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Fondshäuser: Weniger Frauen, weniger Rendite

Frauen sind in der Branche noch immer deutlich unterrepräsentiert. Wissenschaftler haben nachgewiesen: Das ist schlecht für die Performance der Fonds.

Der Skandal um den Hollywood-Produzenten Harvey Weinstein war ein Wendepunkt in der öffentlichen Diskussion um sexuelle Belästigung und Gleichberechtigung. Die Enthüllungen vor zwei Jahren schlugen hohe Wellen und waren der Start der #MeToo-Bewegung. Längst hat die Diskussion über den fairen Umgang zwischen den Geschlechtern auch die Finanzbranche erreicht – und sie hat dort Positives bewirkt.

Nach dem Weinstein-Skandal stellte sich eine Gruppe von Wissenschaftlern rund um Alexander Kempf vom Centre for Financial Research an der Universität Köln die nicht unbedingt naheliegende Frage, ob die Weinstein-Ereignisse auch für Vermögensverwalter relevant sein könnten. Die Antwort der Wissenschaftler ist bemerkenswert: „Wir haben nachgerechnet, dass nach der Aufdeckung des Skandals die Anlageleistungen von Fondsmanagerinnen deutlich besser wurden“, berichtet Kempf.

Er untersuchte die Erträge von US-Aktienfonds auf dem amerikanischen Absatzmarkt in der Zeit vom Frühjahr 2016 bis zum Frühjahr dieses Jahres. „Vor Weinstein waren die Managerinnen leicht unterlegen, aber kurz nach Aufdeckung des Skandals, ab Oktober 2017, wurden sie schnell besser als die Männer.“

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Bis zum Ende der Beobachtungsperiode hätten die weiblichen Fondsmanagerinnen über drei Prozentpunkte an Mehrertrag geliefert. „Das ist deutlich und hat uns selber in dieser Klarheit überrascht“, meint Kempf.

In der Fondsbranche ist damit ein deutlicher #MeToo-Effekt zu erkennen. Der Kölner Experte zieht daraus mehrere Schlüsse: „Frauen sind eigentlich die besseren Anleger“, urteilt er.

Noch wichtiger sei jedoch die Verbesserung der Leistung in der Post-Weinstein-Ära. „Ich interpretiere das so: Sexuelle Belästigung hindert Frauen daran, ihre wirklichen Fähigkeiten abzurufen“, sagte Kempf. Nach dem Skandal hätten die Vermögensverwalter Maßnahmen ergriffen, um Belästigungen vorzubeugen.

Die Akademiker um Kempf nahmen sich separat die öffentlich bekannten Fälle vor, in denen Finanzhäuser mit Fondsverwaltern auf tatsächliche Belästigungsklagen mit Schadensersatzzahlungen an Betroffene, Entlassung von Beschuldigten oder vorbeugenden internen Maßnahmen reagierten.

Wieder errechnete Kempf ein interessantes Ergebnis: „Zu dieser Zeit verbesserten sich auch die Erträge weiblicher Manager im Vergleich zu den männlichen Kollegen in der Branche.“ Kempf wertet dies als weiteren Beleg für seine These, dass Managerinnen ihren Kollegen im Schnitt überlegen sind.

Die Ergebnisse sind nicht unumstritten, denn andere Auswertungen kommen zu anderen Resultaten. Nisha Long, Analyseleiterin beim Finanzdienstleister Citywire stellte sich im vergangenen Jahr die Frage, sollte man sein Geld besser von einem Mann oder einer Frau anlegen lassen?

Ihr Ergebnis: Die beste Leistung liefern nach Longs Untersuchung gemischte Teams. Demnach erwirtschafteten Managerteams mit Vertretern beider Geschlechter über drei Jahre rund vier Prozentpunkte mehr Ertrag als ausschließlich von Frauen gesteuerte Fonds.

Gemischte Teams liegen immerhin noch einen halben Prozentpunkt über dem Ergebnis reiner Männergruppen. Auch bei den Wertschwankungen gab es Differenzen. „Es gibt fundamentale Unterschiede im Verhalten. Frauen gehen weniger Risiken ein als Männer“, stellte Long fest. Sie resümiert: „Betrachtet man Erträge und Wertschwankungen zusammen, dann sind gemischte Teams die beste Lösung.“

Doch das mit den gemischten Teams ist gar nicht so einfach, denn Fondsmanagerinnen sind in der männerdominierten Finanzbranche deutlich unterrepräsentiert: „Es gibt kaum Fortschritte, obwohl so viel darüber geredet wird“, meint Long.

