Werbung
Deutsche Märkte schließen in 7 Stunden 29 Minuten
  • DAX

    17.976,17
    +115,37 (+0,65%)
     
  • Euro Stoxx 50

    4.964,56
    +27,71 (+0,56%)
     
  • Dow Jones 30

    38.239,98
    +253,58 (+0,67%)
     
  • Gold

    2.324,80
    -21,60 (-0,92%)
     
  • EUR/USD

    1,0679
    +0,0023 (+0,21%)
     
  • Bitcoin EUR

    61.926,58
    +73,31 (+0,12%)
     
  • CMC Crypto 200

    1.393,60
    -21,16 (-1,50%)
     
  • Öl (Brent)

    82,39
    +0,49 (+0,60%)
     
  • MDAX

    26.555,05
    +265,32 (+1,01%)
     
  • TecDAX

    3.254,37
    +37,42 (+1,16%)
     
  • SDAX

    14.141,08
    +87,83 (+0,63%)
     
  • Nikkei 225

    37.552,16
    +113,55 (+0,30%)
     
  • FTSE 100

    8.058,28
    +34,41 (+0,43%)
     
  • CAC 40

    8.053,99
    +13,63 (+0,17%)
     
  • Nasdaq Compositive

    15.451,31
    +169,30 (+1,11%)
     

VW-Fahrer könnten Zulassung verlieren

VW-Dieselskandal - VW-Fahrer könnten Zulassung verlieren

Der Verbraucherzentrale Bundesverband (VZBV) hat mit scharfer Kritik darauf reagiert, dass das Kraftfahrtbundesamt (KBA) Haltern von manipulierten VW-Dieselfahrzeugen mit dem Entzug der Zulassung gedroht hat. „Eine Drohung der Betriebsuntersagung wird viele - Besitzer hart treffen“, sagte VZBV-Chef Klaus Müller dem Handelsblatt. Betroffene seien durch die „schlechten und unzureichenden Informationen“ der vergangenen Monate ohnehin schon „sehr verunsichert.“

Es fehlten transparente Erklärungen auf der Website des KBA. Auch das sei nicht vertrauenerweckend. „Das Kraftfahrtbundesamt darf aber nicht nur für die Industrie, sondern muss insbesondere für die Verbraucher da sein“, betonte Müller. Die Behörde versage aber nicht nur bei der Marktüberwachung. „Bisher hat es auch versäumt, klare Verbraucherinformationen durch Volkswagen einzufordern.“

Müller reagierte auf Äußerungen des Justiziars des Kraftfahrt-Bundesamtes (KBA), Frank Liebhart, am Donnerstag im Diesel-Untersuchungsausschuss des Bundestages. Liebhart hatte darauf hingewiesen, dass Halter von Autos aus dem VW-Konzern mit den umstrittenen Einrichtungen zum Abschalten der Abgasreinigung den Entzug der Zulassung befürchten müssten, wenn sie sich weigerten, ihr Fahrzeug nachrüsten zu lassen. Die Zulassungsbehörden der Länder könnten nach eigenem Ermessen über die Einleitung von Stilllegungsverfahren entscheiden, erklärte er. Zuvor würden die Halter aber aufgefordert, den Mangel beseitigen zu lassen.

Noch . In Deutschland sind rund 2,6 Millionen Fahrzeuge betroffen.

WERBUNG

Deutschlands oberste Zulassungsbehörde wird schon länger seitens der Politik vorgeworfen, die Verbraucherinteressen nicht ausreichend im Blick zu haben. Das Bundesjustizministerium plant daher auch Änderungen beim Aufgabenzuschnitt des KBA. „Der Verbraucherschutz soll auch beim Kraftfahrzeugbundesamt gleichrangiges Aufsichtsziel werden“, hatte der Parlamentarische Staatssekretär im Justiz- und Verbraucherschutzministerium, Ulrich Kelber, kürzlich dem Handelsblatt gesagt. Zuvor war bekannt geworden, dass sich das Amt für einen umstrittenen Bericht zu überhöhten Abgaswerten nach dem VW -Skandal eng mit deutschen Autobauern abgestimmt haben soll.

