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Wirecard-Manager hat versucht, Prüfer von EY zu bestechen

Ein geheimer Zusatzbericht der Prüfungsgesellschaft KPMG zeigt Ungereimtheiten in Indien. EY wehrt sich gegen die Vorwürfe.

Im Skandal um die Bilanzfälschung bei Wirecard werden neue Vorwürfe gegen den insolventen Zahlungsdienstleister und dessen Abschlussprüfer EY erhoben. Danach hat ein Wirecard-Manager im Jahr 2016 versucht, einen indischen Mitarbeiter von EY zu bestechen. Offenbar ging es darum, den Verdacht auf aufgeblähte Umsätze bei der zugekauften indischen Tochter Hermes i-Ticket einzudämmen.

Insider bestätigten dem Handelsblatt am Mittwoch, dass es einen solchen – erfolglosen – Bestechungsversuch gegeben habe. Zuerst hatte „Financial Times“ („FT“) über den Vorfall berichtet.

Die britische Zeitung zitiert aus einem geheimen Zusatzbericht der Prüfungsgesellschaft KPMG, in dem über den Bestechungsversuch ebenso berichtet wird wie über die Vorwürfe aufgeblähter Umsätze bei Hermes. KPMG hat diesen Bericht im Zuge seines offiziellen Sondergutachtens zu Wirecard im Frühjahr erstellt, aber nie veröffentlicht.

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Wirecard hatte Hermes im Frühjahr 2016 mit weiteren in Indien ansässigen Firmen übernommen und dafür einen Kaufpreis von 340 Millionen Euro gezahlt. Im 61 Seiten langen, jetzt erstmals öffentlich erwähnten KPMG-Zusatzbericht wird folgender Verdacht beschrieben: Mit Wirecard verbundene Manager hätten damals die Geschäftszahlen und -erwartungen von Hermes aufgebläht, um den Kaufpreis in die Höhe zu treiben. Sie hätten davon profitiert, weil sie direkt oder indirekt an dem Fonds auf Mauritius beteiligt waren, der die indischen Firmen an Wirecard verkauft hat.

Der Bestechungsversuch gegenüber EY ereignete sich zeitlich nach der Übernahme von Hermes und soll von einem Topmanager des indischen Unternehmens ausgegangen sein, heißt es in Branchenkreisen. Der betroffene indische EY-Mitarbeiter meldete den Vorfall und den Verdacht auf Unregelmäßigkeiten bei Hermes demnach seinem Vorgesetzten, anschließend ging ein Bericht an die Deutschlandzentrale von EY in Stuttgart.

Mangelnde Aufklärung

Pikant ist: Der geheime Zusatzbericht von KPMG legt den Vorwurf nahe, die Aufklärung der vom indischen EY-Prüfer erhobenen Vorwürfe sei nicht mit aller Konsequenz verfolgt worden. EY habe damals eine interne Untersuchung bei Wirecard angestoßen, besagt der Bericht laut der „FT“, die jedoch angeblich von Asienvorstand Jan Marsalek gebremst wurde.

Die Frage lautet nun: Warum hat EY trotz der eigenen Hinweise auf möglichen Betrug bei Hermes die Bilanz von Wirecard damals ohne Einschränkung testiert?

Der langjährige Abschlussprüfer des insolventen Zahlungsdienstleisters wehrte sich am Mittwoch gegen den Verdacht auf Fehlverhalten. Die Vorwürfe in Indien seien sowohl vom Unternehmen als auch von den Prüfungs- und Forensik-Teams von EY Deutschland untersucht worden, teilte EY auf Anfrage mit. Die Feststellungen wurden mehrfach an den Vorstand und den Aufsichtsrat von Wirecard „berichtet“ und „angemessen“ dokumentiert.

Tatsächlich behandeln die damaligen nichtöffentlichen Prüfberichte von EY laut Branchenkreisen die Betrugsvorwürfe gegenüber Hermes in Indien. In diesen nichtöffentlichen Berichten sind alle Punkte aufgeführt, die ein Abschlussprüfer in der Rechnungslegung als problematisch betrachtet und die er anschließend hinter verschlossenen Türen mit Vorstand und Aufsichtsrat diskutiert.

Normale Aktionäre erhielten dieses Wissen nicht: In den später veröffentlichten regulären Wirecard-Prüfberichten, die allen Finanzmarktakteuren zugängig sind, ist von dem Verdacht über aufgeblähte Umsätze bei Hermes nicht mehr die Rede. Das kann mehrere Gründe habe: Entweder erwiesen sich die Vorwürfe im Nachhinein als haltlos, oder die EY-Prüfer konnten keine ausreichend stichhaltigen Beweise finden. Das Testat zum Jahresabschluss erteilen sie jedenfalls.

Kritisches Fazit

In dem geheimen Zusatzbericht zum Sonder-Audit vom Frühjahr 2019 kommt KPMG laut „FT“ rückblickend zu einem kritischen Fazit: Wichtige Fragen in dem Sachverhalt seien unbeantwortet geblieben, problematische Ergebnisse aus der forensischen Untersuchung seien von EY nicht endgültig verarbeitet worden.

EY Deutschland unterstrich am Mittwoch, dass die Mitglieder des Wirecard-Aufsichtsrats und -Vorstands über die forensischen Untersuchungen der Indien-Vorkommnisse unterrichtet worden seien. „Auf der Grundlage der uns zur Verfügung stehenden Informationen sind wir der Ansicht, dass die Mitarbeiter von EY ihre Prüfungshandlungen professionell und mit bestem Wissen und Gewissen durchgeführt haben.“

Die Nummer zwei der deutschen Prüfungsgesellschaften steht derzeit massiv unter Druck. Ihr wird vorgeworfen, die Bilanzen von Wirecard über Jahre hinweg nicht korrekt geprüft zu haben. Im Kern geht es dabei um Treuhandkonten in Singapur und auf den Philippinen, deren Bilanzposition sich als Luftbuchung entpuppte. EY sieht sich dabei als Opfer eines ausgeklügelten Betrugs.

In Singapur muss Wirecard unterdessen auf Anordnung der dortigen Regierung sein Geschäft einstellen. Die Finanzaufsicht MAS ordnete am Mittwoch an, dass die örtlichen Wirecard-Gesellschaften bis 14. Oktober keine Zahlungen mehr abwickeln dürfen und sämtliche Kundengelder zurückzahlen müssen. Der Stadtstaat ist sowohl Sitz der Wirecard-Asienholding als auch einer örtlichen Tochtergesellschaft.

Die Singapurer Finanzaufsicht ermittelt seit gut eineinhalb Jahren gegen Wirecard. Unmittelbarer Auslöser des Verbots war zumindest nach Angaben der MAS aber, dass Wirecard sich selbst geschäftsunfähig meldete. Von Wirecard war bislang keine Stellungnahme zu erhalten.