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Wirecard ändert seine Strategie und hebt Gewinnprognose bis 2025 an

Der Einstieg des Technologieriesen Softbank zeigt offenbar Wirkung. Der Online-Zahlungsdienstleister will eine halbe Milliarde Euro mehr verdienen.

Wenn Wirecard den Termin für seinen Kapitalmarkttag ankündigt, dann dürfen Anleger stets mit Überraschungen rechnen. Das war im vergangenen Jahr in London so, als der Zahlungsdienstleister aus dem Münchener Vorort Aschheim seine neue Langfriststrategie „Vision 2025“ präsentierte und dabei eine Versiebenfachung von Umsatz und Gewinn ankündigte.

Um die Vision 2025 geht es auch diesmal, wenn das Unternehmen sich ab dem späten Nachmittag deutscher Zeit den Investoren und Analysten in New York präsentiert. Bereits vor dem Start des Börsenhandels in Deutschland am heutigen Dienstag verkündete der Dax-Konzern eine deutliche Anhebung der bisherigen Planzahlen. Statt eines Umsatzes von zehn Milliarden Euro im Jahr 2025 sollen es nun zwölf Milliarden Euro werden.

Der Gewinn vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen wird dann nicht mehr bei 3,3, sondern bei 3,8 Milliarden Euro erwartet. Und das Transaktionsvolumen, das Wirecard für seine mittlerweile 279.000 Kunden abwickelt, soll Mitte der 2020er-Jahre statt bei 710 Milliarden Euro nun bei 810 Milliarden Euro liegen.

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Der wesentliche Treiber für die höhere Prognose dürfte eine Änderung der bisherigen Strategie sein. Das Management um Gründer und Chef Markus Braun legt nun den Fokus auf den Ausbau des Geschäfts mit Großkunden.

Weltkonzerne wie die Großbanken Credit Agricole oder die japanische Mizuho Bank wickeln zwar Zahlungsvorgänge seit Längerem über die Plattform von Wirecard ab. Auch Einzelhändler wie Lidl, die japanische Fluggesellschaft ANA oder der Versicherungsriese Allianz gehören zum Kundenstamm. Der Großteil des Geschäfts kam jedoch über kleine und mittlere Kunden, oft waren es Einzelhändler.

Wirecard muss bei Großkunden aufholen

Dort sind die Margen, die Wirecard durch die Abwicklung von Zahlungsvorgängen verdienen kann, zwar sehr viel größer als bei Großkunden, die häufig aufgrund ihrer Marktmacht den Preis diktieren. Analysten kritisierten indes immer wieder, dass beispielsweise der niederländische Konkurrent Ayden im Geschäft mit den namhaften Großkunden sehr viel besser verankert ist. Der Umsatz pro Kunde sei in diesem Geschäft weitaus höher, der Gewinn mit weniger Aufwand zu erzielen.

Ein wesentlicher Treiber dabei dürfte der Einstieg des japanischen Technologieriesen Softbank gewesen sein. Den hatte Wirecard-Chef Braun zwar schon im April angekündigt. Weil bei der geplanten Maßnahme aber eine Wandelanleihe im Volumen von 900 Millionen Euro ausgegeben werden sollte, wollte das Unternehmen erst die Aktionäre bei der Hauptversammlung im Juni befragen. Die stimmten mit großer Mehrheit zu.

Seit September ist der Deal perfekt und im Handelsregister eingetragen. Vorstandschef Braun hatte zuletzt bereits mehrfach angekündigt, dass mit dem Abschluss der Transaktion auch die Prognosen erhöht werden sollten. Zuletzt hatte das Unternehmen bei der Vorlage der Halbjahreszahlen im August den für dieses Jahr erwarteten Gewinn vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (Ebitda) auf eine Spanne von 765 bis 815 Millionen Euro leicht nach oben gefahren, nach zuvor 760 bis 810 Millionen Euro.

