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VW verlangt Geld für den verpassten Wandel zur Elektromobilität

Statt in Deutschland zu investieren, gibt VW seine Gewinne lieber in China aus. - Copyright: dpa
Statt in Deutschland zu investieren, gibt VW seine Gewinne lieber in China aus. - Copyright: dpa

Der Autoindustrie geht es gut. Sehr gut sogar. Die weltweiten Absatzzahlen, vorwiegend bei den höherpreisigen Modellen, sind exzellent. Teilweise liegen die Margen deutlich über zehn Prozent. Vor allem nach den schwierigen Jahren 2020 und 2021 sind das hervorragende Nachrichten für eine Branche, die für Deutschland von eminenter Bedeutung ist. Umso mehr verwundert es, dass die Industrie ihre abgeschöpften Gewinne nicht in Zukunftsprojekte reinvestiert. Stattdessen: Beschwerden! Etwa bei der EU und Bundesregierung, die angeblich zu wenig für die Unternehmen tun.

Volkswagen will mehr Geld vom Staat

Beispiel Volkswagen: Der Marken-Chef Thomas Schäfer machte seine Wut vergangene Woche in einem bemerkenswerten Posting auf LinkedIn öffentlich. Mit großer Sorge betrachte er die aktuelle Entwicklung bei den Investitionen in die Transformation der Branche. „Hier müssen dringend Prioritäten gesetzt werden - unbürokratisch, konsequent und schnell“, so eine von Schäfers Aussagen.

Plugin-Hybride haben eine desaströse Öko-Bilanz. Für Hersteller sind sie dennoch lukrativ.
Plugin-Hybride haben eine desaströse Öko-Bilanz. Für Hersteller sind sie dennoch lukrativ.

Schäfer glaubt, die EU tue zu wenig, um die Autoindustrie beim zwingenden Wandel hin zur Elektromobilität finanziell zu unterstützen. Er verweist auf die derzeit hohen Kosten für Energie. Ebenso wünscht sich der Manager, auch wenn er das nicht so klar formuliert, Staatshilfe bei den Investitionen in neue Fabriken, zum Beispiel für neue E-Autos und Batterien. Dazu passen die Gerüchte, dass VW das geplante neue Werk in Warmenau bei Wolfsburg unter Umständen nicht bauen will.

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In einer Sache hat Schäfer recht: Die Prozesse, um Investitionen anzuschieben, sind zu komplex. Das gilt für Deutschland und für die EU. Das Wirtschafts-, Finanz,- und Verkehrsministerium haben das von sich aus schon angesprochen und versprechen Besserung. Natürlich dauert dies auch wieder länger, als es sollte, aber es ist zumindest ein Anfang.

Die Fehler liegen bei der Industrie

Aber es gehört schon eine Menge Chuzpe dazu, als Vorstand eines Milliardenkonzerns zu behaupten, man könne den eigenen Wandel nur dann auch in Deutschland vollziehen, wenn der Staat mit Geld aushilft. Die Autoindustrie hat den Wandel zur E-Mobilität lange verschlafen. Sie ist viel zu spät und zu zögerlich eingestiegen, weil man am Diesel-Motor und später auch an Plugin-Hybriden festgehalten hat. Und dies, obwohl klar war, dass beide Antriebe die EU-Normen nicht werden einhalten können. Das ist ein wenig so, als würde ein Startup, das den Markt und die Technologien falsch gelesen hat, den Staat fragen, ob er Geld zuschießt, damit man den Kurs erfolgreich korrigieren kann.

Nun ist die Autoindustrie kein Startup, aber die Hersteller haben in den vergangenen Jahren auch nicht gerade wenig Unterstützung bekommen. Sowohl bei der Transformation durch direkte Investitionen des Staates in die Unternehmen, als auch in der Corona-Zeit. Die Auszahlung des Kurzarbeitergeldes hat den Unternehmen 2020 und 2021 dabei geholfen, weiter positive Bilanzen vorlegen zu können.

Die Vergleiche mit China sind unfair

Und: Sehr viel Geld aus den Gewinnen haben die Unternehmen lieber in China investiert. Natürlich mit einem guten Return-In-Investment, denn immerhin machen die Konzerne knapp 40 Prozent ihrer Umsätze dort. Aber das Geld fehlte dann eben für die Transformation in Deutschland. Letztes Beispiel: Das milliardenschwere Joint Venture von VW mit dem chinesischen KI-Entwickler Horizon Robotics. Das Geld hätte man auch in der EU investieren können. Vielleicht auch im Hinblick darauf, dass in China ganz andere regulatorische Hürden bei den Menschenrechten und der Pressefreiheit herrschen.

Und ja, die von Markenchef Thomas Schäfer angesprochenen Energiepreise in der EU hoch. Man kann der EU und vor allem Deutschland sicher vorwerfen, sich zu sehr von Russland abhängig gemacht zu haben. Aber nicht, dass Russland mit seinem Angriffskrieg gegen die Ukraine das Chaos erst ausgelöst hat. Die Energiepreise sind in China schlicht günstiger, weil dort hauptsächlich auf Kohle bei der Energieherstellung gesetzt wird. Was auch zeigt, dass man bei den Herstellungskosten die CO₂-Emissionen dringend einberechnen sollte. Dann sähe das Preisgefüge ganz anders aus.

Fazit: Solange die Autoindustrie Margen im zweistelligen Prozentbereich einfahren kann, ist die Industrie selbst verantwortlich für die Finanzierung des Wandels hin zur Elektromobilität. Das befreit Deutschland und die EU natürlich nicht davon, bessere Rahmenbedingungen zu schaffen. Vor allem wenn es darum geht, günstigere und erneuerbare Energien bereitzustellen. Doch sich hinzustellen, plump Geld zu fordern und die Gewinne dann woanders zu investieren – das ist die falsche Strategie.

Don Dahlmann ist seit über 25 Jahren Journalist und seit über zehn Jahren in der Automobilbranche unterwegs. Jeden Montag lest Ihr hier seine Kolumne „Drehmoment“, die einen kritischen Blick auf die Mobility-Branche wirft.