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Vorläufiger Überwachungsstopp erzürnt Union

Ist die Vorratsdatenspeicherung ein rechtswidriges Überwachungsinstrument? Ein Gericht kommt zu diesem Schluss. Die Bundesnetzagentur setzt daraufhin die Speicherpflicht aus und zieht damit harsche Kritik auf sich.

Die Entscheidung der Bundesnetzagentur zum Stopp der Vorratsdatenspeicherung hat teilweise harsche Reaktionen ausgelöst. Die Union reagierte mit Unverständnis, die Grünen sprachen von einer folgerichtigen Entscheidung, nach dem das Instrument jüngst von einem Gericht als rechtswidrig eingestuft wurde.

Es sei „voreilig“ gewesen, die Speicherpflicht auszusetzen, sagte der stellvertretende Vorsitzende der Unions-Bundestagsfraktion, Stephan Harbarth (CDU), der „Rheinischen Post“. „Sicherheitspolitisch besteht die Notwendigkeit zur Speicherung der Daten nach wie vor fort. Die Gefahrenlage ist unvermindert hoch.“

Der Vize-Chef der Grünen-Bundestagsfraktion, Konstantin von Notz, begrüßte hingegen die Entscheidung der Bundesnetzagentur als folgerichtig. Schon die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) habe der „Überwachungspolitik“ der Bundesregierung eine „erhebliche Niederlage“ beschert. Dies zeige sich nun auch vor deutschen Gerichten. „Die Vorratsdatenspeicherung ist ein europarechtswidrig und sicherheitspolitisch unsinnig: Massenhaft und ohne jeden Verdacht und Anlass soll die Bevölkerung überwacht werden – anstatt sich gezielt und verhältnismäßig auf die eigentlichen Risiken zu konzentrieren“, sagte von Notz dem Handelsblatt.

Ähnlich äußerte sich der Verbraucherzentrale Bundesverband (VZBV). „Eine Speicherung von Daten ohne jeden Anlass ist aus Verbrauchersicht ein massiver Eingriff in das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung“, sagte VZBV-Chef Klaus Müller dem Handelsblatt. „Verbraucher müssen die Kontrolle über ihre Daten behalten.“

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Die Bundesnetzagentur begründete am Mittwoch ihre Entscheidung mit einem wegweisenden Beschluss des Oberverwaltungsgerichts (OVG) für das Land Nordrhein-Westfalen in Münster aus der vergangenen Woche. Bis zum Urteil im Hauptverfahren werde die Speicherpflicht nicht durchgesetzt.

In ihrem Beschluss vom 22. Juni hatten die Richter in Münster die anlasslose Speicherung von Standort- und Verbindungsdaten als nicht vereinbar mit EU-Recht bezeichnet. Die Bundesnetzagentur will die Provider daher vorerst nicht mehr zu einer Speicherung zwingen. Bis zum rechtskräftigen Abschluss eines Hauptsacheverfahrens werde man „von Anordnungen und sonstigen Maßnahmen“ zur Durchsetzung der im Telekommunikationsgesetz geregelten Speicherpflichten absehen, hieß es in einer Erklärung. Bis dahin würden auch keine Bußgeldverfahren gegen Firmen wegen einer nicht erfolgten Umsetzung eingeleitet.

Die Vorratsdatenspeicherung war im Herbst 2015 nach langer Debatte beschlossen worden. Telekommunikationsanbieter werden damit ab dem 1. Juli verpflichtet, zur Aufklärung schwerer Verbrechen Telefon- und Internetdaten zehn Wochen lang zu speichern. Standortdaten von Anrufen über Mobiltelefone sollen für maximal vier Wochen gespeichert werden. Die Speicherfrist gilt für die Rufnummer, die Zeit und die Dauer eines Anrufs. Bei der Internetnutzung soll die IP-Adresse festgehalten werden.


Union fordert Zypries zum Eingreifen auf

Klage hatte der Internetprovider SpaceNet erhoben, unterstützt durch den Verband der Internetwirtschaft eco. Dem Unternehmen billigte das Gericht zu, dass es bis zum rechtskräftigen Abschluss des Hauptsacheverfahrens nicht verpflichtet ist, die Verkehrsdaten zu speichern.

