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Werksschließungen werden zur Bewährungsprobe für den Voith-Aufseher

Der neue Chefkontrolleur will gemeinsam mit CEO Toralf Haag zwei Werke schließen. Der Ruf des schwäbischen Familienunternehmens steht auf dem Spiel.

In Heidenheim waren vor zehn Monaten alle mit dem ehemaligen Siemens-Manager Siegfried Russwurm glücklich. Mit dem 56-Jährigen schien der Technikkonzern Voith einen erfahrenen und vergleichsweise jungen Aufsichtsratschef gefunden zu haben. Da hatten sich die Schwaben gerade nach nur sieben Monaten von Vorstandschef Stephan Schaller und kurz danach auch von dem 72-jährigen Aufsichtsratschef Hans-Peter Keitel getrennt.

Russwurm sollte den Traditionskonzern wieder in ruhigere Bahnen führen. Als dessen Expertise dann im April auch im Aufsichtsrat dem angeschlagenen Industriekonzern Thyssen-Krupp gefragt war, gab es an der Brenz allerdings eine leichte Verunsicherung, dass Russwurm dies von den Aufgaben bei Voith ablenken könnte.

Die Befürchtungen schienen unbegründet. Im Gespann mit dem neuen Vorstandschef Toralf Haag, 53, hat Voith deutlich an Entscheidungsfreude zugelegt. Erst vor wenigen Wochen kaufte das Traditionsunternehmen den schwedischen Konzern BTG für 319 Millionen Euro. Auch an der zum Verkauf stehenden VW-Tochter Renk soll Voith Interesse bekundet haben.

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Jetzt zeigt das Duo erstmals, dass es auch zu unpopulären Maßnahmen bereit ist: Im Bereich Turbo wollen die Manager mit Sonthofen und Zschopau bis Ende 2020 zwei der zehn Inlandswerke schließen. Ausführen muss den Plan der 48-jährige Spartenchef Uwe Knotzer.

Insgesamt sollen per saldo rund 230 Arbeitsplätze von insgesamt 5000 in der Antriebssparte wegfallen, weitere knapp 370 Stellen würden an andere Standorte verlagert. Bis 2021 soll das einen positiven Ergebniseffekt bei Voith Turbo im niedrigen zweistelligen Millionenbereich bringen. „Voith Turbo sieht sich mit einem steigenden Wettbewerbs- und Margendruck konfrontiert“, sagt Knotzer. Gleichzeitig steige der Investitionsbedarf. Eine Fortführung der Produktion sei wirtschaftlich nicht sinnvoll.

Die Aktion kann sich zur ersten harten Bewährungsprobe für das Gespann Russwurm/Haag auswachsen. Denn vor Ort formiert sich massiver Widerstand. „Es gibt keinerlei industrielle Logik. Wir haben null Verständnis “, sagte Carlos Gil, der zweite Bevollmächtigte der IG Metall Allgäu. Der Schließungsbeschluss kam für die Sonthofener aus heiterem Himmel.

Das Werk mit 400 Jahren Tradition arbeite mit 500 Beschäftigten voll ausgelastet im Dreischichtbetrieb. „Ein solches Vorgehen kennen wir nur von börsennotierten Kapitalgesellschaften, nicht aber von einem 152 Jahre alten Familienunternehmen“, klagte der Gewerkschafter und drohte: „Die Konzernzentrale wird uns kennen lernen.“

Voith kündigte an, in enger Abstimmung mit den Arbeitnehmervertretern vor Ort fair und sozial verträglich vorzugehen. „Uns ist bewusst, dass die geplanten Einschnitte an den betroffenen Standorten sehr schmerzhaft sind. Und wir wissen auch um die Verantwortung.“ Die Atmosphäre scheint indes vergiftet. Die Arbeitnehmer haben bereits das bayerische Wirtschaftsministerium eingeschaltet.