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Welches Potential hat die Digitalisierung der Wirtschaft?

Wir sprechen zunehmend über die Risiken der digitalen Transformation – allen voran Arbeitsplatzverluste und die Zentralisierung von Produktion. Wie wir unseren Wohlstand trotz dieser Probleme mehren können.

Die diesjährige Jahrestagung des World Economic Forums in Davos vom 17.-20. Januar befasst sich schwerpunktmäßig mit der 4. industriellen Revolution, auch als Digitalisierung oder Industrie 4.0 bezeichnet. Dies ist wichtig, denn es existieren nach wie vor nur recht vage Vorstellungen über ihr Wesen und ihre Erscheinungsformen sowie die möglichen Konsequenzen für die Menschen wie auch für die Politik.

Grundsätzlich bedeutet Industrie 4.0, dass digitale Steuerungselemente und eine sich permanent vertiefende Vernetzung innerhalb und zwischen Unternehmen sowohl bei der Leitung dieser Unternehmen als auch in deren Produktionsprozessen eine immer wichtigere Rolle spielen. Informationstechnologie und das Internet werden immer bedeutsamer für die Unternehmen und ihre Mitarbeiter. Diese Digitalisierung und Vernetzung dienen der Effizienzsteigerung der Unternehmen, der Beschleunigung ihrer Abläufe und damit dem Ziel der Gewinnerzielung.

Genauso wie bisher eine genaue Definition fehlt und sich der Prozess der digitalen Transformation selber beständig wandelt, sind die Konsequenzen für die Gesellschaft, insbesondere die Arbeitnehmer und die Unternehmen unklar. Deshalb sind auch die politische Einordnung und politische Antworten auf die Digitalisierung nicht eindeutig und kontrovers. Dieser Beitrag dient entsprechend nicht dazu, Politikempfehlungen abzuleiten, sondern eher der Identifikationen der Trends und ihrer möglichen Wirkungen.

Beginnen wir mit den Unternehmen. Sie können sich auf der Habenseite besser global vernetzen und schneller auf neue Herausforderungen reagieren; sie können besser an die Kunden heranrücken und deren Bedürfnisse erkennen. Sie können ihre Produktionsprozesse verschlanken und flexibler gestalten. Und sie können neue – teils digitale Produkte kreieren, die neue Märkte schaffen.

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Auf der Sollseite sind Unternehmen auch schärferem Wettbewerb ausgesetzt. Ihre Einbindung in globale Wertschöpfungsketten oder gar -netzwerke wird fragiler und kann schneller in Frage gestellt werden. Sie sind als Handelspartner für andere Unternehmen noch stärker ersetzbar. Die Produktpalette kann noch schneller veralten, als es bereits seit langem der Fall ist. Darüber hinaus könnte es sogar sein, dass die Produktionsprozesse wieder zentralisiert werden, das heißt die Wertschöpfungsketten würden dann wieder kürzer werden. Man denke nur an den 3D-Drucker, der es ermöglicht, verschiedene bisher an unterschiedlichen Standorten hergestellte Bauteile eines Produkts zentral zu produzieren. Dann hätte die Digitalisierung und Vernetzung den paradoxen Effekt, dass sie in der letzten Konsequenz die Vernetzung reduzieren.


Die soziale Schere könnten sich weiter öffnen

Aus Sicht der Arbeitnehmer kann die Digitalisierung vor allem diejenigen entlasten, die bislang stupide Tätigkeiten durchführen mussten, weil etliche Routinetätigkeiten nun durch Roboter erledigt werden. Dies könnte dazu beitragen, das kreative Potential der Beschäftigten besser zu nutzen und die Arbeitszufriedenheit zu steigern. Dies setzt allerdings voraus, dass die Betroffenen die dafür benötigte Qualifikation mitbringen beziehungsweise diese ihnen bescheinigt wird.

Denn es ist nicht ausgeschlossen, dass Arbeiten mit geringen qualifikatorischen Anforderungen zwar durch Roboter erledigt werden, aber die betroffenen Arbeitnehmer nicht in neue Tätigkeiten kommen. Die anspruchsvollen und kreativen Tätigkeiten werden dann gerade nicht von ihnen, sondern von Hochqualifizierten durchgeführt. Die soziale Schere könnten sich dann weiter öffnen.