Eco-Verbandsvorstand Oliver Süme nannte die daraus erfolgte Entscheidung der Bundesnetzagentur „absolut konsequent“. Das Gericht in NRW habe mit seinem Urteil den ersten Schritt gemacht. „Jetzt brauchen wir endlich die Grundsatzentscheidung, um die Vorratsdatenspeicherung endgültig zu stoppen.“ Die Unternehmen bräuchten Rechtssicherheit, um nicht erneut ein europarechts- und verfassungswidriges Gesetz umsetzen zu müssen und damit beachtliche Gelder zu verschwenden.

Die Deutsche Telekom begrüßte das Urteil ebenfalls. „Für so einen sensiblen Eingriff in Persönlichkeitsrechte muss Rechtssicherheit gegeben sein“, sagte Telekom Vorstand Thomas Kremer. Der Verband der Telekom-Rivalen VATM erklärte, die Entscheidung stelle die Gleichbehandlung aller Marktteilnehmer sicher.

Lob für die Netzagentur kam auch vom Hamburger Datenschutzbeauftragten Johannes Caspar. „Die Nichtanwendung EU-widriger nationaler Rechtsvorschriften trägt dem Grundsatz des Anwendungsvorrangs des EU-Rechts in rechtsstaatlich konsequenter Weise Rechnung“, sagte Caspar dem Handelsblatt.

Die CDU-Rechtsexpertin Elisabeth Winkelmeier-Becker ging indes wie ihr Fraktionskollege Harbarth hart mit der Bundesnetzagentur ins Gericht. Zugleich forderte sie die Bundesministerin Brigitte Zypries (SPD) zum Eingreifen auf. Die Netzagentur fällt als nachgeordnete Behörde in die Zuständigkeit des Bundeswirtschaftsministeriums.

Zypries solle die Netzagentur anweisen, geltendes Recht durchzusetzen. Gerade im Vorfeld des G20-Gipfels wäre es „unverantwortlich“, auf die Vorratsdatenspeicherung zu verzichten, sagte Winkelmeier-Becker. Unions-Fraktionsvize Harbarth meint, das OVG Münster habe in der Hauptsache noch kein Urteil gesprochen und könne daher nationales Recht nicht aufheben. Es wäre daher wünschenswert gewesen, „dass die Bundesnetzagentur zunächst die gemeinsame Positionierung der Bundesregierung abgewartet hätte“, so Harbarth.


Grüne sprechen von „Lehrstunde in Rechtsstaatlichkeit“

Der Grünen-Politiker von Notz rechnet mit Blick auf das Hauptsacheverfahren „entscheidenden Weichenstellung“. „Leider ist es trauriger Alltag in Zeiten der Großen Koalition, dass Gerichte der Bundesregierung eine Lehrstunde in Rechtsstaatlichkeit geben müssen – dies muss endlich ein Ende haben“, sagte.

Von Notz wies in diesem Zusammenhang auch auf die Reaktionen aus der Wirtschaft hin: „So nutzen große Unternehmen wie die Telekom umgehend ihren neuen Spielraum und setzen die Vorratsdatenspeicherung aus“, sagte er und appellierte an andere Firmen: „Angesichts der Rechtsunsicherheit sollten nun alle Anbieter nicht einfach mehr ohne jede Not Nutzerdaten auf Vorrat sammeln.“

Die Bundesregierung hält Schlussfolgerungen zur Zukunft der Vorratsdatenspeicherung für verfrüht. „Die letztverbindliche Entscheidung über die Verfassungs- und Europarechtskonformität treffen das Bundesverfassungsgericht bzw. der Europäische Gerichtshof“, sagte ein Sprecher des Innenministeriums dem Handelsblatt. Er gab zugleich zu bedenken, dass das Bundesverfassungsgericht noch im April den Erlass einer einstweiligen Anordnung zur Aussetzung der Speicherpflicht abgelehnt habe. Die gesetzliche Verpflichtung zur Speicherung beginne am 1. Jul, betonte der Sprecher. Darauf habe auch die Bundesnetzagentur in ihrer Erklärung hingewiesen. „Das Bundesministerium des Innern geht davon aus, dass sich die Provider rechtskonform verhalten werden.“

KONTEXT

Die Kriminalstatistik im Detail

Straftaten insgesamt

In Deutschland wurden 6,37 Millionen Straftaten registriert. Dies sind 0,7 Prozent mehr als im Vorjahr. Damit ereigneten sich 7800 Fälle pro 100.000 Einwohner. Die Aufklärungsquote lag mit 56,2 Prozent etwa auf dem Niveau des Vorjahres.

