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Vizekanzler Scholz eröffnet mit der Haushaltsdebatte den Wahlkampf um die Steuerpolitik

Olaf Scholz klingt in der Haushaltsdebatte mehr nach SPD-Kanzlerkandidat als nach Bundesfinanzminister. Vor allem bei einem Thema liefert er sich mit der Union einen Schlagabtausch.

Der Bundesfinanzminister verteidigt in einer kämpferischen Rede seine Haushaltspolitik. Foto: dpa
Der Bundesfinanzminister verteidigt in einer kämpferischen Rede seine Haushaltspolitik. Foto: dpa

Olaf Scholz (SPD) klang wie ein Bilanzbuchhalter, den seine eigenen Zahlen ermüden. Im Bundestag stellte der Finanzminister emotionslos seinen Haushalt vor und war damit schon vor Ablauf seiner Redezeit fertig. Das war im Herbst 2018, und für Scholz war es die erste große Haushaltsdebatte im Bundestag als Bundesfinanzminister.

Zwei Jahre später steht Scholz am Dienstagmorgen wieder am Rednerpult im Bundestag und eröffnet die Debatte um den Bundeshaushalt 2021. Die Parlamentarier erleben einen völlig anderen Scholz. Zahlen spielen nur am Rande eine Rolle. Es gibt eine Tour d’Horizon. Scholz spricht nicht nur über Schulden, sondern auch über Klimapolitik, Europa und gesellschaftlichen Zusammenhalt.

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Schnell wird klar: Scholz hält hier nicht nur eine Rede als Kassenwart, sondern vor allem als Kanzlerkandidat. Das zeigt sich auch daran, dass er den Koalitionspartner kritisiert. Forderungen aus der Union nach weiteren Steuersenkungen wie dem kompletten Abbau des Solidaritätszuschlages erteilt er eine klare Absage.

Wer Entlastungen für Spitzenverdiener fordere, der „verbreitet illusorische Zahlen“ angesichts der Krisenlasten, sagt Scholz. Oder aber er wolle „die Axt an die Zukunft Deutschlands legen“. Steuersenkungen bedeuten aus Scholz‘ Sicht Sozialabbau. Und nach der Coronakrise sei das Gegenteil notwendig: „Wir werden in den nächsten Jahren den Sozialstaat bewahren und ausbauen müsse“, sagt er.

Und auch wenn Scholz betont, er sage das als Bundesminister der Finanzen, so machen schon die Reaktionen deutlich: Hier stellt sich der Kanzlerkandidat gegen den Koalitionspartner. Während die SPD-Abgeordneten applaudieren, gibt es Widerspruch von CDU und CSU.

Höchster Stand der Schuldenstatistik

Unionsfraktionschef Ralph Brinkhaus erwidert Scholz, er solle doch nicht so tun, als gehe es bei der Steuerpolitik um Fußballstars oder Showmaster. Tatsächlich würden höhere Steuern Unternehmer treffen und damit Arbeitsplätze gefährden. Der kommende Bundestagswahlkampf, so viel zeigt sich in der Haushaltsdebatte, wird auch um die Steuerpolitik geführt.

Auch bei der Europapolitik verteilt Scholz Spitzen Richtung Union. Er lobt die gemeinsamen Beschlüsse, etwa zum 750 Milliarden Euro schweren Wiederaufbaufonds. Der SPD-Finanzminister schreibt diesem aber eine grundlegendere Bedeutung zu, als manch einem Unionsabgeordneten lieb ist.

Die Union sieht in dem Fonds eine einmalige Krisenmaßnahme, Scholz hingegen „einen Sprung nach vorne für die europäische Politik“. Denn die EU könne nicht nur erstmal Schulden aufnehmen, sie solle auch eigene Finanzmittel erhalten, um sie später wieder zurückzuzahlen.

Gleichzeitig achtet Scholz darauf, dass er nicht als zu spendabler Finanzminister, der Wähler der Mitte verschrecken könnte, rüberkommt. Und so lobt Scholz ausgiebig die Politik der „schwarzen Null“, ohne dass er den Begriff verwendet. Es sei gut gewesen, dass Deutschlands Schuldenquote auf unter 60 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) gesunken sei und dass man alle Maastricht-Kriterien wieder eingehalten habe, so Scholz.

Aus seiner Sicht hat das die Spielräume geschaffen, um in der Krise gegenzuhalten. Und so kann Scholz nun für das kommende Jahr mit einem Defizit von 96 Milliarden Euro planen, nachdem in diesem Jahr schon eine Rekordverschuldung von 218 Milliarden Euro vorgesehen ist.

Die Verschuldung von Bund, Länder und Kommunen ist infolge der Krise sogar sprunghaft auf 2,1 Billionen Euro gestiegen. "Dies war der höchste jemals ermittelte Stand in der Schuldenstatistik", schrieb das Statistische Bundesamt, just als Scholz seine Rede begann.

Scholz weiß, dass diese Zahlen bei einigen Bürgern Sorgen auslösen. Deshalb verspricht er: „Wir werden es schaffen, die Schuldenquote wieder abzusenken“, sagte er.

Sie werde ohnehin nur auf 75 bis 76 Prozent des Bruttoinlandsprodukts steigen. Damit sei der Schuldenstand in Deutschland nach der Coronakrise noch immer niedriger, als er in allen anderen großen Industriestaaten vor der Krise gewesen sei.

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Unionsfraktionschef Brinkhaus nutzt Scholz' Ausführungen zu den Schulden, um einen kleinen Gegenangriff zu starten. Scholz sei nun offenbar ein „Verfechter der schwarzen Null“, sagte er. Es sei doch schön, dass sich diese Erkenntnis bei ihm, Scholz, durchgesetzt habe. Bisher habe die Union da ja oft allein geworben.

Doch in dieser Frage, das macht Scholz in der Rede deutlich, will er als Kanzlerkandidat keine Angriffsfläche bieten. Die Menschen sollen mit ihm solide Haushaltspolitik verbinden. Es ist ein Spagat, den Scholz schon als Hamburger Bürgermeister vorgeführt hat: Er besetzt für die CDU wichtige Themen und bedient gleichzeitig noch sozialdemokratische Anliegen.

So wirbt Scholz in der Haushaltsdebatte für bessere Arbeitsstandards und höhere Löhne. „Die Corona-Helden wollen keine Orden, sondern einfach ein ordentliches Gehalt“, sagt der Vizekanzler. Es brauche bessere Arbeitsverhältnisse in Deutschland.

Und auch den Grünen versucht der SPD-Mann möglichst wenig Angriffsfläche zu bieten. Er lobt den Atomausstieg genauso wie den Kohleausstieg. Ambitionslosigkeit bei der Klimapolitik will er sich nicht nachsagen lassen. Als Sozialdemokrat betont er gleichzeitig, dass man etwas für die Kohleregionen tun müsse. „Wir lassen niemanden allein“, sagte. Deshalb wende man 40 Milliarden Euro für den Kohleausstieg auf. „Das ist gut angelegtes Geld“, so Scholz.

Und so hat der Kanzlerkandidat vom Klimaschutz über den Haushalt bis zur Europapolitik die großen Themen abgearbeitet. Redezeit hatte er anders als vor zwei Jahren dieses Mal nicht zu verschenken. Seine Kanzlerkandidatenrede dauerte gut 40 Minuten.

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