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Wähler wollen Stabilität – Johannis in Rumänien als Präsident wiedergewählt

Der konservativ-liberale Amtsinhaber Johannis schlägt seine Herausforderin haushoch. Analysten sehen in dem Wahlergebnis die Sehnsucht nach Stabilität.

Der Politiker der PNL hat die Stichwahl gewonnen. Foto: dpa
Der Politiker der PNL hat die Stichwahl gewonnen. Foto: dpa

Eine Überraschung war es am Schluss nicht mehr: Präsident Klaus Johannis ist mit großer Mehrheit für weitere fünf Jahre als Staatspräsident in Rumänien gewählt worden. Der 60-Jährige erhielt nach ersten Hochrechnungen bei der Stichwahl am Sonntagabend 62,4 Prozent der Stimmen. Der frühere Bürgermeister von Hermannstadt trat für die Nationalliberale Partei (PNL) an. Seine Herausforderin, die noch bis Oktober amtierende Ministerpräsidentin Viorica Dancila von der sozialdemokratischen PSD, kam hingegen nur auf 37,6 Prozent.

Für die politische Stabilität des osteuropäischen Landes ist der Sieg von Johannis von großer Bedeutung. Denn seit Anfang November führt der PNL-Chef Ludovic Orban als Ministerpräsident eine Minderheitsregierung. Er gilt als politischer Zögling von Johannis.

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Politische Beobachter werten den Wahlausgang der Präsidentschaftswahlen positiv für Rumänien und Europa. „Die Wiederwahl von Präsident Johannis signalisiert Kontinuität, die Wahl von Ministerpräsident Orban den Willen zu Reform und Modernisierung. Beide drücken den Wunsch der Wähler nach Stabilität aus, nach den Konflikten und Krisen, die die vorangegangenen Regierungen gekennzeichnet hatten“, sagte Martin Sieg, Rumänienexperte der CDU-nahen Konrad-Adenauer-Stiftung in Bukarest, dem Handelsblatt.

Die Regierung Orban bleibe aber eine Minderheitsregierung, die ihre Mehrheiten immer wieder neu verhandeln muss. Es stünden beispielsweise vorgezogene Neuwahlen im Raum. „Ob Rumänien damit zu längerfristiger Stabilität zurückfindet, hängt vom Ausgang der nächsten Parlamentswahl ab“, sagte Sieg dem Handelsblatt. Die finden regulär in einem Jahr statt.

Auch der rumänische Politik-Analyst Radu Magdin zeigt sich skeptisch. „Die politische Wirklichkeit bleibt dynamisch, weil nach den anfänglichen Flitterwochen von zwei bis drei Monaten gegen die Regierung harte Untersuchungen beginnen werden, ob sie auch hält, was sie versprochen hat“, sagte der Experte in Bukarest am Sonntag.

Im Oktober hatte ein Misstrauensvotum die Regierung unter der sozialdemokratischen PSD-Chefin Viorica Dancila gestürzt. Durch ihren Angriff auf eine unabhängige Justiz und ihre Korruptionsskandale erlitt die Dancila-Regierung einen schweren Ansehensverlust in Rumänien. Der frühere Chef der PSD, Liviu Dragnea, sitzt mittlerweile im Gefängnis. Der einst so mächtige Linkspopulist wurde wegen Anstiftung zum Amtsmissbrauch zu dreieinhalb Jahren hinter Gittern verurteilt.

Neues Duo aus Orban und Johannis

Anfang November wurde dann Ludovic Orban in das Amt des Ministerpräsidenten gewählt – mit der Unterstützung der konservativ-liberalen Union Rettet Rumänien (USR) und anderer Abgeordneter. Auch Dan Barna hatte sich für die Wiederwahl von Johannis ausgesprochen. Der Chef der USR kam bei der Präsidentschaftswahl vor drei Wochen auf den dritten Platz.

Orban gilt als Garant für eine proeuropäische und proatlantische Politik, die sich klar vom Nationalismus und Populismus seiner politischen Gegner abgrenzt. Auf das konservativ-liberale Duo Johannis und Orban warten zahlreiche Aufgaben. Der rumänische Politikexperte Magdin nennt insbesondere die sich verschlechternde Wirtschaftssituation. Hinzu kommen die Defizite in der politisierten Verwaltung, im Bildungs- und Gesundheitssystem sowie in der Justiz.

Eine von Johannis’ Aufgaben nach seiner Wiederwahl wird es außerdem sein, die tiefen politischen Gräben zwischen rechts und links zu überbrücken. Ob er das schafft, ist nach Meinung von Experten offen: „Die gesellschaftliche und politische Polarisierung Rumäniens zwischen der PSD, ihren Anhängern und den bürgerlichen Parteien und Wählerschichten geht tief, wird sich nur teilweise überbrücken lassen und den politischen Diskurs auch weiter bestimmen“, prognostiziert Rumänienanalyst Sieg.

Politikexperte Magdin ist noch skeptischer angesichts des polemischen Wahlkampfs für das Präsidentenamt. „Johannis baute seine ganze Kampagne darauf auf, die PSD zu dämonisieren und die Sozialdemokraten in die Opposition zu schicken“, sagt Magdin.

Die Nagelprobe für die PNL werden allerdings die Parlamentswahlen Ende 2020 sein. „Erlangt die PNL zusammen mit potenziellen Koalitionspartnern aus der bisherigen Opposition bei der kommenden Parlamentswahl eine Mehrheit, dürften die Weichen für eine dem Präsidenten nahestehende liberal-konservative Regierung während der zweiten Amtszeit von Johannis gestellt sein. Diese Wahl muss aber noch gewonnen werden“, sagt Analyst Sieg.

Größter Verlierer der Wahl bleibt allerdings die frühere Ministerpräsidentin Dancila. Am Sonntagabend gab es bereits Spekulation über ihre weitere Zukunft. Dancila galt nach der Festnahme des PSD-Chefs Dragnea ohnehin nur als Kompromisskandidatin an der Spitze der Sozialdemokraten.

Als Nachfolger an der Spitze der PSD wird der Präsident der Abgeordnetenkammer, Marcel Ciolacu, gehandelt. Der 51-jährige Jurist gehört der PSD bereits seit 1990 an. Allerdings war der frühere Vizepremier in der Vergangenheit in mehrere Skandalen verwickelt.

„Die PSD wird einen neuen Parteichef wählen, egal, ob sie sich stärker für die politische Mitte – mit wahrscheinlich Ciolacu – entscheidet oder für ein Wiederbeleben der patriotischen oder nationalistischen Richtung“, sagte Analyst Magdin am Sonntag.

Mehr: Korruption und Emigration der Jugend lähmen Rumänien. Die Stichwahl am Sonntag könnte ein konservatives Duo an die Spitze von Regierung und Staat bringen.