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Die wichtigsten Fragen und Antworten zum Brexit-Chaos

Noch am Mittwoch gab das Kabinett der britischen Premierministerin Theresa May dem Entwurf des Brexit-Vertrags mit Brüssel grünes Licht. Doch wenige Stunden später schlug die Stimmung um. Brexit-Minister Dominic Raab und Arbeitsministerin Esther McVey reichten am Donnerstag ihr Rücktrittsgesuch ein, neben zahlreichen Politikern aus der zweiten Reihe.

Die Premierministerin könnte für den Deal mit Brüssel einen hohen Preis bezahlen: Einige ihrer konservativen Parteikollegen wollen ein Misstrauensvotum erzwingen.

Dennoch hoffen EU-Politiker und Unternehmer, dass May den Brexit-Plan im britischen Parlament durchbringt. Doch viele bereiten sich auch auf einen harten Brexit vor. Hier die wichtigsten Fragen und Antworten.

1. Was ist am Donnerstag in Großbritannien passiert?

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Die britische Premierministerin verteidigte im Parlament in London den Entwurf für ihr Brexit-Abkommen mit der Europäischen Union. Doch dort schlug ihr gehörig Widerstand entgegen. Es scheint nun höchst unwahrscheinlich, dass May das Abkommen durch das Unterhaus bekommt.

Aus Protest gegen die Vereinbarung traten der für den EU-Ausstieg zuständige Minister Raab, Nordirland-Minister Shailesh Vara sowie die Arbeitsministerin McVey zurück.

2. Wer ist gegen den Entwurf des Abkommens?

Mays Konservative Partei verfügt über keine eigene Mehrheit und die nordirische Partei DUP sprach sich gegen den Entwurf aus. Mays Minderheitsregierung hängt von der Unterstützung der DUP ab.

Wie der „Daily Telegraph“ am Freitag unter Berufung auf das Umfeld von DUP-Chefin Arlene Foster berichtet, will die nordirische Partei der britischen Premierministerin die Unterstützung entziehen. Sollte May nicht abgelöst werden, würde die Zusammenarbeit beendet, heißt es. Die Minderheitsregierung der Torys unter May ist im Parlament von den Stimmen der protestantischen und pro-britischen DUP abhängig.

Aber auch die oppositionelle Labour-Partei sprach sich gegen den Deal aus. Zudem wollen die SNP und die Liberalen dagegen stimmen. Mehr als 80 Tory-Hinterbänkler könnten den Deal ebenfalls ablehnen. Anfang Dezember kommt es im britischen Unterhaus dann zum Showdown. May warnte, dass eine Ablehnung des Deals „einen Weg tiefer und schwerwiegender Unsicherheit“ nach sich ziehen werde.

3. Könnte May gestürzt werden?

Mays konservativer Widersacher Jacob Rees-Mogg forderte den Rücktritt der Premierministerin. Gerüchten zufolge sind die notwendigen 48 Briefe von Tory-Abgeordneten für einen Misstrauensantrag bereits fast annähernd zusammen.

Dass ein Misstrauensvotum erfolgreich sein könnte, gilt jedoch als unwahrscheinlich. Es zeichnet sich kein Kandidat ab, der die zerstrittene Tory-Fraktion hinter sich vereinen könnte.

4. Wie reagieren die EU-Staaten auf die Ereignisse?

Die EU-Staats- und Regierungschefs wollen auf einem Sondergipfel am 25. November über den Brexit-Vertragsentwurf entscheiden.

Da Nachverhandlungen für die EU laut Bundeskanzlerin Angela Merkel nicht infrage kommen dürften, könnte es bei einem Scheitern Mays im Parlament zu einem harten Brexit kommen. „Wir müssen uns darauf vorbereiten, dass es einen Austritt Großbritanniens ohne Abkommen geben könnte“, warnte Frankreichs Ministerpräsident Edouard Philippe in Dünkirchen. Dies werde sein Land vor „sehr große Probleme“ stellen, insbesondere was den Handel über den Ärmelkanal angehe.

Kanzlerin Merkel betonte, dass nun ein Dokument auf dem Tisch liege, dem Großbritannien und die EU der 27 zugestimmt hätten.