Täter

Es wurden 2,36 Millionen Tatverdächtige ermittelt. Bei den deutschen Tatverdächtigen wurde ein Rückgang um 3,4 Prozent und bei den nichtdeutschen Verdächtigen ein Anstieg um 4,6 Prozent festgestellt. Der Anteil von Personen ohne deutsche Staatsangehörigkeit erhöhte sich damit auf mehr als 40 Prozent.

Gewalt

Die registrierten Gewaltverbrechen stiegen um 6,7 Prozent auf insgesamt 193.542 Fälle. Zugenommen hat vor allem die gefährliche und schwere Körperverletzung um 9,9 Prozent auf mehr als 140.000 Taten. Fälle von Mord und Totschlag sowie Tötung auf Verlangen legten um 14,3 Prozent auf 2418 Fälle zu, wobei der Anteil der Versuche mit fast 73 Prozent überwiegt. Raubdelikte gingen um 3,7 Prozent auf 43.000 Fälle zurück. Bei Vergewaltigung und sexueller Nötigung wiederum gab es einen Anstieg um 12,8 Prozent auf 7919 Fälle.

Diebstahl

Dominierend waren wie in den Vorjahren die Diebstahlsdelikte, die einen Anteil von 37,3 Prozent an der Gesamtkriminalität haben. Im Vergleich zum Vorjahr sank die Zahl aber um 4,4 Prozent auf 2,37 Millionen Fälle. Unter anderem wurden weniger Autos und Fahrräder entwendet.

Einbrüche

Die Zahl der Wohnungseinbrüche, die zu den Diebstählen zählen, ging zum ersten Mal seit vielen Jahren zurück, und zwar um 9,5 Prozent auf 151.265 Fälle. Bei fast 67.000 Fällen handelte es sich um Versuche. Nur in zwei Bundesländern kam es häufiger zu Einbrüchen: in Sachen und in Sachsen-Anhalt.

Straßenkriminalität

Dieser Bereich macht mit 1,32 Millionen Fällen rund 20,7 Prozent der gesamten Kriminalität aus. Hier gibt es einen Rückgang um 0,9 Prozent auf 12.204 Fälle. So nahmen Taschendiebstähle um zwei Prozent auf fast 165.000 ab.

Betrug

Betrugsfälle sanken um sieben Prozent auf 899.000 Fälle. Deutlich ab nahmen der Überweisungsbetrug mit einem Minus von 24 Prozent und der Tankbetrug mit einem Rückgang um 10,2 Prozent.

Taten gegen die persönliche Freiheit

Die Zahl der Straftaten in diesem Bereich stieg um 3,9 Prozent auf 199.250 Fälle. Mehr als die Hälfte betrafen Bedrohungen, die ebenso wie Nötigungen um mehr als fünf Prozent zunahmen.

Drogen

7,1 Prozent mehr Rauschgiftdelikte wurden registriert. Insgesamt waren es fast 302.600 Fälle.

Wirtschaftskriminalität

In diesem Bereich gibt es einen Rückgang um 5,6 Prozent auf 57.546 Fälle.

Computer und Internet

Im Bereich der Computerkriminalität wurden 107.751 Fälle erfasst. Dies ist eine Zunahme um fast 38.000 Fälle, die zum Teil auf Änderungen der Statistik zurückgeht. Darin einbegriffen ist die Cyberkriminalität im engeren Sinne, deren Fälle sich von 45.793 auf 82.649 fast verdoppelten. Höhere Zahlen gibt es etwa beim Ausspähen und Abfangen von Daten (plus 10,5 Prozent). Zudem gab es 25 Prozent mehr Computersabotage-Taten. Insgesamt bezogen sich 253.000 Straftaten auf das Internet (plus 3,6 Prozent).

