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"Vollkommen unrealistisch": Karl Lauterbach schließt Corona-Lockdown im Herbst aus

Ein Corona-Lockdown im Herbst werde nicht kommen, versicherte Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach bei "Anne Will". (Bild: ARD)
Ein Corona-Lockdown im Herbst werde nicht kommen, versicherte Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach bei "Anne Will". (Bild: ARD)

Die Sommerwelle ist in vollem Gang, und doch laufen die aktuellen Corona-Schutzmaßnahmen Ende September aus. Wie es dann weitergehen könnte, mutmaßte Gesundheitsminister Karl Lauterbach nun bei "Anne Will". Derweil ließ ein Intensivpfleger seinem Frust über den Personalmangel freien Lauf.

Die tagesaktuelle 7-Tage-Inzidenz von etwa 650 beweist: Die Sommerwelle ist da - und das Coronavirus bleibt auch im dritten Jahr ein ständiger Begleiter. Noch relativ neu ist indes die ansteckendere Variante BA.5, die mittlerweile den Hauptanteil der Ansteckungen ausmacht und neben höheren Inzidenzen auch für mehr Klinikeinweisungen sorgt. Wie aber geht es im Herbst und Winter weiter? Dieser Frage, getitelt unter dem Motto "Bilanz der Corona-Politik - Ist Deutschland auf die nächste Welle besser vorbereitet?", widmete sich am Sonntagabend Talkmasterin Anne Will mit ihrer Diskussionsrunde rund um Gesundheitsminister Karl Lauterbach.

Im Anschluss an den jüngst veröffentlichten Bericht des Sachverständigenrats über die ergriffenen Corona-Maßnahmen schloss FDP-Gesundheitspolitikerin Christine Aschenberg-Dugnus: "Ich ziehe da schon sehr viel Nektar heraus." Besonders die Anregung hinsichtlich der Sammlung und Bereitstellung von Echtzeitdaten sei wertvoll. Aufschlussreich beurteilte die 62-Jährige auch, dass "psychosoziale Folgen der Maßnahmen ganz dringend berücksichtigt werden müssen". In diesem Zusammenhang legte sich Aschenberg-Dugnus darauf fest, dass Schulschließungen in diesem Herbst nicht mehr erfolgen werden.

Mit ihren Gästen um Karl Lauterbach diskutierte Anne Will am Sonntagabend die Frage "Bilanz der Corona-Politik - Ist Deutschland auf die nächste Welle besser vorbereitet?". (Bild: ARD)
Mit ihren Gästen um Karl Lauterbach diskutierte Anne Will am Sonntagabend die Frage "Bilanz der Corona-Politik - Ist Deutschland auf die nächste Welle besser vorbereitet?". (Bild: ARD)

Karl Lauterbach sieht Schulschließungen als "allerletztes Mittel"

Karl Lauterbach sah dies im Kern zwar ähnlich, wollte derlei Einschränkungen aber nicht kategorisch ausschließen. "Ich persönlich glaube, dass Schulschließungen nicht kommen müssen", sagte er. "Sie wären das allerletzte Mittel." Mit Hinweis auf mögliche neue Varianten wollte der Gesundheitsminister sich aber nicht zu weit aus dem Fenster lehnen. Eindeutiger äußerte sich der SPD-Politiker zum Thema Lockdown. Wegen des guten Immunstatus innerhalb der Bevölkerung sei dieser "vollkommen unrealistisch", so die klare Botschaft Lauterbachs: "Ein Lockdown ist auszuschließen."

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Bei der Vehemenz der Maßnahmen gingen die Meinungen indes auseinander. Christine Aschenberg-Dugnus argumentierte gemäß der FDP-Parteilinie: "Es ist Verfassungsrecht, dass der Staat nur Maßnahmen ergreifen darf, von denen er auch weiß, sie sind geeignet und sie sind notwendig." Christina Berndt von der "Süddeutschen Zeitung" war diese Schlussfolgerung zu einfach. Wegen der Ungewissheit, die eine Pandemie mit sich bringe, müsse "man manchmal auch Maßnahmen ergreifen, für die die beste wissenschaftliche Evidenz nicht gegeben ist". Dazu sei es aber unerlässlich, sich auf Daten zur Krankheit und zu den Patienten verlassen zu können.

