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Waymo und Cruise vergrößern beim automatisierten Fahren den Abstand zur Konkurrenz

Die Töchter von Google und GM untermauern laut Daten der kalifornischen Verkehrsbehörde ihre Marktführung. Gerade deutsche Autobauer werden abgehängt.

Viele Unternehmen behaupten, führend in der Entwicklung des automatisierten Fahrens zu sein. Tesla-Chef Elon Musk, zum Beispiel, der seit mehreren Jahren regelmäßig ankündigt, bald ein marktreifes System entwickelt zu haben. Abseits aller Marketingstrategien veröffentlicht die kalifornische Verkehrsbehörde DMV jedes Jahr in ihren sogenannten Disengagement- und Mileage-Reports belastbare Daten zum Fortschritt der Entwicklung.

Tesla taucht in diesen gar nicht auf, da die autonomen Systeme nicht in offiziellen Testprozessen angemeldet sind. Die Reports geben aber für alle anderen genau an, wie viele Meilen die automatisierten Testfahrzeuge zurückgelegt haben und wie oft menschliche Fahrer eingreifen mussten.

Das Ergebnis für das Jahr 2020 ist eindeutig: Googles Roboterauto-Tochter Waymo und GMs Cruise übertreffen die Konkurrenz mit großem Abstand. Deutsche Autohersteller wie Mercedes und BMW spielen beim hochautomatisierten Fahren so gut wie keine Rolle. Selbst chinesische Start-ups, die erst seit einigen Jahren automatisierte Fahrsysteme entwickeln, geben eine bessere Figur ab.

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Der DMV-Report hat Gewicht: Kalifornien gilt als das Testlabor für das autonome Fahren. Nirgendwo auf der Welt sind mehr Testfahrzeuge unterwegs. Jeder Hersteller, der seine Fahrzeuge in Kalifornien testet, muss seine Daten transparent offenlegen. Zwar gelten auch die Bundesstaaten Nevada und Arizona als Robotaxi-Hotspots. Doch nur die kalifornische Behörde macht ihren Report öffentlich zugänglich. Unternehmen, die dort testen, zeigen allen, wo sie bei der Entwicklung des autonomen Fahrens stehen.

Waymo hat im vergangenen Jahr mit seinen Testfahrzeugen in Kalifornien knapp 550.000 Meilen zurückgelegt. Die Testfahrer mussten dabei nur 21-mal eingreifen, zum Teil nur, weil Fehler anderer Verkehrsteilnehmer sie dazu zwangen. Cruise, die Roboterauto-Tochter des US-Autobauers General Motors, hat mehr als 770.000 Meilen zurückgelegt, bei nur 27 Eingriffen. Interessant dabei ist, dass sich die menschlichen Interventionen bei Cruise ausschließlich auf das Stadtgebiet beschränken. Das lässt darauf schließen, dass deren Robofahrzeuge bereits überwiegend im Stadtverkehr getestet werden und auf der Autobahn kaum noch Probleme haben.

Apple hingegen, wo zuletzt über ein Apple Car spekuliert wurde, hinkt bei der Entwicklung des autonomen Fahrens hinterher, wie die Daten des DMV-Reports zeigen. Zwar testet der iPhone-Hersteller fleißig. Insgesamt haben die 69 Fahrzeuge im vergangenen Jahr mit 18.805 Meilen mehr doppelt so viele Testmeilen zurückgelegt als noch 2019. Doch die Anzahl der Eingriffe zeigt deutlich, wie groß noch der Abstand zu Waymo und Cruise ist.

Insgesamt 130 Mal mussten Apple-Testfahrer das Steuer übernehmen. In so gut wie jedem Fall lag es an Fehlern des Systems. Die Apple-Testfahrzeuge haben falsche Fahrtentscheidungen getroffen, oftmals fielen die Sensoren oder gleich das die gesamte Hardware aus.

Vergleichsweise enttäuschend ist auch das Ergebnis von Zoox, das im vergangenen Jahr vom Versandriesen Amazon übernommen wurde. Den 102.521 Meilen stehen rund 62 Eingriffe gegenüber. „Der DMV-Report zeigt sehr deutlich, dass die führenden Unternehmen im Bereich des autonomen Fahrens, also Waymo und Cruise, ihren Abstand gegenüber der Konkurrenz noch einmal vergrößert haben“, sagt Peter Fintl, Analyst der Technologieberatung Altran. Zoox wiederum habe sicherlich keine schlechte Technologie. „Aber einen endgültigen Beweis, dass sie in einer Liga mit Waymo und Cruise spielen, haben sie bislang nicht erbracht“, sagt Fintl.

Überraschend stark präsentieren sich auch chinesische Robotaxi-Unternehmen, wie Pony.ai. Nur 21 Eingriffe waren bei einer Gesamtteststrecke von über 225.000 Meilen nötig. Autox kommt auf zwei Eingriffe bei fast 41.000 Testmeilen.

Waymo entwickelt den Fahrer

Die Fortschritte Waymos und der chinesischen Unternehmen dürften der klassischen Autoindustrie Sorgen bereiten. BMW und Mercedes testen, im Gegensatz zu Volkswagen und den deutschen Zulieferern Bosch und Continental, zum Teil auch auf kalifornischen Straßen, können laut Report aber nicht schritthalten.

BMW hat dort nur 122 Meilen zurückgelegt, das Ergebnis ist daher nicht repräsentativ. Mercedes hingegen verzeichnet knapp 30.000 Meilen. Und die Testfahrer mussten 1166-mal eingreifen.

Waymo-Chef John Krafcik hatte zuletzt in einem Interview mit dem „Manager Magazin“ zwar erklärt, dass sich die Google-Tochter nicht als Konkurrent der Autohersteller versteht, da Waymo schlicht keine eigenen Autos baut. Doch im Bereich der Software für das automatisierte Fahren könnte sich das Unternehmen zum unverzichtbaren Partner entwickeln.

Krafcik sieht die Entwicklung des sogenannten „Waymo-Fahrers“ vor, der auf Lizenzbasis anderen Unternehmen angeboten werden kann. Waymo entwickelt nach der Logik des Android-Betriebssystems für Smartphones eine Art Betriebssystem für das autonome Fahren. Mit Daimler kooperiert Waymo bereits im Nutzfahrzeugbereich. Bei dem Auto-Betriebssystem hat Google mit Android Automotive die Branche bereits vor sich hergetrieben. „Der ‚Waymo-Fahrer‘ könnte bald auch für weiteren Druck im Bereich des automatisierten Fahrens sorgen, sollte Waymo sein System wie geplant für Autobauer lizenzieren“, glaubt Fintl.

Für die Autobauer wäre es ein Eingeständnis, dass sie nach Jahrzehnten, in denen sie praktisch allein die neuesten Fahrerassistenzsysteme wie ABS, ESP oder Spurhalteassistenten entwickelt haben, nun Platz machen müssten für einen weiteren Spieler – aus dem Softwarebereich. Das würde auch bedeuten, dass Autohersteller und Zulieferer ein Stück weit die Kontrolle über eine zentrale Entwicklung abgeben müssten.

Fintl zufolge wäre die deutsche Autoindustrie daher gut beraten, wenn die einzelnen Autobauer und Zulieferer bei der komplexen und kostspieligen Entwicklung des autonomen Fahrens stärker kooperieren. Denn eines sei sicher: „Google wird sich auf dem Automarkt ausbreiten.“