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Volvos Schwester Polestar will bis 2030 ein klimaneutrales Auto bauen — Managerin Klarén erklärt, wie das gelingen soll

Fredrika Klarén möchte Volvos elektrische Schwestermarke nachhaltiger machen.
Fredrika Klarén möchte Volvos elektrische Schwestermarke nachhaltiger machen.

Egal ob in der Mode-, Lebensmittel- oder Autoindustrie: Angesichts des Klimawandels und des aktuellen Zeitgeists wird das Schlagwort Klimaneutralität in PR-Texten mittlerweile schon fast inflationär eingesetzt. Während es einigen Konzernen nur darum geht, ihren umstrittenen Geschäftspraktiken öffentlichkeitswirksam einen grünen Anstrich zu verpassen, wird das zukunftsentscheidende Thema Klimaschutz von einigen Firmen mittlerweile tatsächlich ernst genommen.

Die 2017 aus Volvos hauseigener Tuningabteilung und einem Joint Venture mit dem chinesischen Mutterkonzern Geely hervorgegangene Newcomer-Marke Polestar präsentiert sich dabei nach Außen hin als besonders konsequent. Sie bietet nämlich nicht nur ausschließlich elektrifizierte Autos an, sondern gibt sich auch bei der Ökobilanz des Modells Polestar 2 sehr transparent. Obwohl die Volvo-Schwester bei der E-Limousine verstärkt auf recycelte Materialien setzt, fallen bei dessen Produktion nach eigenen Angaben 24 Tonnen CO2 an - und damit mehr als bei einem vergleichbaren Benziner oder Diesel. Allerdings soll das Elektroauto ab einer Laufleistung von 50.000 Kilometern klar die Nase vorn haben.

Serienmodell statt Concept Car

Auf lange Sicht möchte der schwedisch-chinesische Autobauer deutlich klimafreundlicher werden und auf diesem Gebiet eine Vorreiterrolle einnehmen. Im vergangenen April hat er sein Polestar 0-Projekt vorgestellt. Dessen Ziel: Bis 2030 soll ein komplett klimaneutrales Auto auf die Räder gestellt werden. Bisher hielt sich die Geely-Tochter zur geplanten Vorgehensweise oder dem konkreten Modell an sich bedeckt. Im Interview mit Business Insider hat Fredrika Klarén, Polestars Nachhaltigkeitsmanagerin, jetzt offen zugegeben, dass der Hersteller selber noch nicht weiß, um was für eine Art Auto es sich handeln wird.

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"Die kommenden neuen Jahre werden in drei verschiedene Phasen aufgeteilt sein. Ungefähr 2027 wird die klassische Produktentwicklung beginnen. Davor wissen wir noch nicht konkret, wie das Auto aussehen wird", sagt die Schwedin. Allerdings soll es sich dabei definitiv nicht nur um eine schnöde Studie handeln. Das Auto soll tatsächlich in Serie gehen. Die realisierbare Stückzahl und ob es auch für den durchschnittlichen Polestar-Käufer erschwinglich sein wird, steht jedoch noch in den Sternen. Dass es bis zur neuen Dekade eine ganze Reihe klimaneutraler Polestars gibt, hält die ehemals für IKEA tätig gewesene Managerin jedoch für sehr unwahrscheinlich: "Wenn wir bis 2030 auch nur ein komplett Co2-neutrales Modell haben, können wir uns schon sehr glücklich schätzen."

Es muss sofort gehandelt werden

Mit der vorausgehenden Forschungsphase möchte Polestar sofort beginnen. In den ersten paar Jahren des Projekts wird es darum gehen, mithilfe von Forschungsprojekten komplett neue Lösungen, oder zumindest innovative Lösungsansätze zu finden. Zum Beispiel könnte die Produktion der Verkabelung neu erdacht werden. Der Fokus soll insgesamt vor allem auf Recycling und einem modularen Aufbau liegen. Danach geht es mit der "Advanced Engineering"-Phase weiter, bei der neue technische Lösungen entwickelt werden oder bestehende Technologien optimiert werden sollen.

Von dieser Phase sollen auch die bestehenden, sowie die in den nächsten neun Jahren auf den Markt kommende Polestar-Modelle nach und nach profitieren. Fredrika Klarén findet nämlich, dass es deutlich zu spät wäre, die Autos erst ab 2030 klimafreundlicher zu machen: "Deswegen haben wir uns ja dieses Ziel gesetzt: Um schon jetzt, in dieser Dekade, die CO2-Emissionen zu reduzieren. Es ist so wichtig, dass wir das jetzt tun müssen."

Die Managerin geht aber auch davon aus, dass sich viele der aktuellen Kritikpunkte, sowie der gesamte CO2-Fußabdruck der E-Mobilität im Laufe des Jahrzehnts angesichts des rasanten technischen Fortschritts ohnehin verbessern werden. Innovationen wie der Trockenprozess für die Elektrodenbeschichtung, sowie die lang ersehnte Feststoffbatterie senken den Stromverbrauch bei der Produktion und verringern die Abhängigkeit von seltenen und unter teilweise prekären Bedingungen geschürften Rohstoffen wie Kobalt. Zudem wird derzeit mit Hochdruck an klimaschonenden Methoden der Stahl- und Aluminium-Herstellung gearbeitet. Hier dürfte beispielsweise grüner Wasserstoff eine Rolle spielen. Derzeit handelt es sich dabei noch um einen der Energie-intensivsten Abschnitte bei der Fertigung eines Neuwagens.

Die bis zu 408 PS starke Limousine Polestar 2 hat es auf das Tesla Model 3 abgesehen.
Die bis zu 408 PS starke Limousine Polestar 2 hat es auf das Tesla Model 3 abgesehen.