FDP-Politikerin Christine Aschenberg-Dugnus forderte, dass "psychosoziale Folgen der Maßnahmen ganz dringend berücksichtigt werden müssen". (Bild: ARD)
FDP-Politikerin Christine Aschenberg-Dugnus forderte, dass "psychosoziale Folgen der Maßnahmen ganz dringend berücksichtigt werden müssen". (Bild: ARD)

Intensivpfleger Ricardo Lange kritisiert Corona-Management scharf

"Wir haben die Daten nicht gehabt, um Feinheiten zu bestimmen", räumte Karl Lauterbach ein, betonte gleichzeitig aber: "Vieles wussten wir, und vieles kann man auch machen, ohne dass man die Daten hat und auch die Studien hat." Die Strategie, eine vorsichtige Corona-Politik zu verfolgen, habe sich ausgezahlt, in Form von relativ wenigen Toten. Gleichzeitig machte Lauterbach deutlich, wie wichtig eine gute Vorbereitung der Maßnahmen im Herbst sei: "Wenn wir noch mal nicht gut vorbereitet in den Herbst gehen, würden uns das die Bürger nicht verzeihen."

Intensivpfleger Ricardo Lange, ebenfalls zu Gast im ARD-Talk, redete sich im Anschluss einigen Frust von der Seele - und kritisierte nicht nur das bisherige Corona-Management scharf, sondern attackierte auch Karl Lauterbach direkt. Lange berichtete von überlasteten Intensivstationen, "wo Menschen wegen Personalmangel sterben" und "Personal weinend auf den Fluren zusammenbricht". Lauterbach gab kleinlaut zurück, dass dies natürlich eine Überlastung sei. "Gerade bei Corona hätte man merken müssen: Wir gehen jedes Mal unvorbereitet in diese Herbstwelle", ließ der Intensivpfleger nicht locker.

Für Intensivpfleger Ricardo Lange ist der Personalmangel im Pflegewesen eines der Hauptprobleme. (Bild: ARD)
Für Intensivpfleger Ricardo Lange ist der Personalmangel im Pflegewesen eines der Hauptprobleme. (Bild: ARD)

"Wir sind im dritten Jahr der Pandemie, Herr Lauterbach, im dritten Jahr!"

Momentan werde viel über Masken und Tests gesprochen, dabei habe Lauterbach "die Verantwortung, den Personalmangel zu beseitigen". Und Lange hatte sich gerade erst in Rage geredet: "Sie greifen in die Grundrechte der Bürger ein und betonen, dass alles zum Wohle der Menschen geschieht und haben nicht mal Daten zur Hand, an denen Sie feststellen, ob die Maßnahmen überhaupt zielführend sind! Da fasse ich mir an den Kopf. Wir sind im dritten Jahr der Pandemie, Herr Lauterbach, im dritten Jahr!"

In diesem Kreuzfeuer der Kritik holte Lauterbach zur Verteidigung aus: "Jetzt wird mir vorgeworfen, dass es nicht einen Monat früher gekommen ist. Davor ist zehn Jahre gar nichts passiert." Dennoch zeigte er Verständnis für den Groll Langes und nannte dessen Anregungen "richtig": "Wir müssen die Pflege entlasten, dafür wird es ein Gesetz geben." Das werde auch bessere Arbeitsbedingungen und einen Zulauf in den Pflegeberufen bringen, prophezeite Lauterbach und warnte: "Wenn wir die Pflege schlechter reden, als sie ist, machen wir den Beruf nicht attraktiver."

Laut SZ-Journalistin Christina Berndt (rechts) brauche es tagesaktuelle und exakte Daten, um besser auf die Corona-Pandemie reagieren zu können. (Bild: ARD)
Laut SZ-Journalistin Christina Berndt (rechts) brauche es tagesaktuelle und exakte Daten, um besser auf die Corona-Pandemie reagieren zu können. (Bild: ARD)