Von der Kooperation mit Softbank verspricht sich Wirecard den Zugang zu den namhaften Unternehmen, an denen Softbank über seinen Technologiefonds bereits beteiligt ist. Dazu gehören unter anderem die deutsche Autohandelsplattform Auto1 oder der US-Telekomriese Sprint. Experten gehen seit geraumer Zeit bereits davon aus, dass Softbank ein weltweites Konglomerat aus vielen Branchen schmieden will und Wirecard dabei die Aufgabe zufällt, dessen Zahlungsverkehr über die hauseigene Plattform abzuwickeln.

Zudem soll über die Partnerschaft mit Softbank der Zugang zu den Märkten in Japan und Südkorea ausgebaut werden, auf denen Wirecard bisher deutlich weniger präsent ist als in vielen anderen Teilen Asiens.

Neue Bezahllösungen für den Einzelhandel

Das geplante Wachstum soll aber nicht nur durch die Zusammenarbeit mit dem Softbank-Konglomerat forciert werden. In New York will Wirecard ab dem Nachmittag auch seine neuen Lösungen für den Einzelhandel präsentieren.

In Deutschland schieben viele Verbraucher im Supermarkt den Einkaufswagen an die Kasse, lassen die Ware über das Band laufen und bezahlen anschließend in bar. In vielen anderen Ländern gibt es in den Märkten aber bereits sehr viel modernere und vor allem schnellere Modelle.

In diesem Zusammenhang präsentierte Wirecard am Morgen den Ausbau der Zusammenarbeit mit SES Imagotag. Das 1992 gegründete Unternehmen aus Frankreich bezeichnet sich selbst als Weltmarktführer für elektronische Preisschilder. Die Branche spricht hier von Electronic Shelf Labels (ESL).

Genau diesen fällt in den kommenden Jahren eine weitaus größere Bedeutung zu als die reine Anzeige des Kaufpreises, so die Vorstellung beider Unternehmen. Soll doch künftig die mobile Bezahlfunktion von Wirecard in die Preisschilder von SES Imagotag integriert werden, die bereits in rund 20.000 Filialen in 62 Ländern hängen.

Der Kunde scannt dabei via Smartphone den Preis ein, kann so bereits bezahlen und erhält gleichzeitig Informationen über das Produkt – von Kundenbewertungen bis hin zu Bonusprogrammen. Der Einzelhändler weiß im Gegenzug, welche Waren ein Kunde bevorzugt, und sieht gleichzeitig, wann ein Regal nachgefüllt werden muss.

Besondere Chancen auf dem US-Markt

Kritiker der Methode monieren, dass der Kunde durch solche Möglichkeiten „gläsern“ werde, der Händler könne dessen Einkaufsverhalten komplett durchleuchten.

Besondere Chancen erwarten sich Wirecard und SES Imagotag speziell auf dem US-Markt. Deshalb haben sich beide Unternehmen die Präsentation ab dem späten Nachmittag speziell für den Kapitalmarkttag in New York vorbehalten. Für Wirecard hat der Schritt zudem den Vorteil, dass die Präsenz am US-Markt ausgebaut werden könnte. Im Vergleich speziell zu Asien, aber auch zu den aufstrebenden Märkten in Afrika sehen Analysten in den USA noch Nachholbedarf.

Am Aktienmarkt kam Wirecards Prognose zunächst gut an. Bei einem insgesamt schwachen Handelsstart war die Aktie anfangs mit einem Plus von 1,3 Prozent auf 146,40 Euro der größte Gewinner im Dax. Anschließend setzten aber Gewinnmitnahmen ein, die Aktie gehörte mit einem Minus von rund drei Prozent zu größten Verlierern des Tages. Bereits am Vortag hatte der Kurs 2,7 Prozent zugelegt. Analyst Knut Woller vom Research-Haus Baader Helvea bestätigte in einer ersten Einschätzung seine Kaufempfehlung und das Kursziel von 230 Euro.

Wirecard wächst seit Jahren rasant und erwirtschaftete 2018 einen Umsatz von 2,02 Milliarden Euro und einen Betriebsgewinn von 560,5 Millionen Euro. Der 20 Jahre alte Finanzkonzern, der mehr wert ist als die Deutsche Bank, ersetzte vor einem Jahr die Commerzbank im Dax.