„Nur elf Prozent sind weiblich“

Die Citywire-Analystin erhebt Jahr für Jahr Daten zur Verteilung der Geschlechter in der Asset-Management-Branche und blickt dabei auf rund 16.100 Fondsverantwortliche, die knapp 27.000 Fonds mit fast 15 Billionen Euro Kapital steuern. Ihr Urteil fällt ernüchternd aus: „Nur rund elf Prozent der Manager sind weiblich.“

Deutsche Fondsmanagerinnen halten vor diesem Hintergrund einen diskriminierungsfreien Umgang unter Kollegen und Vorgesetzten für ein wichtiges Kriterium für Erfolg. „Es ist ganz klar, dass ein konstruktives Arbeitsumfeld für alle besser ist, weil sich dann die Leistung verbessert“, meint Britta Weidenbach von der DWS, der Fondstochter der Deutschen Bank. So sieht es auch Sonja Laud, die ihre Karriere beim gleichen Arbeitgeber im Team des bekannten Managers Klaus Kaldemorgen begann.

Seit Juli ist sie Chef-Anlagestrategin beim großen Vermögenverwalter Legal & General Investment Management. Für Laud ist klar: „Angespannte Arbeitsverhältnisse sind unproduktiv. Frauen haben das Gefühl, sie werden nicht mehr gehört.“

Echte Belästigungen seien umso belastender. „In den Teams können in einer emotional geführten Debatte, wie wir sie erlebt haben, auch Männer verunsichert sein, weil sie nicht mehr wissen, wie sie sich verhalten sollen“, ergänzt sie. Für Laud ist klar: „Gemischte Teams aus Managern und Frauen funktionieren nur, wenn gegenseitiges Vertrauen da ist.“

Leistung ist klar messbar

Die Finanzbranche schrecke Frauen schon in einem frühen Karrierestadium ab, fürchtet, DWS-Managerin Weidenbach: „Die gesamte Branche hat einen Männerüberhang. Das macht es für Frauen weniger attraktiv, denn wir arbeiten lieber in einer Umgebung mit einer ausgewogeneren Mischung der Geschlechter.“

Nach Ansicht von Martin Gilbert, einem der bekanntesten britischen Vermögensverwalter, gilt es zudem eine zusätzliche Hürde zu überwinden: Kunden und damit Investoren wollen nach Gilberts Meinung einfach keine Änderungen.

Nach den Statistiken von Citywire ist der echte Einfluss der Frauen im Fondsmanagement noch geringer, als es ein simples Abzählen nach Geschlecht suggeriert. Gemessen am verwalteten Kapital ist die Übermacht der Männer noch deutlich stärker ausgeprägt. „Frauen tummeln sich meist in Nischensegmenten oder werden dort hineingedrängt“, meint Citywire-Analystin Long.

Bei großen Anlagegebieten, die viel Kapital anziehen, wie etwa europäische und globale Aktien, zählte sie dagegen im letzten Jahr nur sieben neue Fondsmanagerinnen, aber 106 neue Fondsmanager. Im laufenden Jahr sei nicht einmal eine einzige Fondsmanagerin dazugekommen.

Nach Ansicht von Weidenbach sollten sich weibliche Manager bei ihrer Zukunftsplanung jedoch nicht voreilig von der Finanzbranche abwenden. Sie sieht Frauen gerade im Fondsmanagement auf Augenhöhe mit männlichen Kollegen. „Leistung ist mit der Fonds-Performance ganz klar messbar, in vielen anderen Wirtschaftsbereichen geht das nicht, da beurteilen Vorgesetzte subjektiv“, sagt die DWS-Frau. Für sie ist der Vorteil klar: „Wenn sich Frauen im Fondsmanagement durch gute Anlageerträge auszeichnen, dann kann das jeder sehen.“

Frauenanteil stieg um fünf Prozentpunkte

Eine Karriere wie die von Laud, die heute für 1,3 Billionen Euro an Kundengeldern verantwortlich ist, bleibt allerdings bislang eine Ausnahme in einer von Männern dominierten Wirtschaftswelt. Aus deutscher Sicht machte deshalb kürzlich SAP Schlagzeilen. Jennifer Morgan hat Bill McDermott als Konzernchef abgelöst. Zum ersten Mal übernimmt damit eine Frau bei einem Dax-Konzern die Chefrolle.

Die Finanzbranche ist von einem Durchbruch in Sachen Gleichberechtigung noch weit entfernt, aber immerhin stellte die Beratungsgesellschaft Oliver Wyman jüngst Fortschritte fest: Der Frauenanteil in den großen deutschen Banken, Versicherungen und bei den Vermögensverwaltern stieg in drei Jahren von zehn auf 15 Prozent.

Manche Asset-Manager kommen sogar auf Quoten von 20 Prozent oder mehr. Zu diesen positiven Beispielen zählen etwa die großen Fondssparten von JP Morgan, HSBC und BNP Paribas. An der Spitze liegen kleinere Häuser. Die französische Ofi Asset Management erreicht eine Frauenquote von 35 Prozent, die italienische Eurizon Capital 34 Prozent.

Eurizon unterstützt weibliche Mitarbeiter laut Long etwa mit flexiblen Arbeitszeiten, Rückkehrprogrammen nach dem Mutterschaftsurlaub und besonderer Beachtung bei Stellenbesetzungen. Laut dem Ranking liegen die großen deutschen Häuser eher im Mittelfeld. Am besten schneidet Allianz Global Investors mit zwölf Prozent ab. Union Investment erreicht nur die Hälfte dieser Quote.