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Die Gasnetzbetreiber wollen schnell auf Wasserstoff umsteigen

Die Gasnetzbetreiber wollen möglichst schnell Wasserstoff durch ihre Leitungen schicken. Doch das Bundeswirtschaftsministerium zögert.

Das Bundeswirtschaftsministerium stellt sich quer. Foto: dpa
Das Bundeswirtschaftsministerium stellt sich quer. Foto: dpa

Bereits zu Jahresbeginn hatten die Betreiber der Gasfernleitungen in Deutschland ein kühnes Bild der Zukunft skizziert: Sie präsentierten im Januar ihren Plan für ein 5.900 Kilometer langes Wasserstoffnetz, das die künftigen Erzeugungszentren von Wasserstoff im Norden Deutschlands mit den großen Abnehmern im Westen und Süden verbinden soll. Dabei wollen die Unternehmen zum größten Teil auf bestehende Gasleitungen zurückgreifen und diese entsprechend umwidmen.

Mit der Präsentation des Plans setzten die Netzbetreiber ein eindeutiges Signal. Sie wollten zeigen, dass sie für den Einstieg in die Welt des Wasserstoffs bereit sind. Die Unternehmen – darunter Open Grid Europe (OGE), Gasunie, Gascade und Thyssengas – möchten sich damit ein zukunftsträchtiges Geschäftsfeld sichern.

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Darauf sind sie dringend angewiesen. Denn der fossile Energieträger Erdgas wird aus Gründen des Klimaschutzes in den kommenden Jahren und Jahrzehnten stetig an Bedeutung verlieren. Die Rettung sehen die Unternehmen darin, in wachsendem Umfang Wasserstoff zu transportieren.

Die Unternehmen fordern von der Bundesregierung, möglichst rasch für die passende Regulierung zu sorgen, die analog zur Regulierung anderer Energienetze funktionieren soll: Den Betreibern stehen von der Bundesnetzagentur festgelegte Eigenkapitalverzinsungen zu, die Nutzer erhalten diskriminierungsfreien Zugang zu den Netzen und zahlen dafür Netzentgelte, die ebenfalls von der Bundesnetzagentur festgelegt werden.

Unterstützt werden die Gasnetzbetreiber vom Bundesrat, der kürzlich einen entsprechenden Beschluss gefasst hatte. Die Länder plädieren für die Weiternutzung der Erdgasinfrastruktur durch Umwidmung der bestehenden Netze für den reinen Wasserstofftransport.

Auch der Nationale Wasserstoffrat, ein von der Bundesregierung berufenes Expertengremium, empfiehlt, „zügig“ einen „geeigneten politisch-regulatorischen Rahmen“ für den Aufbau einer Wasserstoffinfrastruktur zu schaffen.

Keine finanziellen Mehrbelastungen für Verbraucher

Doch das zuständige Bundeswirtschaftsministerium zögert. Den vom Bundesrat empfohlenen Weg, die Regulierung der Wasserstoffnetze in das laufende Verfahren zur Änderung des Bundesbedarfsplangesetzes zu integrieren, lehnt das Haus von Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) ab. „Die Bundesregierung arbeitet an einem Gesamtkonzept zu diesem Thema und möchte dem nicht durch punktuelle Regelungen in diesem Gesetzgebungsvorhaben vorgreifen“, teilt das Ministerium auf Anfrage mit.

In der Erwiderung der Bundesregierung auf den Beschluss des Bundesrates heißt es, um kurzfristig geeignete Rahmenbedingungen für die notwendigen Netzinvestitionen möglichst noch in dieser Legislaturperiode zu schaffen, prüfe die Bundesregierung zusammen mit der Bundesnetzagentur, welche Elemente für eine Übergangslösung erforderlich seien.

