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Der deutschen Wirtschaft droht längere Rezession

Nach einer HRI-Prognose wird die aktuelle Konjunkturschwäche länger anhalten. Auch auf die Steuereinnahmen dürfte das sehr bald durchschlagen.

Vor allem die Exportabhängigkeit macht der Bundesrepublik zu schaffen. Foto: dpa
Vor allem die Exportabhängigkeit macht der Bundesrepublik zu schaffen. Foto: dpa

Als es im Dürre-Sommer 2018 erste Anzeichen dafür gab, dass sich der Boom in Deutschland dem Ende zuneigen könnte, glaubten die meisten Auguren nur an ein Sommerloch in einzelnen Branchen. Heute weiß man: Der Abschwung war damals bereits im Gange, die Hochkonjunktur endete mit dem Silvester-Feuerwerk 2017.

Im vergangenen Jahr 2018 war es lediglich dem starken Rückenwind aus dem Vorjahr zu verdanken, dass die Wirtschaft noch um ganz passable 1,5 Prozent wuchs. Denn 1,1 Prozentpunkte waren dem statistischen Überhang geschuldet, also der Tatsache, dass die Wirtschaftsleistung Ende 2017 deutlich über der des Durchschnitts dieses Jahres lag.

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Tatsächlich stagniert die deutsche Wirtschaft faktisch seit Anfang 2018. Ende dieses Jahres wird das Bruttoinlandsprodukt (BIP) kaum höher sein als Anfang 2018. Das erwartet das Handelsblatt Research Institute (HRI) in seiner neuen Konjunkturprognose. Die Wirtschaftsleistung dürfte im laufenden zweiten Halbjahr sinken. Die Schwächephase wird damit länger andauern als jene, die auf die Anschläge am 11. September 2001 folgte.

„Ausgehend von der Autoindustrie hat sich die Schwäche ölfleckartig auf die anderen Industriebranchen ausgebreitet“, sagt HRI-Präsident Bert Rürup. Da diese einstige Vorzeigebranche vor enormen technologischen Umbrüchen stehe und Deutschlands Position als führende Autonation ernsthaft in Gefahr gerate, sei nicht davon auszugehen, dass die deutsche Wirtschaft bald wieder zu den hohen Wachstumsraten der letzten Jahre zurückkehren wird.

Die aktuelle Konjunkturschwäche ist vor allem der exportabhängigen Industrie geschuldet, deren Kapazitäten am Ende des Booms so stark ausgelastet waren, wie zuletzt kurz vor dem Ausbruch der Finanzkrise. Doch nun sinkt die Auslastung rapide und liegt derzeit mit 84,2 Prozent nur noch geringfügig über dem langjährigen Mittel. Auch die Auftragsreichweite sinkt allmählich, reicht aber mit 5,7 Monaten noch in das kommende Jahr hinein.

Anders als die Mehrzahl der Wirtschaftsforschungsinstitute erwarten wir keine rasche Besserung. Einen echten und dauerhaften Frieden zwischen den USA und China wird es voraussichtlich nicht geben. Die Globalisierung, von der Deutschland in den vergangenen Dekaden stark profitierte, hat deutlich an Dynamik verloren. Derzeit spricht wenig für ein kräftiges Wiederanziehen des Welthandels.

Nach der Überauslastung der Produktionskapazitäten in den zurückliegenden Jahren wird sich die deutsche Industrie auf eine Unterauslastung in der nächsten Zeit einstellen müssen, in der die deutsche Wirtschaft allenfalls schwach wachsen dürfte. Nach 0,3 Prozent Wirtschaftswachstum im laufenden Jahr rechnen wir für 2020 mit 0,6 Prozent, wobei ein Großteil des höheren Wachstums daraus resultiert, dass das kommende Jahr vier Arbeitstage mehr haben wird als das laufende.

Das bescheidene Wirtschaftswachstum des kommenden Jahres resultiert aus Investitionen und Konsum, die angesichts der trüben Perspektiven jedoch nur moderat zulegen dürften. Die Binnenkonjunktur bleibt vorerst intakt. Die hohe Beschäftigung, die kräftigen Einkommenszuwächse in vielen Branchen, leichte Steuerentlastungen sowie kräftig steigende Renten und Sozialtransfers sorgen zumindest kurzfristig dafür, dass die Verbraucherstimmung nicht einknickt.

Gleichwohl wird das Klima rauer. Die Industrierezession hat bereits erste Spuren auf dem Arbeitsmarkt hinterlassen. In den kommenden Quartalen dürfte die Arbeitslosigkeit leicht ansteigen und der Beschäftigungsaufbau zum Erliegen kommen. Dies werden allerdings nur Vorboten zweier Entwicklungen sein, die Deutschland im kommenden Jahrzehnt mit voller Wucht treffen dürften.

Zum einen setzt schon in Kürze ein kräftiger Alterungsschub der Gesellschaft ein, der dazu führt, dass das Erwerbstätigenpotenzial sukzessive sinkt und die Kosten für Renten steigen. Zudem geraten durch den technologischen Wandel und die immer besser werdende Konkurrenz aus China die Bereiche Autoindustrie und Maschinenbau zunehmend unter Druck.

Allerdings dürften die Auswirkungen dieses Trends im Prognosezeitraum noch gering bleiben, auch weil strukturelle Veränderungen zunächst durch Frühverrentung und Kurzarbeit kaschiert werden können.

Diese Trends sind gleichwohl für die recht schwache Investitionsdynamik verantwortlich. Trotz Nullzinsen halten sich die Unternehmen zurück, weil erfolgversprechende Investitionsobjekte fehlen. Dem Staat fehlen Planungskapazitäten und vor allem politischer Wille, großzügig in Verkehrsinfrastruktur, Digitalisierung und Klimaschutz zu investieren.

Diskussionen um die schwarze Null im Haushalt lenken davon ab, dass die im Grundgesetz verankerte Schuldenbremse auch in Zukunft zusätzliche Milliarden-Investitionen pro Jahr ermöglichen dürfte. Hätte die Regierung in den vergangenen Jahren die Spielräume der Schuldenbremse genutzt, hätte sie einen hohen zweistelligen Milliardenbetrag zusätzlich investieren können, ohne mit der Schuldenbremse zu kollidieren.

Die schwache Konjunktur wird auch auf die Steuereinnahmen durchschlagen, wenn auch in geringerem Maße, als dies das niedrige Wirtschaftswachstum auf den ersten Blick erwarten lässt. Der Anteil der Unternehmensteuern an den Gesamteinnahmen des Staates ist vergleichsweise gering, und die aufkommenstarken Steuern auf Umsätze und Löhne sind wegen der stabilen Binnenkonjunktur bislang kaum von der Konjunkturschwäche tangiert.

Gleichwohl hat der Staat bereits eine ganze Reihe von finanzpolitischen Maßnahmen beschlossen, sodass die Überschüsse in den Haushalten zusammenschmelzen und so auch die Spielräume für zusätzliche Investitionen geringer werden. Die Schuldenstandsquote wird dennoch weiter sinken, wenn auch etwas langsamer als in den vergangenen Jahren. Im laufenden Jahr wird sie erstmals seit 2002 unter die Maastricht-Grenze von 60 Prozent des BIP sinken.

„Die besten Jahre für Deutschlands Wirtschaft sind vorbei“, sagt HRI-Präsident Rürup. Nun räche sich, dass die gegenwärtige Regierung es – genauso wie die Vorgängerregierung – versäumt hat, Wachstumsimpulse zu setzen.