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Wasserstoffbeauftragter wirft der Bundesregierung Versäumnisse vor

Stefan Kaufmann ist ein Mann der klaren Worte. Der Wasserstoffbeauftragte der Bundesregierung wünscht sich mehr Ehrgeiz beim Einstieg in die Welt des klimaneutralen Wasserstoffs.

Die Pläne des Bundeswirtschaftsministeriums und des Bundesumweltministeriums zur Umsetzung der Nationalen Wasserstoffstrategie sind laut Kaufmann unzureichend. Foto: dpa
Die Pläne des Bundeswirtschaftsministeriums und des Bundesumweltministeriums zur Umsetzung der Nationalen Wasserstoffstrategie sind laut Kaufmann unzureichend. Foto: dpa

Stefan Kaufmann, Wasserstoffbeauftragter der Bundesregierung, hält die Pläne des Bundeswirtschaftsministeriums und des Bundesumweltministeriums zur Umsetzung der Nationalen Wasserstoffstrategie für unzureichend. Zur Umsetzung der im Juni verabschiedeten Nationalen Wasserstoffstrategie der Bundesregierung „reichen Trippelschritte nicht aus, wir brauchen einen Sprung nach vorn“, sagte er.

Der Unions-Bundestagsabgeordnete nimmt insbesondere Anstoß an dem Vorschlag von Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU), auf den Strom für die Produktion von grünem Wasserstoff die Besondere Ausgleichsregelung (BesAR) des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG) anzuwenden. Die Idee greife „deutlich zu kurz“, sagte Kaufmann.

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„Es geht um eine entscheidende Weichenstellung, da darf man nicht halbherzig vorgehen“, warnte der Wasserstoffbeauftragte. Die Idee, die BesAR bloß auf die Elektrolyse auszudehnen, werde keinen Schub auslösen.

„Potenzielle Investoren verweisen darauf, dass die BesAR Jahr für Jahr neu beantragt werden muss. Das ist bürokratisch und unsicher. So schafft man keine Investitionssicherheit“, kritisierte Kaufmann. Außerdem greife die Regelung aufgrund des Antragserfordernisses nicht sofort.

„Für Neuinvestitionen ist das eine hohe Hürde. Zusätzlich ist die BesAR an einen bestimmten Mindestverbrauch von Strom geknüpft. Kleine, dezentrale Lösungen würde man damit direkt ausschließen. Das muss besser, das muss unbürokratischer gehen“, mahnte Kaufmann.

Minister Altmaier betonte am Montag anlässlich der Eröffnung einer Wasserstoff-Konferenz in seinem Haus, eine Entscheidung über die Anwendung der BesAR auf die Wasserstoffelektrolyse sei noch nicht gefallen. Denkbar sei auch, einen neuen Befreiungstatbestand zu schaffen. Sein Haus werde innerhalb der nächsten drei Wochen eine Lösung vorschlagen.

Kaufmann, Unions-Bundestagsabgeordneter aus Stuttgart, ist seit Juni „Innovationsbeauftragter Wasserstoff“ der Bundesregierung, angesiedelt beim Bundesforschungsministerium.

Das Amt des Innovationsbeauftragten hatte Bundesforschungsministerin Anja Karliczek (CDU) gegen das Wirtschaftsministerium durchgesetzt. Der Wasserstoffbeauftragte ist ständiger Gast im Staatssekretärsausschuss zum Thema Wasserstoff und im Nationalen Wasserstoffrat.

Kaufmann nimmt auch Anstoß an den Plänen von Bundesumweltministerin Svenja Schulze (SPD) zur Umsetzung der Renewable Energy Directive der EU (RED II) in nationales Recht. „Da könnte ich mir ehrgeizigere Ziele vorstellen, etwa für den Einsatz von synthetischem Kerosin, das auf der Basis von grünem Wasserstoff produziert wird“, sagte Kaufmann.

„Auch hier helfen halbherzige Lösungen nicht weiter. Ich habe den Eindruck, dass die Potenziale synthetischer Kraftstoffe noch nicht überall ausreichend gesehen werden“, ergänzte er.

Unterstützung erhält Kaufmann aus der Industrie. „Wir brauchen eine Verschiebung der Regulierung – und kein Klein-Klein“, sagte BASF-Chef Martin Brudermüller beim Tag der Industrie in Berlin. BASF setzt wie andere Unternehmen der Chemiebranche auf den Einsatz von Grünem Wasserstoff in großem Maßstab, um klimaneutral zu werden.

Lesen Sie hier das ganze Interview:

Herr Kaufmann, als Wasserstoffbeauftragter der Bunderegierung haben Sie einen Traumjob. Kaum ein Thema hat derzeit so sehr Konjunktur.
Das stimmt. Bei meinen Reisen durch Deutschland habe ich in den vergangenen Wochen eine regelrechte Euphorie gespürt. Das bezieht sich auf die ganze Wertschöpfungskette, es geht quer durch Forschung und Wirtschaft, es betrifft große wie kleine Unternehmen, Mittelständler wie Großkonzerne. Da spürt man nicht nur das Können, sondern auch das Wollen. Die Unternehmen wollen jetzt loslegen.

Es hindert sie niemand daran.
Die Unternehmen haben das nicht allein in der Hand. Die Politik trägt große Verantwortung dafür, dass das Thema schnell Fahrt aufnimmt. Es geht dabei um viel. Wir alle wissen, dass Stahl hierzulande in Zukunft mit grünem Wasserstoff produziert werden muss. Oder er wird gar nicht mehr produziert. Jedenfalls nicht bei uns. Das Beispiel kann man auf andere Produkte und Branchen übertragen.