Auch das Krisenmanagement von VW steht nach wie vor in der Kritik. Sonja Kreitmair, bis September Abteilungsleiterin für Verbraucherpolitik, Energie und Verkehr im Bundesjustizministerium beklagte eine mangelhafte Information der Verbraucher durch den Volkswagen-Konzern. Man habe das Verkehrsministerium gebeten, in Gesprächen mit dem Konzern auf bessere Informationen zu drängen. Sie selbst habe VW angeschrieben und nur eine Standardantwort erhalten.

VW hatte zugegeben, in den USA verbotene Software genutzt zu haben, um die Emissionen von Stickoxiden auf dem Prüfstand zu manipulieren. VW meint aber, sich in Europa rechtskonform verhalten zu haben. Dem widersprechen das Verkehrsministerium und das ihm unterstellte KBA. Angeordnet wurde daher der Rückruf der betreffenden Autos.


Gabriel wegen VW in Sorge um „Dachmarke Made in Germany“

KBA-Justiziar Liebhart hatte ein Rechtsgutachten von VW in der Frage geprüft. Nach seiner Aussage war es „äußert leicht“, die Darlegung von zu entkräften. Eine EU-Verordnung von 2007 verbietet Abschalteinrichtungen im Grundsatz, lässt aber Ausnahmen etwa zum Motorschutz zu. Die Frage der Ausnahmen ist offenbar nicht konkret geregelt. Immer wieder verwiesen im Ausschuss in den vergangenen Wochen zu dieser Frage Techniker auf Juristen und umgekehrt.

Nach Bekanntwerden des VW-Skandals im September 2015 gab es offenbar Versuche von Händlern und VW-Haltern, Autos mit nicht umgerüsteten Motoren mit Tricks auf den deutschen Markt zu bringen. Eine Referentin aus dem Bundesverkehrsministerium berichtete über „vermehrte“ Kurzzulassungen solcher Fahrzeuge im Ausland. In Deutschland würden sie dann gemäß europäischen Regeln zugelassen, ohne dass sie noch einmal geprüft werden. Es habe daher eine klare Ansage an die Bundesländer gegeben, dass dies unzulässig sei.

Im Ausschuss wurde jetzt auch bekannt, dass sich das Bundeswirtschaftsministerium von (SPD) wegen des VW-Skandals grundsätzlich um das gute Image deutscher Unternehmen sorgte. „Die Dachmarke Made in Germany hatte einen besonderen Ruf“, sagte der Abteilungsleiter Industriepolitik, Wolfgang Scheremet, am Donnerstagabend im Diesel-Untersuchungsausschuss. Der Beamte sprach von der Gefahr, dass der Betrug durch ein großes Unternehmen Auswirkungen auf andere deutsche Autohersteller oder auch Firmen anderer Branchen habe. Es habe eine große Verunsicherung weltweit gegeben. Auch in China sei kritisch berichtet worden, obwohl dort fast keine Diesel fahren.

Man habe daher für Aufklärung sorgen wollen, dass nicht die Dieseltechnologie generell betroffen sei und was die Bundesregierung tue, um Klarheit in der Affäre zu schaffen. Das Wirtschaftsministerium empfahl demnach im Oktober 2015 „dringend eine außenpolitische Flankierung der Aufklärung der VW-Affäre“ und eine mit dem Auswärtigen Amt abgestimmte „Kommunikationsstrategie mit vertrauensbildenden Botschaften“. Letztlich wurde Scheremet zufolge eine Informationsbroschüre erstellt, die den deutschen Botschaften zur Verfügung gestellt wurde. Auch in einem Bericht an den Wirtschaftsausschuss hatte das Ressort vor einem generellen Bashing der deutschen Autoindustrie und der Dieseltechnologie gewarnt.