Zuwanderer

Die Zahl tatverdächtiger Zuwanderer stieg um 52,7 Prozent auf 174.438. Dazu zählt die Kriminalstatistik Asylbewerber, Menschen mit Duldung, Kontingent- und Bürgerkriegsflüchtlinge oder Personen mit unerlaubtem Aufenthalt, nicht aber anerkannte Flüchtlinge. Bei Taschendiebstählen stellen Zuwanderer einen Anteil von 35 Prozent aller Tatverdächtigen, bei Ladendiebstählen 16,8 Prozent, bei Raubdelikten 14,3 Prozent, bei Vergewaltigung und sexueller Nötigung sowie gefährlicher und schwerer Körperverletzung je 14,9 Prozent.

Politisch motivierte Kriminalität

Politisch motivierte Straftaten erreichten mit mehr als 41.500 Verbrechen einen Höchststand erreicht. Es handelt sich um einen Anstieg um 6,6 Prozent. Die Zahl der Straftaten mit rechter Motivation nahm um 2,6 Prozent auf 23.555 zu, während linksmotivierte Taten um 2,2 Prozent auf 9389 Fälle zurückgingen. Einen drastischen Anstieg gab es bei der politisch motivierten Ausländerkriminalität. Sie nahm um 66,5 Prozent auf 3372 Fälle zu.

KONTEXT

Wie die innere Sicherheit gestärkt werden kann

Hintergrund

In seinem Buch "Allein unter Feinden" beschreibt der Jurist und Politik-Ressortleiter beim "Handelsblatt", Thomas Sigmund, warum sich die Deutschen zunehmend unsicher fühlen. Und er listet 15 Vorschläge für ein "Ende der inneren Unsicherheit auf".

Quelle: "Allein unter Feinden? Was der Staat für unsere Sicherheit tut - und was nicht" von Thomas Sigmund.

Quelle: "Allein unter Feinden? Was der Staat für unsere Sicherheit tut - und was nicht" von Thomas Sigmund.

Mehr Videoüberwachung

Jedem Täter muss klar sein, dass die Wahrscheinlichkeit, von der Polizei per Videoaufzeichnung überführt und später abgeurteilt zu werden, sehr hoch ist. Wir brauchen eine verstärkte Videoüberwachung - nicht nur auf Bahnhöfen und öffentlichen Plätzen, sondern auch in Einkaufszentren und bei großen Veranstaltungen.

Einheitliche, moderne IT-Systeme

Die Sicherheitsbehörden, allen voran Polizei und Verfassungsschutz, brauchen schnellstmöglich ein bundesweit einheitliches IT-System, um ihre Fälle konsequent zu bearbeiten. Daten müssen über Ländergrenzen, das gilt in der Kooperation der Bundesländer ebenso wie für die europaweite länderübergreifende Zusammenarbeit, abgeglichen werden können. Neben der adäquaten technischen Ausstattung braucht es auch ganz praktische Hilfen, etwa bei der Schutzausrüstung.

Mehr Konsequenz, höhere Bußgelder

Es braucht keine weiteren Runden Tische im Kampf gegen den Hass in den sozialen Medien. Nötig ist vielmehr, das Telemediengesetz um weitere konkrete Maßnahmen zu ergänzen - und es auch durchzusetzen. Der Staat sollte umgehend empfindliche Bußgelder verhängen, wenn Internetkonzerne ihren Verpflichtungen zum Entfernen rechtswidriger Einträge nicht nachkommen.

Bessere Grenzkontrollen, härteres Durchgreifen, Prognosesoftware

Viele Täter kommen aus Rumänien, Serbien, Polen und Georgien. Stoppen kann man sie nur, indem man wirksame Grenzkontrollen durchführt. Die Grenze und ihr wirksamer Schutz sind ein Teil der rechtsstaatlichen Sicherheitsverantwortung. Das heißt nicht, dass das Schengen-Abkommen ausgesetzt werden muss. Schengen garantiert Freizügigkeit für den rechtstreuen Bürger. Aber Schengen hat nicht die Aufgabe, Freizügigkeit für Kriminelle sicherzustellen. Außerdem muss die Polizei bundesweit die Prognosesoftware "Precobs" einsetzen können, die in der Schweiz und in Teilen Deutschlands bereits erfolgreich angewandt wird.

