Kohl hat bei der Deutschen Wiedervereinigung in bewundernswerter Weise Gespür für die Menschen mit Verständnis der Geschichte und dem Mut zum Neuen verknüpft. Diese Kombination braucht es gerade jetzt wieder, um die historische Chance einer europäischen Neugestaltung wahrzunehmen.“

„Helmut Kohl war ein streitbarer und besonders unbeirrbarer Politiker“, sagt Eon-Vorstandschef Johannes Teyssern. „Ohne seine Entschlossenheit hätte auch die Energiewirtschaft in den neuen Bundesländern nicht so schnell modernisiert werden können – saubere Energie und Erdgas statt ineffizienter Braunkohle und Stadtgas. Das Wohnen in den Städten und Dörfern wurde so lebenswerter.“

Der frühere Chef des Gaskonzerns Wintershall und heutige CEO des österreichischen Ölkonzerns OMV, Rainer Seele, meint: „Das Ableben von Helmut Kohl sollte uns auch daran erinnern, dass Europa wieder mehr Gemeinschaftlichkeit in seinem Sinne braucht."