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Vollständiger Soli-Abbau führt zu 86 Milliarden Euro Wirtschaftsplus

Gegner des Solidaritätszuschlags bekommen neue Argumente: Laut einer IW-Studie würde ein Komplett-Wegfall des Solis allein nächstes Jahr 19.000 neue Jobs schaffen.

Seit Jahren wird um eine vollständige Abschaffung des Solidaritätszuschlags gestritten. Nun bekommen Soli-Gegner neue Argumente. Foto: dpa
Seit Jahren wird um eine vollständige Abschaffung des Solidaritätszuschlags gestritten. Nun bekommen Soli-Gegner neue Argumente. Foto: dpa

Die vollständige Abschaffung des Solidaritätszuschlags hätte laut einer Studie starke positive Effekte auf die Konjunktur. Bis 2030 würde ein kompletter Wegfall zu einem Anstieg des Bruttoinlandsprodukts (BIP) von 86 Milliarden Euro führen. Allein im nächsten Jahr würden 19.000 zusätzliche Arbeitsplätze entstehen.

Dies geht aus einer Studie des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) im Auftrag der von den Arbeitgebern finanzierten Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft (INSM) hervor, die dem Handelsblatt vorliegt.

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Zum 1. Januar 2021 fällt der Soli für 90 Prozent der Steuerzahler weg. Die zehn Prozent Topverdiener müssen den Zuschlag jedoch teilweise oder voll weiterzahlen. Die Topverdiener tragen allein gut die Hälfte des bisherigen Soli-Aufkommens von rund 20 Milliarden Euro jährlich.

Während die Union den Soli ganz abschaffen will, hatte die SPD darauf gedrängt, dass Gutverdiener nicht durch einen Komplett-Wegfall entlastet werden. Wenn der Soli ganz abgeschafft werde, dann nur, wenn im Gegenzug der Spitzensteuersatz steige. Dagegen hatte sich die Union wiederum ausgesprochen.

Laut der IW-Studie würde ein vollständiger Wegfall des Zuschlags auf die Einkommensteuer die Wirtschaftskraft Deutschlands im nächsten Jahr um rund sechs Milliarden Euro anheben. So würde die Steuererleichterung vor allem den privaten Konsum mit 3,8 Milliarden Euro ankurbeln, die Investitionen würden um 1,3 Milliarden Euro zulegen.

Diese Werte stiegen in den nächsten Jahren kontinuierlich weiter an. Bis 2030 käme so ein Wirtschaftsplus von nominal insgesamt 86 Milliarden Euro zustande. Dadurch finanziere sich die Steuersenkung in Teilen selbst: „Die positiven Effekte auf Wirtschaftswachstum und Arbeitsmarkt würden den zu erwartenden Steuerausfall um rund ein Drittel reduzieren“, heißt es in der Studie.

So würden im Durchschnitt der nächsten zehn Jahre zusätzliche nominale Einnahmen – also ohne Berücksichtigung der Preisentwicklung – in Höhe von 3,2 Milliarden Euro in die Staatskasse fließen, heißt es in der Studie.

Studienautor Tobias Hentze sagt: „Eigentlich ist es ein Glücksfall für die Politik, wenn strukturell überfällige Schritte mit konjunkturpolitisch sinnvollen Schritten zusammenfallen. Mit der vollständigen Soli-Abschaffung könnte eine überfällige Reform als wirtschaftlicher Impuls zur Überwindung der Coronakrise genutzt werden.“

INSM-Geschäftsführer Hubertus Pellengahr sagte, 30 Jahre nach der Wende sei „der Soli schlichtweg aus der Zeit gefallen“. Eine Abschaffung sei „nicht nur verfassungsrechtlich geboten, sondern brächte zusätzlich auch einen beachtlichen Konjunkturimpuls“.

Verfassungsklagen gegen Soli-Fortführung

Gegen die Beibehaltung des Solis für Topverdiener sind bereits verschiedene Verfassungsklagen auf den Weg gebracht worden. Das Argument der Kläger: Mit dem Wegfall des Solidarpakts II zum Aufbau Ost in diesem Jahr habe der Soli keine Legitimationsgrundlage mehr. Auch die einseitige Belastung von Topverdienern durch einen speziellen Zuschlag auf die Einkommensteuer halten die Kläger für rechtlich angreifbar.

Geklagt hat unter anderem eine Gruppe um den Steuerzahlerbund und den ehemaligen Abteilungsleiter im Bundesfinanzministerium, Michael Sell.

Allerdings wies das Finanzgericht Nürnberg im Juli eine entsprechende Musterklage vorerst ab. Vor allem die Urteilsbegründung, in der Öffentlichkeit bislang weitgehend untergegangen, ist beachtenswert.

So sehe „die Situation zum Zeitpunkt der Entscheidung zum Solidaritätszuschlag“ anders aus, schreibt das Gericht. Abgesehen davon, dass das Gericht die verfassungsrechtlichen Bedenken nicht teile, habe die Bundesrepublik seit Anfang des Jahres 2020 mit einer Pandemie ungeahnten Ausmaßes zu kämpfen. Dadurch seien die Steuereinnahmen gesunken und die weiteren finanziellen Herausforderungen nicht absehbar.

Nach der Auffassung des Senats steht auch die „mögliche und realistische Option zur Umwidmung einer Ergänzungsabgabe“ der „Überzeugungsbildung von der Verfassungswidrigkeit des Solidaritätszuschlags (...) entgegen“, heißt es im Urteil weiter.

Mit anderen Worten: Laut den Richtern könnte der Einheits-Soli als Corona-Soli fortbestehen. Die Kläger wollen dieses Urteil nicht hinnehmen und nun vor den Bundesfinanzhof, das oberste Gericht für Steuerfragen, ziehen.

Soli wird Wahlkampfthema

Unabhängig davon dürfte der Soli im Bundestagswahlkampf 2021 eine zentrale Rolle spielen. Die SPD fordert, dass Gutverdiener gerade angesichts der Coronakrise mehr Steuern zahlen sollten.

SPD-Kanzlerkandidat Olaf Scholz glaubt, die Union sei mit ihrer Forderung nach einer vollständigen Abschaffung in eine Falle getappt, da eine Abschaffung ausschließlich Gut- und Spitzenverdiener entlastet und dies in der Gesellschaft nicht mehrheitsfähig sei.

Die Union verweist allerdings darauf, dass der Rest-Soli überwiegend von Unternehmern gezahlt werde – und diese nach den Belastungen in der Coronakrise jede Entlastung gebrauchen könnten.