Mehr zum Thema:

  • Die Bundesrepublik will die weltweite Nummer eins bei grünem Wasserstoff werden. Die Voraussetzungen sind gut. Doch Politik und Wirtschaft müssen jetzt handeln.


Mit der im Juni verabschiedeten Nationalen Wasserstoffstrategie hat die Bundesregierung die Leitplanken klar definiert.
Mit der Nationalen Wasserstoffstrategie haben wir uns ehrgeizige Ziele gesteckt, um das Innovationsland Deutschland zum internationalen Leitanbieter und -markt für grüne Wasserstofftechnologien zu machen. Deshalb liegt der Fokus richtigerweise auf grünem Wasserstoff, also auf Wasserstoff, der mittels Elektrolyse durch den Einsatz von Strom aus erneuerbaren Quellen hergestellt wird. Investitionen in Elektrolyseure werden aber nur erfolgen, wenn der eingesetzte Strom günstig ist und es Planungssicherheit gibt.

Das Bundeswirtschaftsministerium prüft, das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) so zu ändern, dass die Besondere Ausgleichsregelung (BesAR) auf die Elektrolyseure ausgeweitet wird. Reicht das nicht?
Der Strompreis ist der entscheidende Faktor. Die Idee, die Besondere Ausgleichsregelung auf Elektrolyseure auszuweiten, greift aber deutlich zu kurz. Wir müssen jetzt unbedingt erreichen, dass die Produktion von grünem Wasserstoff schnell Fahrt aufnimmt. Dazu reichen Trippelschritte nicht aus, wir brauchen einen Sprung nach vorn!

Aber mit der Ausweitung der BesAR würde die EEG-Umlage drastisch reduziert. Ist das nichts?
Das ist jedenfalls bei Weitem nicht genug. Es geht um eine entscheidende Weichenstellung, da darf man nicht halbherzig vorgehen. Die Idee, die BesAR bloß auf die Elektrolyse auszudehnen, wird keinen Schub auslösen. Potenzielle Investoren verweisen darauf, dass die BesAR Jahr für Jahr neu beantragt werden muss. Das ist bürokratisch und unsicher. So schafft man keine Investitionssicherheit. Außerdem greift die Regelung aufgrund des Antragserfordernisses nicht sofort. Für Neuinvestitionen ist das eine hohe Hürde. Zusätzlich ist die BesAR an einen bestimmten Mindestverbrauch von Strom geknüpft. Kleine, dezentrale Lösungen würde man damit direkt ausschließen. Das muss besser, das muss unbürokratischer gehen.

Das Bundeswirtschaftsministerium argumentiert, andere Lösungen könnten eventuell beihilferechtliche Fragen aufwerfen.
Das ist mir zu defensiv gedacht. Der Hinweis auf mögliche beihilferechtliche Bedenken der EU-Kommission überzeugt mich nicht. Die bestmögliche Lösung sollte unser Anspruch sein – und nicht in falsch verstandenem, vorauseilendem Gehorsam der kleinste gemeinsame Nenner, zumal die Kommission selbst eine europäische Wasserstoffwirtschaft will. Wir brauchen schnell eine neue, langfristige und verlässliche Befreiung von der EEG-Umlage. Der Umweg über die BesAR wäre in Wahrheit ein Irrweg.

Das Bundesumweltministerium hat kürzlich einen Gesetzentwurf für die Umsetzung der Erneuerbare-Energien-Richtlinie der EU (RED II) vorgelegt. Auch darin geht es um den Einsatz von Wasserstoff. Wie bewerten Sie den Entwurf?
Da könnte ich mir ehrgeizigere Ziele vorstellen, etwa für den Einsatz von synthetischem Kerosin, das auf der Basis von grünem Wasserstoff produziert wird. Die Flugbranche steht unter hohem Druck. Die Unternehmen brauchen einen raschen Hochlauf bei der Produktion von klimaneutralem Kerosin. Auch hier helfen halbherzige Lösungen nicht weiter. Ich habe den Eindruck, dass die Potenziale synthetischer Kraftstoffe noch nicht überall ausreichend gesehen werden. Dabei bieten sie zum Beispiel die Chance, den Klimakiller CO2 als Rohstoff zu nutzen – gemeinsam mit grünem Wasserstoff.

Was sind die nächsten Schritte zur Umsetzung der Wasserstoffstrategie?
In dieser Legislaturperiode geht es darum, so schnell wie möglich den Strompreis für die Elektrolyse von Abgaben zu entlasten. In der kommenden Legislaturperiode brauchen wir dann den großen Wurf. Wir brauchen eine Novelle des Energiewirtschaftsgesetzes mit einer neuen Regulierung, etwa für den Aufbau eines Wasserstoffnetzes. Ich wünsche mir, dass das in den nächsten Koalitionsverhandlungen, wer auch immer sie führen mag, hohen Stellenwert hat. Wir wollen schließlich die sieben Milliarden Euro, die im Konjunkturpaket für die Umsetzung der Wasserstoffstrategie vorgesehen sind, rasch in die Forschungslabore und in die Werkhallen bringen. Nur dann wird sich die erforderliche Dynamik entfalten.

Der Wasserstoffbeauftragte der Bundesregierung warnt, dass für eine entscheidende Weichenstellung nicht zu halbherzig vorgegangen werden dürfe. Foto: dpa
Der Wasserstoffbeauftragte der Bundesregierung warnt, dass für eine entscheidende Weichenstellung nicht zu halbherzig vorgegangen werden dürfe. Foto: dpa