Polestar setzt auf die Blockchain

Beim Erreichen der Klimaneutralität setzt Polestar stark auf die Blockchain. Erst im Mai hatten die Marke eine Kooperation mit dem britischen Start-up Circulor verkündet. Mithilfe der Technologie kann das Unternehmen laut eigener Aussage überprüfen, ob die Rohstoffe tatsächlich aus den ursprünglich ausgewählten Minen stammen und in den anfangs vereinbarten Fabriken weiterverarbeitet werden. So soll sichergestellt werden, dass bei der Förderung, sowie Produktion die Menschenrechte und Umweltstandards eingehalten werden.

Falls irgendwo in der Lieferkette ein zu hoher CO2-Ausstoß oder Rohstoffe aus anderen Quellen registriert werden, wird Polestar darüber informiert. Den Zulieferern können dann Konsequenzen auf verschiedenen Ebenen drohen. Die schwedisch-chinesische Automarke möchte nach eigenen Angaben nur mit Unternehmen zusammenarbeiten, die den Klimaschutz ernst nehmen. "Wir fordern von unseren Zulieferern, dass sie ihre Produktion auf grüne Energie umstellen und in die Nachhaltigkeit investieren", sagt Fredrika Klarén. Die Zulieferer würden aber oftmals selber erkennen, dass beispielsweise die Optimierung der Produktionsprozesse den Stromverbrauch senken kann. Dies sei nicht nur gut für das Klima, sondern würde mitunter gleichzeitig auch die Betriebskosten mindern.

Im Gegensatz zu einigen Konkurrenten möchte Polestar auch in Zukunft den Großteil der Komponenten von Partnerunternehmen beziehen. Die Batteriezellen des Polestar 2 werden beispielsweise von den asiatischen Unternehmen CATL und LG Chem gefertigt. Und dies soll auch bei den zukünftigen Modellen der Schweden vorerst so bleiben. Vorausgesetzt die Branchengiganten nehmen das Thema Klimaschutz ernst und stellen beispielsweise ihre Produktion auf Strom aus erneuerbaren Energien um.

Volkswagen, aber auch Stellantis oder Tesla möchten ihre Zellen dagegen auf lange Sicht selber fertigen. So soll nicht nur die Abhängigkeit von China verringert werden, sondern gleichzeitig auch der CO2-Rucksack der Stromspeicher verkleinert werden. Polestar bleibt gegenüber diesem Schritt skeptisch und möchte weiterhin auf die bewährte Methode setzen. "Selbst wenn wir unsere Batteriezellen selber fertigen würden, hat man in jedem Auto insgesamt rund 20.000 weitere Komponenten, die ebenfalls Auswirkungen auf das Klima haben und deren Lieferkette deshalb überwacht werden muss. Auf diesem Gebiet sind wir von der Blockchain-Technologie mehr als überzeugt", stellt Fredrika Klarén klar.

Aktuell laufen die Polestar-Modelle ausschließlich in China vom Band und werden anschließend nach Europa oder Nordamerika verschifft. Da noch so gut wie alle Frachter von Dieselmotoren angetrieben werden, wird beim Transport der als umweltfreundlich angepriesenen E-Autos eine Menge CO2 ausgestoßen. Auch hier sieht Polestar Handlungsbedarf. Auf lange Sicht könnte hier beispielsweise Chinas neue Seidenstraße als Zugverbindung genutzt werden.

Zudem möchte der Autohersteller zukünftig auch vor Ort für die jeweiligen Märkte produzieren. Mitte Juni hatte das Unternehmen kommuniziert, dass der 4, Polestars zukünftiges Oberklasse-SUV, ab 2022 in den USA vom Band laufen soll. Später soll auch in Europa produziert werden. Eigentlich ziemlich naheliegend, schließlich kann Polestar auf die global verteilten Fabriken der Schwestermarke Volvo zurückgreifen.

VWs CO2-Ausgleich funktioniere nicht

Volkswagen verfolgt bei der Optimierung der Klimabilanz seiner Elektromodelle ID.3 und ID.4 einen komplett anderen Ansatz als der schwedisch-chinesische Newcomer. Anstatt die Lieferkette nachzuverfolgen und zu optimieren, möchten die Wolfsburger das bei der Produktion emittierte CO2 mit der Unterstützung von Waldschutz-Projekten kompensieren. Beispielsweise gibt der Autogigant an, den indonesischen Regenwald zu schützen. Volkswagen betitelt das SUV ID.4 deshalb schon heute als klimaneutral. Dafür hagelte es unter anderem von Greenpeace Kritik. Der "Ausgleich" sei laut der Umweltorganisation wirkungslos und wird von dieser sogar als "moderner Ablasshandel" betitelt.

Auch Fredrika Klarén hält wenig von der Methode. Dies begründet Polestars Nachhaltigkeitsmanagerin so: "Es funktioniert einfach nicht. Es gleicht die Emissionen nicht aus. Es dauert zu lange, das bei der Produktion eines Autos anfallende CO2 durch das Pflanzen von Bäumen zu binden. Man müsste gewährleisten können, dass diese jahrzehntelang unter idealen Bedingungen wachsen können. Und diese Zeit haben wir angesichts des Klimawandels einfach nicht." Natürlich unterstütze das Unternehmen trotzdem den Schutz des Regenwalds. Spätestens in neun Jahren wird sich zeigen, ob Polestars 0-Projekt den hohen Ansprüchen besser gerecht wird.

Die Studie Precept gab einen Vorgeschmack auf das Polestar-Design der Zukunft.
Die Studie Precept gab einen Vorgeschmack auf das Polestar-Design der Zukunft.