Prognosesoftware "Precobs"

Keine Nachsicht mehr bei Vandalismus

Es muss nicht unbedingt die Null-Toleranz-Politik aus New York als Blaupause in Deutschland angewandt werden. Doch wenn es um Strafzettel, GEZ-Gebühren oder verspätet abgegebene Steuererklärungen geht, wird auch keine Nachsicht geübt. Mit der gleichen Konsequenz muss man sich auch einen Staat wünschen, der gegen die Flut an Schmierereien und Vandalismus in deutschen Städten angeht. Verordnungen dafür gibt es bereits, sie müssen nur angewandt werden.

Masterplan gegen Internetkriminalität und Cyberkrieger

Der Staat ist den neuen Bedrohungen nicht gewachsen. Die staatlichen Behörden brauchen dringend hoch qualifizierte IT-Mitarbeiter. Wenn die Bezahlung im öffentlichen Dienst ein Abwerben aus der Wirtschaft nicht möglich macht, müssen verstärkt Kooperationen mit den Unternehmen eingegangen werden. Solche Zusammenschlüsse des Staates mit Firmen gibt es bereits, beispielsweise um gegen Geldwäsche, Wirtschaftskriminalität oder internationalen Terrorismus vorzugehen. Darauf lässt sich aufbauen. Und es braucht einen Masterplan, der die richtigen strategischen Akzente und ihre praktische Umsetzung konsequent zusammenführt.

Maßnahmen gegen Hassprediger

Wenn wir den liberalen Rechtsstaat neu ausrichten wollen, um ihn besser zu schützen, müssen wir den Verfassungsschutz stärken. Vor allem aber braucht es einen Ausbau der Präventionsprogramme. Denn junge Menschen sind von den Hasspredigern zu erreichen und der Staat muss der Radikalisierungsgefahr etwas entgegensetzen. Die Integration der jungen Menschen muss oberste Priorität haben, wenn wir nicht in absehbarer Zeit eine unkontrollierbare Anzahl von potenziellen IS-Attentätern bei uns haben wollen. Wenn nur der Ansatz eines Beweises vorliegt, heißt es: Kriminelle ausländische Hassprediger ausweisen, deren Moscheen schließen.

Mehr Präsenz der Polizei, bessere Bezahlung

Die Polizei muss präsenter auf den Straßen sein. Die Bürger sollen sehen, dass Ermittlungs- und Fahndungsdruck erhöht sind. Da es aber Jahre dauern wird, bis die versprochenen neuen Polizeikräfte wirklich eingestellt und ausgebildet sind, brauchen wir eine spürbare Entlastung der Polizei von bürokratischen Aufgaben und solchen, die auch von privaten Sicherheitsdiensten übernommen werden können. Schärfere Gesetze braucht es nicht, die vorhandenen müssen nur besser umgesetzt werden. Was es aber braucht, ist eine Aufwertung - auch finanziell - des Polizeiberufes, damit dieser auch für junge Menschen attraktiv ist.

Härtere Strafen gegen den erodierenden Respekt vor Polizisten

Die Justiz muss den Vorwurf von Polizeigewerkschaftern ernst nehmen, sie verfolge Attacken gegen Staatsbedienstete entweder gar nicht oder viel zu lasch. Deshalb würden viele Angriffe erst gar nicht angezeigt oder würden, wenn doch mal ein Fall vor Gericht landete, als Kavaliersdelikte behandelt. Die Gerichte müssen den Strafrahmen der Gesetze bis zur Neige ausschöpfen. Die bestehenden Paragrafen - angefangen von Beleidigung, Nötigung, Körperverletzung bis hin zum Totschlag bieten ausreichende Strafmaße. Aber die Strafe muss auf dem Fuß folgen. Durch langwierige Verfahren oder kleine Geldbußen verpufft jeder abschreckende Effekt.