EU-Ratspräsident Donald Tusk meinte, es obliege ihm nicht, „die jüngsten Entwicklungen in London zu kommentieren“. Die EU sei auf eine Vereinbarung vorbereitet. „Wir sind auch für ein No-Deal-Szenario vorbereitet, aber natürlich sind wir am besten auf ein No-Brexit-Szenario vorbereitet.“

Die Regierungschefs Polens und Tschechiens lobten die Einigung von London und Brüssel zum Brexit-Entwurf. „Wir haben alles getan, damit es zu einem Kompromiss kommt“, sagte der polnische Ministerpräsident Mateusz Morawiecki. Tschechiens Ministerpräsident Andrej Babis warnte vor weiteren Hürden. „Die Situation in Großbritannien ist nicht einfach.“

5. Was sagen Unternehmen zu den Ereignissen?

Der Chefvolkswirt der Allianz-Gruppe, Michael Heise, sagte: „Die Wirtschaft ist gut beraten, noch nicht zu jubilieren, sondern sich weiter auf einen No-Deal-Brexit vorzubereiten.“

Der deutsche Autohersteller BMW, der auch in England produziert, wappnet sich auch für das „denkbar schlimmste Szenario“, einen harten Brexit. Die mit Brüssel getroffene Vereinbarung sei zwar ein Schritt in die richtige Richtung, erklärte BMW, doch die politische Lage in Großbritannien sei nach den Protest-Rücktritten britischer Minister ungewiss. „Unsicherheit ist nicht gut für das Geschäft.“

Bosch und zahlreiche andere große Zulieferer hoffen, dass die Einigung nicht scheitert. „Ein No-Deal-Szenario würde für uns Mehrkosten im mittleren zweistelligen Millionen-Euro-Bereich pro Jahr bedeuten“, sagte der Chef der britischen Bosch-Tochter, Steffen Hoffmann, dem Handelsblatt, „allein durch die Wiedereinführung von Zöllen sowie deren administrative Abwicklung.“

Der Präsident des Deutschen Industrie- und Handelskammertags (DIHK), Eric Schweitzer, sagte der „Neuen Osnabrücker Zeitung“: „Für ein Aufatmen ist es aber leider noch zu früh.“ Er fügte hinzu: „Es steht viel auf dem Spiel, denn das Vereinigte Königreich ist der fünftwichtigste Handelspartner für Deutschland.“

Ein Sprecher der Lufthansa klagte: „Es gibt überhaupt keine Klarheit, wie die Diskussion am Ende ausgehen wird.“

6. Welche Folgen hatte es für die Märkte?

Das Thema Brexit hält die Anleger weltweit in Atem. Börsianer sind zunehmend nervös, dass es zu einem chaotischen EU-Ausstieg Großbritanniens kommen könnte. Das britische Pfund geriet nach dem Rücktritt der Minister erneut unter Druck: Mit einem Minus von knapp zwei Prozent steuerte die Währung auf den größten Tagesverlust seit zwei Jahren zu.

Auch der Euro ist zeitweise durch politische Turbulenzen in Großbritannien belastet worden. Die Gemeinschaftswährung fiel zwischenzeitlich bis auf 1,127 US-Dollar, erholte sich aber wieder auf zuletzt 1,134 Dollar.

„Investoren flüchten aus Großbritannien wie die Minister aus dem Kabinett“, sagte David Riley, Chef-Anlagestratege des Vermögensverwalters BlueBay.

7. Wie geht es weiter?

Die Brexit-Gegner hoffen, dass es zu einem zweiten Referendum und einer Abkehr vom EU-Austritt kommen könnte. Labour-Chef Jeremy Corbyn hofft auf eine Neuwahl.

Nun steht der Sondergipfel am 25. November bevor, auf dem der Austrittsvertrag von den Staats- und Regierungschefs der EU gebilligt werden soll. Auch das Europaparlament muss zustimmen, damit der Vertrag in Kraft treten kann. Der Brexit-Beauftragte des Europaparlaments, Guy Verhofstadt, sagte, der Entwurf sei „die beste Vereinbarung, die wir bekommen konnten“.

Mit Agenturmaterial