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Wirecard-Aufsichtsratschef Eichelmann tritt zurück

Der Chefkontrolleur des insolventen Zahlungsdienstleisters hat seinen Rücktritt erklärt. Thomas Eichelmann muss dennoch vorerst im Amt bleiben.

Ein Vergnügen war es länger nicht mehr, Aufsichtsratschef von Wirecard zu sein. Der Zahlungsdienstleister aus Aschheim bei München ist insolvent, das Sagen hat der vorläufige und seit Dienstag ordentliche Insolvenzverwalter Michael Jaffé.

Der Vorsitzende des Kontrollgremiums zieht daraus nun Konsequenzen. Thomas Eichelmann hat nach Informationen aus Anwaltskreisen am vergangenen Dienstagabend seinen Rücktritt eingereicht.

Direkt wirksam ist dieser noch nicht. Laut der Wirecard-Geschäftsordnung besteht eine Niederlegungsfrist von maximal drei Monaten, bis der Rücktritt effektiv in Kraft ist. Möglich ist jedoch, dass diese Frist in Übereinstimmung mit Jaffé noch verkürzt wird. Chefkontrolleur eines insolventen Konzerns zu sein, ergebe keinen Sinn mehr, heißt es aus Eichelmanns Umfeld.

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Seit der Insolvenz des Zahlungsdienstleisters werden die fünf verbliebenen Mitglieder des Aufsichtsrats nicht mehr bezahlt, haben nichts mehr zu entscheiden und sind dennoch in der persönlichen Haftung.

Neben Eichelmann waren sein Vorgänger Wulf Matthias, der österreichische Investor Stefan Klestil, die Muli-Aufsichtsrätin Anastassia Lauterbach sowie die Technologieexpertin Vuyiswa V. M’Cwabeni Mitglied des Kontrollgremiums. Lauterbach ist nach Handelsblatt-Informationen ebenfalls zurückgetreten. Klestils Vertrag endet zum 31. August. Die anderen beiden Mitglieder wollen es dem Vorsitzenden offenbar gleichtun.

Initiator der Bilanzprüfung

Für Eichelmann endet mit dem Rücktritt ein Jahr der Extreme. Wirecard steht seit Anfang 2019 im Feuer der Kritik. Die erhobenen Vorwürfe der britischen Zeitung „Financial Times“ stellten sich letztendlich als wahr heraus: Wirecard hat aller Wahrscheinlichkeit nach große Teile seiner Bilanzsumme gefälscht und überhöhte Umsätze und Gewinne ausgewiesen. Der jüngst vorgelegte Insolvenzbericht Jaffés beschreibt in drastischen Worten die Überschuldung des Konzerns.

Eichelmann war im Juni 2019 in den Aufsichtsrat eingezogen und hatte sich dafür eingesetzt, die Bilanzfälschungsvorwürfe im Rahmen einer Sonderprüfung unter die Lupe nehmen zu lassen. Nach Druck des wichtigen Wirecard-Partners Softbank knickte Vorstandschef Markus Braun im Oktober schließlich ein und stimmte der Beauftragung von KPMG zu. Die Sonderprüfung wurde von Eichelmann beaufsichtigt, der auch den weit gefassten Prüfauftrag formulierte.

Im Januar 2020 wurde der frühere Deutsche-Börse-Vorstand nach dem überraschenden Rücktritt von Matthias dann Chef des Kontrollgremiums. Zunächst stärkte er Braun öffentlich den Rücken, was ihm viel Kritik einbrachte. Intern drang der 55-Jährige, der für seine direkte, von manchem als rabiat empfundene Ansprache bekannt ist, auf eine organisatorische Neuaufstellung des chaotischen Konzerns.

Die KPMG-Sonderprüfung brachte schließlich den langjährigen Konzernprüfer EY auf die richtige Fährte, wodurch der mutmaßliche Milliardenbetrug Ende Juni aufflog. Eichelmann drängte Braun zum Rücktritt und installierte den Deutsche-Börse-Manager James Freis als neuen Vorstandsvorsitzenden. Retten konnte dieser den Konzern nicht mehr, wenige Tage später meldete Wirecard Insolvenz an.

Im Visier der Ermittler der Staatsanwaltschaft München war Eichelmann zuletzt nicht. Dennoch dürfte der spät zum Konzern gestoßene Manager bei der Aufarbeitung des Skandals keine unwichtige Rolle spielen.