Schnelleres Abschieben von Gefährdern

Bund und Länder bekommen die Abschiebungen nicht hin. Daher muss das Kanzleramt das Thema zur Chefsache erklären. Leere Ankündigungen steigern nicht das Vertrauen in den Rechtsstaat, sie untergraben es. Der Staat erscheint schwach, obwohl hier die Bürger laut den Umfragen mehrheitlich Stärke erwarten. Die Länder müssen ausreichend Platz für die Abschiebehaft oder den Ausreisegewahrsam zur Verfügung stellen. Wichtig ist auch eine engere Kooperation zwischen den Landeskriminalämtern und den Ausländerbehörden, die näher dran sind. Die Zuständigkeit für straffällig gewordene Ausländer sollte von der Ausländerbehörde auf die Polizei übergehen. Dann wäre schon viel gewonnen. Der Bund muss am Ende das Recht zur Abschiebung haben.

Europäisches Anti-Terror-Zentrum

Die Biografien der Terroristen zeigen ihre weltweite Vernetzung. Also brauchen wir ein einheitliches europäisches Abwehrzentrum, in dem Daten aus allen EU-Ländern zusammengeführt sind. Der Schlüssel zum Erfolg liegt im Informationsaustausch. Die Forderungen nach einer neuen föderalen Sicherheitsarchitektur mit mehr Kompetenzen für den Bund sind berechtigt. Doch der Wunsch von Bundesinnenminister Thomas de Maizière nach einer Zusammenlegung der Landesämter für Verfassungsschutz ist in der Praxis nicht umsetzbar. Die Länder machen da nicht mit.

Schnell bessere Grenzsicherung der EU

Die gemeinsame Polizeibehörde Frontex ist zwar mit neuen Mitarbeitern und auch mit finanziellen Mitteln gestärkt worden, doch die Zustände in Griechenland und Italien, in denen nach wie vor Tausende Flüchtlinge unkontrolliert anlanden, sind nicht zu tolerieren. Deutschland, aber auch andere Länder wie Österreich, kann sich nicht darauf verlassen, dass das EU-Türkei-Abkommen hält und die Balkanroute geschlossen bleibt. Es bleibt deshalb keine andere Wahl, als auch darüber nachzudenken, die Bundespolizei zur Grenzsicherung einzusetzen. Die Politik braucht einen wirksamen Plan, wie eine solche Aufgabe überhaupt zu bewältigen wäre und welche Ressourcen dafür nötig sind.

Ehrliche Kommunikation

Die Populisten wollen uns glauben machen, wir könnten zurück in eine nationale Welt des 19. Jahrhunderts. Die Wahrheit aber ist: Wir befinden uns in einer globalisierten Welt im 21. Jahrhundert. Da spielen Bedrohungen wie Cyberangriffe, Terror und Wirtschaftsspionage eine überragende Rolle. Das darf kein Geheimnis sein, es muss den Menschen offen gesagt werden. Die deutschen Nachrichtendienste sind im Kampf gegen Terror vor allem auf Informationen aus den USA angewiesen. Sollte es ein nächstes "Handy-Gate" der Kanzlerin oder Ähnliches geben, gehört dies auch zur Wahrheit, die erzählt werden muss.

Gegen Vollverschleierung

Heute bedrohen uns islamistische Krieger, die unsere christlich-abendländischen Werte im Visier haben und unser liberales Gesellschaftsmodell zerstören wollen. Die Politik sollte sich bei der Entscheidung um ein Verschleierungsverbot der Realität stellen: Viele Bürger bringen kaum Verständnis dafür auf, dass sich Frauen mit Burka oder Nikab in staatlichen Gebäuden, im öffentlichen Nahverkehr, Schulen und in Krankenhäusern zeigen.

Für ein modernes Zuwanderungsgesetz

Es ist an der Zeit, dass die deutsche Politik ihre Denkblockaden überwindet. Deren Argumentation, zuerst die Asylpolitik abarbeiten zu wollen und sich dann um alles andere zu kümmern, wirkt wie aus der Zeit gefallen. Der internationale Wettbewerb um hochqualifizierte Arbeitskräfte wartet nicht darauf, dass die Parteien die nordafrikanischen Staaten zu sicheren Herkunftsländern erklären oder nach einem langen Verfahren abgelehnte Asylbewerber schneller abschieben. Die besten Talente der Welt suchen ihr Glück in der Zwischenzeit anderswo.