Ziel sei es, „eine verlässliche und systemgerechte Planung einer Wasserstoffinfrastruktur“ zu ermöglichen, die den Netzzugang für Anbieter und Nachfrager reinen Wasserstoffs regele, „ohne Verbraucherinnen und Verbraucher mit finanziellen Mehrbelastungen zu konfrontieren“.

Man wolle den Ergebnissen dieser Prüfung nicht durch punktuelle Regelungen vorgreifen, „zudem nicht im sachfremden Zusammenhang“ der geplanten Änderung des Bundesbedarfsplangesetzes, heißt es in der Erwiderung der Bundesregierung weiter.

Tatsächlich regelt das Bundesbedarfsplangesetz den beschleunigten Ausbau von Höchstspannungsleitungen im Stromübertragungsnetz. Allerdings ist es gängige Praxis, ein laufendes Gesetzgebungsverfahren zu nutzen, um drängende Themen „anzudocken“ so wie es der Bundesrat empfiehlt.

Die Branche ist von der Argumentation der Bundesregierung nicht überzeugt. Es gehe darum, ein einmaliges Zeitfenster zu nutzen, um noch in dieser Legislaturperiode den Rechtsrahmen für den Wasserstofftransport zu schaffen, heißt es in Branchenkreisen. Sowohl der Bundesrat als auch der Nationale Wasserstoffrat hätten ein klares Signal gegeben.

Die Unternehmen treibt eine Sorge um: Es sei angesichts der Bundestagswahlen im kommenden Jahr nicht erwartbar, dass es dem Bundeswirtschaftsministerium noch gelinge, die erforderlichen Regelungen in einem eigenständigen Gesetzgebungsverfahren umzusetzen, kritisieren Branchenvertreter. Man brauche noch in dieser Legislaturperiode Planungssicherheit, um erste Investitionsentscheidungen zu treffen.

Stahlindustrie setzt auf Wasserstoff

Während Wasserstoff derzeit nur von vergleichsweise wenigen Unternehmen aus der Chemie- und der Raffineriebranche in großem Maßstab eingesetzt wird, dürfte die Zahl der Anwender in den kommenden Jahren deutlich steigen.

So setzt etwa die Stahlindustrie darauf, Wasserstoff zu nutzen, um klimaneutral zu werden. Auch im Verkehrssektor werden sich zusätzliche Anwendungsmöglichkeiten ergeben. Zusätzlich wird der Import großer Mengen an Wasserstoff erforderlich.

Der Aufbau eines Wasserstoffnetzes erscheint daher unverzichtbar. Auch in der Anfang Juni von der Bundesregierung verabschiedeten Nationalen Wasserstoffstrategie (NWS) spielt das Thema daher eine Rolle.

Dabei wird es mit einer Wasserstoffinfrastruktur auf der Ebene der Fernleitungen, die große Mengen quer durchs Land transportieren, nicht getan sein. Auch die Verteilnetzebene ist betroffen. Die Verteilnetze bringen das Gas bis zum Endkunden.

Gleichfalls die Betreiber der Verteilnetze wünschen sich daher rasch Klarheit. Es müssten bereits heute die entscheidenden Weichen für die künftige Wasserstoffinfrastruktur gestellt werden, sagte Ingbert Liebing, Hauptgeschäftsführer des Verbandes Kommunaler Unternehmen (VKU), der die Interessen von rund 1500 kommunalen Versorgungsunternehmen vertritt, darunter viele Netzbetreiber.

„Dazu gehört auch das Thema Regulierung. Sie hat sich bei den Energienetzen grundsätzlich sehr bewährt“, sagte Liebing. Der VKU spreche sich daher auch für die Einführung von Zugangs- und Entgeltregulierung für reine Wasserstoff- sowie für Beimischungsnetze aus.

„Schließlich brauchen alle an der Wasserstoffwirtschaft beteiligten Player schnell Planungssicherheit zur Frage, wie der Wasserstoff transportiert und verteilt wird“, sagte er. Eine „zeitnahe Anpassung“ des Rechtsrahmens sei daher unerlässlich.