Thema im Ausschuss war auch die Zusammenarbeit zwischen Verkehrs- und Justizministerium, in dessen Zuständigkeit auch der Verbraucherschutz fällt. Letzteres wollte im Herbst die Gesetzesarbeiten für eine „Musterfeststellungsklage“ forcieren. Das Verkehrsministerium lehnte diese jedoch ab. „Die wurde uns dann herausgestrichen“, sagte Kreitmair. Die Musterklage habe man als gutes Instrument für die Verbraucher gesehen. Bei einem so hoch komplexen Gerät wie einem Auto könne ein einzelner Verbraucher nur schwer einen Mangel gegenüber dem Hersteller belegen und etwa Tausende Euro für Gutachten aufbringen.

Das Projekt Musterklage lag lange auf Eis. Nun soll es aber bis Jahresende doch einen Referentenentwurf geben. Verkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) hatte angedeutet, offen die Machbarkeit zu prüfen. Musterklagen sind allerdings nicht mit den in den USA üblichen Sammelklagen zu vergleichen, wie Kreitmair betonte.

KONTEXT

Weltweite Untersuchungen von Behörden im Abgas-Skandal

Untersuchungen

...bei der Abgasbehandlung zogen weltweit Untersuchungen von Behörden nach sich. Ähnlich wie das deutsche Kraftfahrt-Bundesamt (KBA) gingen die Behörden in Frankreich und Großbritannien vor. Die Regierung in Paris stellte bei eigenen Nachmessungen an 86 Modellen deutliche Abweichungen und Normverstöße fest.

Weitere Betrugssoftware...

...konnte die eingerichtete Kommission allerdings nicht nachweisen - auch wenn sie mangels ausreichender Informationen mancher Anbieter nicht ausschließen wollte, dass es sie gibt. Die französischen Autohersteller legten daraufhin ähnlich wie in Deutschland Pläne vor, um die Emissionswerte zu verbessern.

Auch das britische Verkehrsministerium...

...fand bei der Nachmessung von knapp 40 verschiedenen Automodellen keine Hinweise auf betrügerische Manipulationen wie bei VW. Jedoch lagen die Stickoxid-Werte im realen Straßenbetrieb um ein Vielfaches über den Prüfstandswerten.

In den Vereinigten Staaten...

...durchleuchtete die Umweltbehörde EPA die Branche, konnte aber nach eigenen Angaben bislang nur bei Volkswagen Fehlverhalten feststellen. Neben den Wolfsburgern nahmen die Aufseher bislang nur Daimler besonders unter die Lupe. Im April forderte das Justizministerium nach Klagen von US-Anwälten die Stuttgarter auf, das Zustandekommen der offiziellen Abgaswerte in den USA intern und unter Einbeziehung der Behörden zu untersuchen - noch ohne Ergebnis.

Südkorea...

...hatte im November nach dem Bekanntwerden der Abgas-Affäre bei VW ebenfalls verschärfte Untersuchungen an Diesel-Modellen von weiteren Unternehmen angekündigt. Abgesehen von Volkswagen warf die Regierung in Seoul auch Nissan die Manipulation von Abgaswerten vor.

In Japan...

...ordneten Behörden ähnliche Nachtests an. Neben Mitsubishi räumte auch Suzuki Motor ein, eine nicht zulässige Testmethode angewandt zu haben. Betroffen waren 26 Modelle.

In Russland...

...wurden Unterlagen über Abgaswerte von Daimler angefordert. Die Aufsichtsbehörden stellten aber keine Verstöße fest.

In den Niederlanden...

...wollte die Regierung Mitte 2016 über Schadstofftests informieren. Zuvor hatte das Umweltinstitut TNO im Auftrag der Regierung schon Emissionstests bei verschiedenen Modellen durchgeführt. In dem Bericht kam man zu dem Schluss, dass die Stickoxid-Werte auf der Straße vielfach höher waren als im Labor. Die Untersuchung zog bislang jedoch keine Konsequenzen nach sich.

In Italien...

...bekam Volkswagen von der Wettbewerbsbehörde eine Millionenstrafe aufgebrummt. Bei anderen Herstellern hätten Tests dagegen keine Hinweise auf Vorrichtungen zur Manipulation ergeben - auch nicht bei Fiat, hieß es aus dem Verkehrsministerium im Juni. Bei Nachtests des deutschen KBA war Fiat zuvor herausgestochen. Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) sieht nun die EU-Kommission am Zug, Nachmessungen bei den Modellen durchzusetzen.

