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Außenminister Maas stellt sich in der Huawei-Frage gegen Kanzlerin Merkel

Koalitionspolitiker fürchten, dass Mobilfunkanbieter trotz Sicherheitsbedenken ihre Netze mit Huawei ausbauen. Unterstützung erhalten sie von Außenminister Maas.

Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier hat sich durch sein ausgleichendes Wesen den Ruf erworben, ein „wandelnder Vermittlungsausschuss“ zu sein. Vergangenen Freitag lud er, ganz wie es seine Art ist, Manager der Deutschen Telekom, von Vodafone, Telefónica und 1 & 1 Drillisch zum klärenden Gespräch mit Unionsabgeordneten ins Wirtschaftsministerium.

Das Thema: ob umstrittene chinesische Tech-Konzerne wie Huawei und ZTE am 5G-Ausbau beteiligt werden sollen. Das Treffen war der Versuch, Gemeinsamkeiten auszuloten. Doch im hitzigen Streit über Huawei stößt der Konsenspolitiker Altmaier an die Grenzen seiner Fähigkeiten.

Immer mehr CDU-Abgeordnete wollen verhindern, dass Huawei am Aufbau des Mobilfunknetzes der fünften Generation beteiligt wird. Sie halten das Unternehmen für ein trojanisches Pferd, das von Peking als Einfallstor für Spionage und Cyberangriffe genutzt werden könne.

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Die Mobilfunkanbieter dagegen befürchten, dass die ehrgeizigen Ziele für den Netzausbau ohne den Einsatz von Huawei-Ausrüstung nicht zu halten sind. Zwei Stunden dauerte das Gespräch, eine Annäherung gab es nicht. Die Stimmung sei „sehr aufgeheizt“ gewesen, berichten Teilnehmer.

Die Huawei-Debatte beschäftigt Berlin seit Wochen – und spaltet auch das Bundeskabinett. Außenminister Heiko Maas positioniert sich nun so deutlich wie nie zuvor: „Wenn es um die Sicherheit kritischer Infrastruktur in unserem Land geht, können wir es uns nicht leisten, die politischen und rechtlichen Realitäten auszublenden, denen ein Anbieter unterworfen ist“, sagte Maas dem Handelsblatt.

Damit stellt sich der SPD-Politiker offen gegen Altmaier und Bundeskanzlerin Angela Merkel (beide CDU). Beide heben bei jeder sich bietenden Gelegenheit hervor, keinen Lieferanten von vornherein ausschließen zu wollen und stattdessen einzelne Komponenten vom Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik auf Schwachstellen und Hintertüren prüfen zu lassen. Digitalstaatsministerin Dorothee Bär (CSU) hält die Diskussion um Huawei sogar für „ein bisschen scheinheilig“.

Maas sagt hingegen: „Vertrauenswürdigkeit lässt sich nicht allein nach technischen Maßstäben bewerten – dazu ist die Komplexität der Systeme längst zu hoch.“ Zugleich tritt der Außenminister dem Einwand der Netzbetreiber entgegen, dass der Netzausbau ohne Huawei teurer und langsamer werde. „Wenn Europa seine digitale Souveränität behaupten möchte, müssen wir dieses strategische Ziel bei unseren politischen Entscheidungen im Blick haben – auch dann, wenn es kurzfristig mit Kosten verbunden ist“, betont er. „Sonst werden wir im geostrategischen Wettbewerb zwischen den USA und China nicht bestehen können.“ Der Ausgang der Auseinandersetzung innerhalb der Regierung ist ungewiss.

Betreiber könnten Fakten schaffen

Für Aufregung sorgte im Bundestag vergangene Woche das Gerücht, die Deutsche Telekom bereite gemeinsam mit dem französischen Netzbetreiber Orange einen Großauftrag an Huawei vor. Die Telekom wollte die Information weder bestätigen noch dementieren. „Bitte haben Sie Verständnis dafür, dass wir uns aus Wettbewerbsgründen nicht zu möglichen oder laufenden Verhandlungen äußern können“, sagte ein Sprecher. „Grundsätzlich besteht ein Mobilfunknetz aus verschiedensten Komponenten, zu denen wir immer wieder mit großen und kleineren beziehungsweise bekannten und neuen Anbietern von Mobilfunktechnologie im Gespräch sind.“

Die Reaktion des Parlaments fällt scharf aus. „Ich kann die Telekommunikationsanbieter nur vor dem Versuch warnen, mit dem Erwerb von Huawei-Technologie vollendete Tatsachen zu schaffen“, sagte CDU-Innenpolitiker Christoph Bernstiel. „Niemand kann mehr so tun, als stünde die Gefahr einer Regulierung nicht im Raum.“ Damit sei der Vertrauensschutz dahin. Sollte der Einsatz von Huawei-Komponenten also tatsächlich untersagt werden, könnten die Unternehmen demnach nicht auf Schadensersatz klagen und sich dabei darauf berufen, dass das Verbot bei Abschluss der Verträge noch nicht in Kraft war.

