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Welche Aktien zu Wachstumswerten zählen

Wer in angesagte Tech-Firmen investieren will und deshalb auf Growth Fonds setzt, wird möglicherweise überrascht sein: Die Manager wählen oftmals in defensive Werte.

Mehr als 155 Jahre ist es her, dass der damals 22-jährige Gerard Adriaan Heineken die Brauerei Heineken durch eine Übernahme gründete. Zu seiner Zeit war das ein Start-up, auch wenn es den Begriff damals so noch nicht gab.

Doch ist der traditionsreiche Bierbrauer auch heute noch ein Unternehmen, das man in einem Wachstumsfonds erwarten würde? Wenn es nach Zak Smerczak geht: ja. Der Fondsmanager des französischen Vermögensverwalters Comgest hält die Aktien von Heineken in seinem Fonds „Comgest Growth World“, also einem Fonds für Wachstumsaktien.

Die Heineken-Aktien sind nicht nur ein „Nebenwert“ im Fonds. Im Gegenteil: Sie gehören zu den Top Ten. Dazu zählen auch Aktien des traditionsreichen Konsumgüterriesen Unilever oder des US-Einzelhandelsgiganten Walmart. Sie alle gehören zur Branche der sogenannten nicht-zyklischen Konsumgüter. Die gelten an der Börse traditionell als defensive Werte, also als Aktien von großen, etablierten Unternehmen, deren Geschäftsmodelle wenig von der Konjunktur abhängig sind.

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Doch bei vielen Fondsmanagern gibt es inzwischen eine neue Definition von Wachstum. „Früher verstand man unter Growth vor allem hochbewertete Unternehmen, die ihre Umsätze um 30 oder 40 Prozent pro Jahr steigerten, dafür aber viel investierten und deshalb nichts verdienten oder sogar hohe Verluste einfuhren“ sagt Max Schott, Mitgründer der Vermögensverwaltung Sand & Schott.

Heute hingegen sei ein hohes Wachstumspotenzial zwar immer noch sehr wichtig, aber die neuen Growth-Unternehmen seien dank ausgereifter Geschäftsmodelle hochprofitabel.

Neue Maßstäbe

Neue Begriffe, neue Maßstäbe: Die 31 Unternehmen im „Comgest Growth World“ dürften nach Schätzungen der Analysten und Fondsmanager von Comgest in den nächsten zwölf Monaten ihre Gewinne je Aktie im Schnitt um 11,4 Prozent steigern.

Eine Gewinnsteigerung von gut zehn Prozent der Unternehmen in seinem Portfolio erwartet Matt Siddle. Er managt den „Fidelity European Growth Fund“ und hat dafür 50 Unternehmen ausgewählt. Und auch in seinem Fonds finden sich nicht-zyklische Konsumgüterhersteller wie zum Beispiel die des Kosmetikkonzerns L’Oréal, auch wenn Siddle die Position dort zuletzt reduziert hat.

Immerhin ist ein Gewinnwachstum ab zehn Prozent deutlich überdurchschnittlich, von daher lässt sich der Begriff „Wachstumsaktien“ rechtfertigen. Für die Unternehmen im globalen Index MSCI World prognostizieren Analysten laut Datenanbieter Bloomberg im Schnitt für das nächste Jahr ein Gewinnplus von gut sechs Prozent.

„Wir setzen auf Unternehmen mit stetigem und vorhersehbarem Wachstum. Dazu gehören Unternehmen wie Heineken, das 55 Prozent seiner Erträge in den Schwellenländern macht, in denen es generell Marktführer werden will“, sagt Smerczak.

In gewisser Weise macht der Fondsmanager aus der Not eine Tugend. Noch im Jahr 2017 kam mehr als ein Drittel seiner Anlagen aus der Technologiebranche, in der es besonders viele Wachstumswerte gibt. Aber: „Viele Wachstumsunternehmen waren zu hoch bewertet, wir mussten neue Anlageideen finden.“

Auch laut Siddle hat sich der Wachstumsbegriff gewandelt: „Die Qualität der Unternehmen ist allgemein in den Fokus gerückt.“ Für ihn bedeutet Qualität, dass die Unternehmen langfristig überdurchschnittliche Gewinne erzielen, aber auch, dass sie strukturell wachsen und eine solide Bilanz haben.