KONTEXT

Wer Volkswagen verklagt

Große Probleme für VW

Volkswagen hat sich zur Beilegung des Dieselskandals in den USA mit Klägern auf Zahlungen von mehr als 15 Milliarden Dollar verständigt. Der außergerichtliche Vergleich mit Behörden und Dieselbesitzern ist der erste große Schritt zur Aufarbeitung der Manipulation. Weltweit sieht sich Volkswagen mit milliardenschweren Schadenersatzklagen auch von Anlegern konfrontiert. Die Inhaber von Aktien und Anleihen des Konzerns sind neben Autobesitzern und Behörden die dritte große Gruppe, die finanzielle Ansprüche an den Konzern stellt. Weltweit werfen Investoren dem Unternehmen vor, es habe die Öffentlichkeit im vergangenen Jahr über die Manipulation mit ihren schwerwiegenden finanziellen Folgen zu spät informiert. Der Konzern müsse deshalb auch für Kursverluste von VW-Wertpapieren aufkommen. Volkswagen hat diese Vorwürfe zurückgewiesen.

Andreas Tilp

Der Tübinger Rechtsanwalt hat nach eigenen Angaben beim Landgericht Braunschweig eine Klage eingereicht, mit der rund 280 institutionelle Anleger aus mehreren Ländern fast 3,3 Milliarden Euro Schadensersatz für Kursverluste fordern. Außerdem vertritt Tilp mehr als 1100 Privatanleger, die durchschnittlich einen Schaden von 47.000 Euro geltend machen.

Quinn Emanuel

Die Hamburger Kanzlei Quinn Emanuel reichte Klagen für rund 50 institutionelle internationale Investoren ein, darunter der milliardenschwere Pensionsfonds für Lehrer in Kalifornien, ein Staatsfonds und Hedgefonds. Die geforderte Summe beläuft sich auf 680 Millionen Euro. Unterstützt wird Quinn Emanuel vom Prozesskostenfinanzierer Bentham Europe, an dem der US-Hedgefonds Elliott beteiligt ist.

Pensionsfonds aus Boston

Der Pensionsfonds für Angestellte der US-Stadt Boston hat nach Angaben einer Anwaltskanzlei eine Sammelklage gegen Volkswagen eingereicht. Er hält Anleihen von Volkswagen und wirft dem Autobauer vor, seine Gläubiger getäuscht zu haben, wie die Kanzlei Labaton Sucharow mitteilte. Die Klage wurde bei einem US-Bezirksgericht in Kalifornien eingereicht.

Niederländische Stiftung

Eine als Stiftung eingerichtete Kläger-Organisation pocht auf einen außergerichtlichen Vergleich. Volkswagen könne so zu geringeren Kosten eine Welle von Schadensersatzklagen abwenden, erklärte Henning Wegener, Chef der nach niederländischem Recht gegründeten "Stichting Volkswagen Investors Claim".

Nieding + Barth

Die Frankfurter Kanzlei hatte ebenfalls eine Klage am Landgericht Braunschweig angekündigt. Insgesamt strengten 66 Investoren aus den USA und Großbritannien dieselbe Klage an, die Volkswagen einen Verstoß gegen das Wertpapierhandelsgesetz wegen verspäteter Bekanntgabe der illegalen Abgasmanipulation von Diesel-Fahrzeugen in den USA vorwirft.

Alllianz und Dekabank

Der Versicherungskonzern Allianz und die Dekabank ziehen gegen Volkswagen wegen der Abgasaffäre vor Gericht. Finanzkreisen zufolge beteiligt sich das Wertpapierhaus der Sparkassen neben der Allianz-Tochter AGI an der Klage. Die Deka ist nach Reuters-Daten elftgrößter VW-Aktionär und hält einen Anteil von 0,6 Prozent.

Kleinanleger

In Deutschland gingen beim zuständigen Landgericht Braunschweig zudem rund 120 Klagen von Kleinanlegern ein, die Schäden von jeweils zwischen 600 Euro und zwei Millionen Euro geltend machen.