„Es wäre im Interesse der Unternehmen selbst, auf den Einsatz chinesischer Komponenten beim Aufbau des 5G-Netzes zu verzichten“, rät Bernstiel.

Ganz ähnliche Stimmen kommen vom Koalitionspartner. „Das Verhalten der Telekommunikationsunternehmen ist empörend“, sagte Nils Schmid, außenpolitischer Sprecher der SPD-Fraktion. „Es muss ihnen klar sein, dass sie angesichts des klaren Regulierungswillens in den Koalitionsfraktionen keinen Vertrauensschutz in Anspruch nehmen können.“

Huawei ist derzeit eines der wichtigsten Themen in der deutschen Außenpolitik. 5G soll unter anderem autonomes Fahren ermöglichen und Fabriken besser vernetzen. Damit könnte das neue Mobilnetz zu einer der wichtigsten Infrastrukturen werden.

Entsprechend groß sind die Sicherheitsbedenken. Je intensiver das Thema debattiert wird, desto stärker wächst das Lager der Huawei-Gegner. So haben sich jetzt führende SPD-Politiker auf ein gemeinsames Positionspapier verständigt. „Beim Ausbau des 5G-Netzes sollten nicht vertrauenswürdige Hersteller – insbesondere dann, wenn nicht rechtsstaatlich kontrollierte Einflussnahme, Manipulation oder Spionage nicht auszuschließen sind – grundsätzlich ausgeschlossen werden“, fordern sie.

Antrag für den CDU-Parteitag

Auf Unionsseite wollen Abgeordnete um Norbert Röttgen, den Vorsitzenden des Auswärtigen Ausschusses, auf dem Bundesparteitag der CDU am Wochenende in Leipzig einen Initiativantrag einbringen. In einem Entwurf, dem sich nach Handelsblatt-Informationen inzwischen mehr als 30 CDU-Politiker angeschlossen haben, heißt es, dass die Vertrauenswürdigkeit von Netzausrüstern zum entscheidenden Kriterium werden müsse.

Und: „Vertrauenswürdig können in diesem Zusammenhang nur solche Ausrüster sein, die nicht unter dem Einfluss undemokratischer Staaten ohne funktionierende, rechtsstaatliche Strukturen stehen.“ Huawei hat seinen Hauptsitz im chinesischen Shenzhen und muss sich daher an chinesische Gesetze halten. Peking hatte jüngst den Zugriff seiner Sicherheitsbehörden auf Firmen des Landes ausgeweitet.

Ob sich die Huawei-Gegner innerhalb der CDU durchsetzen, ist bislang unklar. Anders als bei der SPD haben sich wichtige Digital- und Wirtschaftspolitiker bisher nicht den Argumenten der Kritiker angeschlossen. Tankred Schipanski, digitalpolitischer Sprecher der Unionsfraktion, lehnt einen Huawei-Bann ab: „Wir dürfen jetzt für Deutschland keine unnötigen Verzögerungen im weltweiten Digitalisierungswettbewerb mehr hervorrufen, sonst stehen wir der Zukunft im Weg“, sagte er.

Ohne Huawei läuft im deutschen Mobilfunk wenig. Alle Netzbetreiber setzen seit Jahren auf die Technik der Chinesen. Telefónica-Deutschlandchef Markus Haas sagte kürzlich, Ausrüstung von Huawei mache rund 50 Prozent aller in Deutschland verbauten Mobilfunktechnik aus. Sollte Huawei vom Ausbau des Mobilfunks in Deutschland ausgeschlossen werden, wären die Ausbauziele nicht zu halten, sagte Haas. Die Technik an Zehntausenden Mobilfunkantennen müsse getauscht werden. „Das würde Deutschland die nächsten zwei Jahre oder länger beschäftigen.“

Die Ausrüstung von Huawei gilt als technologisch ausgereift und kostengünstig. Huawei ist es gelungen, bei 5G zum global führenden Unternehmen zu werden und an den europäischen Wettbewerbern Ericsson und Nokia vorbeizuziehen.
Spurlos geht die politische Diskussion an den Netzbetreibern offenbar nicht vorbei. Nach Handelsblatt-Informationen hat die Deutsche Telekom damit begonnen, Huawei aus dem sensibelsten Bereich ihrer Infrastruktur, dem sogenannten Kernnetz, zu entfernen. Vodafone hatte damit schon früher begonnen.

Die Chinesische Handelskammer in Deutschland kritisierte die Debatte über Huawei scharf. „Ein nicht nach objektiven Standards herbeigeführter Ausschluss, der rein politisch motiviert ist und mutmaßlich auch auf Druck aus dem Ausland erzwungen“, würde das Verhältnis zwischen Deutschland und China belasten.