Dies wäre für die Gesellschaft in zweierlei Hinsicht Gift, denn erstens steigen die internen Konfliktpotentiale zwischen den gut ausgebildeten und flexiblen Menschen und denen, die weniger gut gebildet sind und deren Optionen nun geringer werden. Zweitens kann dieser Konflikt möglicherweise nur dadurch gelöst werden, dass er auf einen Dritten, nämlich das Ausland übertragen wird. Anstelle der Digitalisierung würde dann die Globalisierung oder sogar einzelnen Länder zum Schuldigen für die heimischen Probleme ernannt.

Dies ist bereits sichtbar, zum Beispiel in Großbritannien und den Vereinigten Staaten, wo soziale und ökonomische Probleme gegen besseres Wissen der Europäischen Union beziehungsweise Mexico und China angelastet werden, und könnte sich in protektionistischen Maßnahmen ausdrücken. Dies wäre eine weitere Bedrohung des internationalen Handels und damit auch des internationalen Friedens.

Beide Trends, das heißt die technologisch bedingte Rezentralisierung von Produktionsprozessen und die entlassungsbedingte Verschärfung von Handelsbarrieren, träfe vor allem, aber nicht nur, die weniger entwickelten Länder. Deren Unternehmen sind ohnehin nur unzureichend an der globalen Wertschöpfungskette beteiligt und bieten im Zweifel die Güter und Vorprodukte an, die in den Industrieländern im Verlauf des Strukturwandels bereits obsolet geworden sind, aber im Bewusstsein der Menschen immer eine hohe Bedeutung haben – wie Stahl in den USA.

Dann hätte die vierte industrielle Revolution eine dramatische Konsequenz. Sowohl global als auch national steigen die Einkommensdifferenzen und sänke die Bereitschaft, miteinander zu handeln. Gesellschaften, die bereits heute einige Tendenzen zur Spaltung aufweisen, würden möglicherweise noch stärker gespalten werden. Internationale stiege das Misstrauen.

Dazu muss es aber nicht kommen. Die Politik in den allen Ländern hat vielfältige Mittel, den Wohlstand trotz Industrie 4.0 zu bewahren oder ihn gar mithilfe von Industrie 4.0 zu steigern. Stichworte sind Anstrengungen in der Bildungspolitik, zielgenaue Sozialpolitik, Investitionen in die digitale Infrastruktur und eine klare Absage an den Protektionismus. Denn wenn auch die Konsequenzen der Digitalisierung unklar sind, die Konsequenzen eines sich verschärfenden Protektionismus sind es: Er löst keines der potentiellen Probleme und schafft etliche neue. Die Beiträge auf der Website des World Economic Forums zeigen, dass führende Akteure globaler Politik das durchaus begreifen. Sie müssen es nur durchsetzen.

KONTEXT

Die Entwicklung der Industrie

Industrie 1.0

Industrieära: 1784

Technologische Revolution: Mechanische Produktion mit Wasser-/Dampfkraft

Transformatorischer Wandel: Substitution von Arbeit durch Kapital,; Prozessstabilität und Geschwindigkeit

Quelle: "Digital Industry – Connecting the Dots" von Oliver Wyman

Industrie 2.0

Industrieära: 1870

Technologische Revolution: Elektrisch betriebene Massenproduktion

Transformatorischer Wandel: Arbeitsteilung ("Taylorismus"); Durchgängigkeit von Prozessen

Industrie 3.0

Industrieära: 1969

Technologische Revolution: Produktionsautomatisierung durch Elektronik und IT

Transformatorischer Wandel: Business Process Reengineering; Prozessqualität und Lean

Industrie 4.0

Industrieära: heute

Technologische Revolution: Digitalisierung durch cyber-physische Seyteme, Vernetzung und Big Data

Transformatorischer Wandel: "Digitale Industrie"; Die technologische Revolution schafft die Voraussetzung für die Hebung des wahren Werts durch Prozessverbesserung