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Die Wetterdienste haben tagelang vor den Unwettern in Deutschland gewarnt — warum kam es trotzdem zur Katastrophe?

Ein Blick auf das Chaos, dass die Überflutungen in der Innenstadt von Euskirchen hinterlassen haben.
Ein Blick auf das Chaos, dass die Überflutungen in der Innenstadt von Euskirchen hinterlassen haben.

Die erste Warnung ging am 10. Juli raus, eine Woche vor dem Unglück. Das European Flood Awareness System (EFAS) hat sie verschickt, berichtete dessen Mitentwicklerin, die Hydrologin Hannah Cloke, der britischen Zeitung "The Times". Die Efas passte ihre Warnmeldungen in den folgenden Tagen immer wieder an, warnte vor "extremen Überflutungen" in Westdeutschland.

So, wie am 11. Juli der private Wetterdienst Kachelmannwetter: "Gebietsweise deuten sich in Deutschland Überflutungen und Hochwasser an." Zwei Tage später verschickte der Deutsche Wetterdienst eine "Amtliche Gefahrenmeldung." Es sei mit Überflutung von Kellern und Straßen, mit Hochwasser in Bächen und Flüssen, mit Erdrutschen und örtlich auch mit Blitzschäden zu rechnen. In der Eifel wurde die höchste Unwetterwarnstufe ausgerufen.

Ab dem 14. Juli kam der Dauerregen, dann das Hochwasser, die Überflutungen und die Zerstörung. Häuser, Stadtteile und ganze Landstriche in Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz wurden zerstört. Mindestens 150 Menschen starben, viele weitere werden noch immer vermisst, Hunderte wurden verletzt. Eine Katastrophe.

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Hochwasser-Expertin Cloke sprach in der "Times" von einem "monumentalen Systemversagen": "Die Tatsache, dass Menschen nicht evakuiert wurden oder die Warnungen nicht erhalten haben, legen nahe, dass etwas schiefgegangen ist."

Aber was?

Wurde nicht deutlich genug vor dem Hochwasser gewarnt? Oder wurden die Warnungen nicht gehört?

"Unsere Warninfrastruktur hat geklappt", sagte Armin Schuster, der Präsident des Bundesamts für Bevölkerungs- und Katastrophenschutz (BBK), am Sonntagabend im "heute journal". Der Deutsche Wetterdienst habe die Unwettern "relativ gut" vorhergesagt, es seien zwischen Mittwoch und Samstag vergangener Woche 150 Warnmeldungen über die Apps des Amtes — Katwarn und Nina — verschickt worden.

Diese Apps nutzen jedoch nur wenige Bürger, die Nina-Warnapp hatte zu Beginn des Monats nur 9 Millionen User. Und, so suggerierte Schuster, diese Nutzer der App würden deren Warnungen nicht immer Folge leisten. Er fordert, wieder mehr Sirenen in Deutschland zu installieren, die in Katastrophenfällen warnen. Doch ohnehin sei es schwierig, in einem Land, das noch nie Erfahrungen mit Unwettern und Überflutungen im Ausmaß wie in diesem Jahr gemacht habe, mit Warnungen durchzukommen. "Wenn wir die Menschen warnen wollen, war das bisher oft ein schweres Mühen", sagte Schuster. "Oft galten wir als Panikmacher."

Am Montagmorgen erklärte sich Schuster im Deutschlandfunk weiter: "Die Warninfrastruktur ist nicht unser Problem gewesen, sondern die Frage, wie sensibel reagieren Behörden und die Bevölkerung auf diese Warnungen?" Schließlich habe der Deutsche Wetterdienst Warnungen verschickt, diese seien an die Hochwasserzentralen der Länder gegangen und von da an die Kreisbehörden. Letztlich kamen diese Warnungen jedoch nicht bei der Bevölkerung an. Auch, weil es in Deutschland nicht nur kaum noch Warnsirenen für den Katastrophenfall gibt, sondern zudem kein Warnsystem per Alarm-SMS, wie etwa in den USA oder Russland.

Hinzu kommen die langen Wege im föderalen System. Denn tatsächlich ist der Katastrophenschutz in Deutschland Ländersache. Das BBK kann Warnungen verschicken, auf Anfrage der Länder Hilfestellung geben, aber keine Führungsaufgaben in Notlagen übernehmen. Auf Warnungen muss vor Ort reagiert werden — und das geschah offenbar zu spät.

Die politische Aufarbeitung der Hochwasser-Katastrophe hat bereits begonnen

Die Grünen-Kanzlerkandidatin Annalena Baerbock forderte deshalb am Montag in einem Interview mit dem "Spiegel", dass der Bund im Katastrophenschutz mehr Verantwortung übernehmen solle. Das BBK soll Baerbocks Vorstellungen zufolge in Extremsituationen "eine schnellere Koordinierung der verschiedenen Ebenen und Akteure" gewährleisten und "mit einer Zentralstellenfunktion ausgestattet werden, wie wir sie in der Polizeiarbeit vom Bundeskriminalamt kennen." Baerbock forderte zudem — wie schon vor zwei Wochen — einen staatlichen Hilfsfonds für die Opfer von Naturkatastrophen sowie ein striktes Bauverbot in Hochwasserrisikogebieten.

Weit schärfere Kritik am Katastrophenschutz kommt von der FDP. Die Bundestagsfraktion der Liberalen hat nach den katastrophalen Überschwemmungen mittlerweile eine kurzfristige Sondersitzung des Innenausschusses beantragt. Es solle dabei um die Abläufe der Warn- und Alarmierungsverfahren in der vergangenen Woche sowie Schlussfolgerungen des Bundesamtes für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe (BBK) und der Bundesregierung gehen. Die FDP will dafür BBK-Chef Schuster und Innenminister Horst Seehofer (CSU) persönlich vorladen. "Der Vorwurf steht im Raum, dass mit großer Vorlaufzeit Erkenntnisse über die drohende Gefahrenlage für die Hochwassergebiete bekannt waren. Trotzdem hat es so viele Tote und unbeschreibliche Verwüstungen gegeben", sagte Stephan Thomae, der stellvertretende FDP-Fraktionsvorsitzende. "Es bietet sich das Bild eines erheblichen Systemversagens, für das der Bundesinnenminister Seehofer unmittelbar die persönliche Verantwortung trägt."

Seehofer wies die Kritik am Montag während eines Besuchs der Hochwassergebiete als "billige Wahlkampf-Rhetorik" zurück. Besonders die Forderungen Baerbocks wischte er beiseite: "Zentralismus verbessert hier gar nichts."

Mit Material der dpa