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Weitermachen oder Strategie ändern? Greyhound-Kauf stellt Flixbus vor Grundsatzfrage

Eigentlich besitzt Flixbus keine eigenen Busse in Europa, der Greyhound-Deal hat den Münchnern aber 1.000 Fahrzeuge eingespielt.
Eigentlich besitzt Flixbus keine eigenen Busse in Europa, der Greyhound-Deal hat den Münchnern aber 1.000 Fahrzeuge eingespielt.

Man kann André Schwämmlein die Begeisterung für seine neue Marke ansehen: Der Flixbus-Chef trägt am Donnerstag nicht nur ein T-Shirt mit dem berühmten Logo, auch auf seiner Kaffeetasse prangt der Greyhound-Windhund.

Es ist eine amerikanische Ikone, die sich das deutsche Bus-Startup Flixmobility vergangene Woche gekauft hat – allerdings eine, die ihre besten Zeiten hinter sich hat. Es ist lange her, dass Chuck Berry, Billy Joel oder John Denver die Fernbusse besungen haben, als die Greyhounds noch ein Symbol der Freiheit und des Abenteuers waren.

Nicht nur die Pandemie hat den amerikanischen Fernbussen zugesetzt. Schon drei Mal war das Unternehmen insolvent, immer wieder erholte sich die Buslinie dann doch noch einmal. Zuletzt gehörte die US-Marke zum britischen Verkehrskonzern First Group, der noch 2007 rund 3,6 Milliarden Dollar bezahlt hatte, um Greyhound zu bekommen.

15 Millionen Verlust vor Corona

Seitdem ging es weiter abwärts, vor allem der Konkurrenz durch günstige inneramerikanische Flüge hat Greyhound wenig entgegenzusetzen. Schon vor der Corona-Pandemie machte die Buslinie mehr als 15 Millionen Dollar Verlust. Und doch sieht Flixbus ausgerechnet in der US-Ikone die Chance, von einem ambitionierten deutschen Startup zum globalen Konzern zu werden.

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Seit 2018 war Flixbus als Konkurrent von Greyhound in den USA aktiv, doch das Startup blieb vor allem ein europäisches Unternehmen. „Greyhound bringt einiges mit, was uns unsere Ziele in den USA noch schneller erreichen lässt“, sagt Chef André Schwämmlein im Gespräch mit Welt am Sonntag. „Die Netze ergänzen sich sehr gut, während Flixbus stark auf den Hauptstrecken zwischen den Metropolen ist, hat Greyhound ein landesweites Netz.“ Außerdem sei Greyhound eine in den gesamten USA bekannte Marke. „Es hätte sehr lange gedauert, das für Flixbus aufzubauen“, gibt Schwämmlein zu.

Dass das Windhund-Logo einiges wert ist, steht fest. Die Frage ist nur, was sich Flixmobility – wie das Unternehmen hinter Flixbus offiziell heißt – noch eingekauft hat für 148 Millionen Euro (172 Millionen Dollar). Immerhin konnten die Deutschen einige Altlasten wie die Pensionsverpflichtungen bei den britischen Vorbesitzern zurücklassen. Den Besitzer wechselten aber neben der Marke auch etwa 1.300 Busse, und auch 2.400 Mitarbeiter gehören künftig zu Flixmobility.

Flixmobility steht vor zentraler Entscheidung

Das ist eine Revolution für das Geschäftsmodell von Flixbus. Das Startup wurde in Europa damit erfolgreich, dass es selbst keine Busse besitzt oder Fahrer bezahlen muss. Stattdessen werden die Fahrten, die sich über die Plattform von Flixbus buchen lassen, an Busunternehmer vermittelt. In der Pandemie war das ein riesiger Vorteil, schließlich waren die Fixkosten für Flixmobility niedrig, als die Kunden ausblieben.

Mit dem Greyhound-Kauf stellt sich die Frage, wie sich die Firma weiter entwickelt: Bleibt Flixmobility selbst Busunternehmer oder setzt das Unternehmen womöglich auch in den USA künftig nur auf die Vermittlung und verkauft die Busse wieder? Angeblich hat Schwämmlein noch keine Antwort auf diese Kernfrage: „Wir werden Monate brauchen, um die richtige Strategie gemeinsam mit dem Greyhound-Team zu finden“, sagt er.

„Wir wollen in jedem Fall gemeinsam wachsen.“ Das Greyhound-Geschäft funktioniere operativ, sagt Schwämmlein und muss dabei schmunzeln – denn natürlich kann man kaum von einem funktionierenden Betrieb sprechen, wenn das Unternehmen Millionenverluste einfährt. „Wir gehen da sehr agnostisch ran: Der Kauf von Greyhound bedeutet keinerlei Strategieänderungen für Europa, selbstverständlich bleiben wir da genau bei dem Modell, das wir heute haben“, beteuert Schwämmlein. „Aber wie es in den USA in einigen Jahren weitergehen wird, das müssen wir sehen.“

Break-even von Greyhound bestimmt IPO-Zeitplan

Vor allem die Plattform, mit der Flixbus in Europa Preise und Auslastung steuert, soll künftig auch die Amerikaner profitabler machen. „Wir bringen Technologie mit, die wir sehr gut nutzen können, um Greyhound ins 21. Jahrhundert zu bringen“, sagt Schwämmlein. „Damit Greyhound wieder ein profitables Unternehmen wird, muss es wachsen. Wir sind sehr optimistisch, dass das funktionieren wird.“

Tatsächlich hat Flixbus einen günstigen Zeitpunkt abgepasst, um Greyhound zu kaufen. Die bisherigen Eigentümer haben die Pandemie genutzt, um die US-Ikone zu schrumpfen: Das Kanada-Geschäft wurde geschlossen, 600 ältere Busse verkauft, noch vor vier Jahren lag das Durchschnittsalter der Fahrzeuge bei knapp zehn Jahren. „Die Busflotte von Greyhound ist jetzt im Schnitt nur noch gut fünf Jahre alt, das ist eine Basis am Ende der Pandemie, von der aus man das Geschäft besser wieder aufbauen kann als vielleicht noch vor zwei, drei Jahren“, sagt Schwämmlein. Alles hänge jetzt davon ab, wie die Integration gelinge.

Davon dürfte auch abhängen, wann Flixmobility an die Börse geht. Zu den Investoren gehören viele großen Namen des US-Risikokapitals von General Atlantic bis Blackrock, und die wollen ihr Geld irgendwann mit guter Rendite zurück. Das Münchner Startup wurde zuletzt mit drei Milliarden Euro bewertet, durch Greyhound dürfte der Wert gestiegen sein.

„Wir sind gut finanziert und investieren das Geld in Wachstum – nicht nur in den USA“, sagt Schwämmlein. Allerdings habe man in der Pandemie „massive Schäden“ erlitten. „Grundsätzlich stehen wir jetzt als globale Firma da, nicht mehr nur als europäische. Das ist aber nur attraktiv, wenn wir am Ende auch liefern“, sagt er. „In den nächsten Monaten gilt unsere ganze Energie der Integration von Greyhound, deshalb steht ein Börsengang für uns gerade nicht auf der Agenda.“

Dieser Artikel erschien zuerst auf Welt.de.