Dabei suchen die Fondsmanager zum Beispiel nach Unternehmen in Branchen, die strukturell wachsen. Dazu gehört auch der Gesundheitssektor. Im „Fidelity European Growth“ zählen mit Roche und Sanofi zwei Pharmakonzerne zu den Top Ten im Portfolio.

Die Unternehmen der Gesundheitsbranche wachsen zwar, dennoch gelten gerade die großen Pharmakonzerne eigentlich eher als defensive Werte – und finden sich mit Titeln wie Johnson & Johnson oder Medtronic auch im „Comgest Growth World“. Daneben setzt Smerczak zum Beispiel auch auf den größten unabhängigen chinesischen Versicherer Pingan oder den japanischen weltgrößten Elektromotorenhersteller Nidec.


Viele Wachstumsaktien sind sehr teuer geworden

Typische Wachstumswerte halten die Manager der Fonds für Wachstumswerte zwar immer noch. Im „Fidelitiy European Growth Fonds“ ist das zum Beispiel der nicht mehr junge Softwarekonzern SAP, im „Comgest Growth Word“ gehören der etablierte IT-Konzern Oracle und der Software-Pionier Microsoft dazu.

Aber es sind eben weniger Technologiewerte als früher. Das hängt auch damit zusammen, dass viele Wachstumsaktien sehr teuer geworden sind. Siddle hat aus diesem Grund zum Beispiel die Aktien des Softwareentwicklers Dassault Systems verkauft und die des spanischen Flug- und Reisebuchungs-IT-Dienstleisters Amadeus reduziert.

Auch Smerczak hat einen Teil der Aktien von Amadeus verkauft und sich von Titeln wie die des chinesischen Internetsuchmaschinenkonzerns Baidu und des taiwanesischen Halbleiterherstellers TSMC wegen zu hoher Bewertungen und eines sich verlangsamenden Gewinnwachstums getrennt.

Von Unternehmen wie Amazon oder dem Streamingdienst Netflix will Smerczak erst gar nichts wissen und hatte sie nie in seinem Portfolio: „Wir mögen die Geschäftsmodelle, aber die Aktien sind uns viel zu teuer.“

Amazon wird an der Börse mit dem 58-Fachen des für die kommenden zwölf Monate erwarteten Gewinns bewertet, bei Netflix ist es das über 80-Fache. Das durchschnittliche Kurs-Gewinn-Verhältnis der Aktien im „Comgest World Growth“ liegt bei 19,5, im „Fidelity European Growth“ sind es 12,4.

Dass eine Bewertung mit dem 80-Fachen des erwarteten Gewinns zu viel sein könnte, leuchtet ein. Dabei gilt: „Je höher die Unternehmen bewertet sind, desto größer ist die Gefahr eines Absturzes“, sagt Siddle. Es gibt zwar nur wenige Investoren, die einen massiven Rückgang an den Börsen erwarten. Doch die Risiken werden eher größer als kleiner.

Dazu gehört der Handelsstreit zwischen den USA und China, in dem US-Präsident Donald Trump und Chinas Staatschef Xi Jinping lediglich eine Pause vereinbart haben. Auch die Modalitäten der Briten für den Ausstieg aus der EU sind noch nicht geklärt, und das Wirtschaftswachstum geht global zurück.

Von daher gilt: Growth-Unternehmen nach klassischer Definition, also Unternehmen, die ihre Umsätze massiv steigern und deshalb Hoffnungen auf große Gewinne wecken, sind aufregend, aber eben sehr riskant. Gerade im aktuellen Umfeld mit steigenden Risiken sind Anleger mit Unternehmen, die wachsen, aber auch defensive Qualitäten haben, auf der sicheren Seite. Am Ende zählt nicht die Hoffnung, sondern der Gewinn.