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Vier Gründe gegen die Vier-Tage-Woche

Linken-Chefin Katja Kipping schlägt staatliche Subventionen vor, um eine Vier-Tage-Woche einzuführen. Es spricht nichts dagegen, weniger zu arbeiten. Trotzdem ist die Idee ziemlich schlecht.

Die SPD-Politikerin Eva Högl machte den Anfang, kredenzte der Republik mit der Wiedereinführung der Wehrpflicht das erste Sommerloch-Thema des Jahres. Grünen-Chef Robert Habeck zog nach. Er wollte noch etwas zum Tempolimit auf Autobahnen loswerden. Und jetzt hat auch Linken-Chefin Katja Kipping ihr Schlagzeilenthema gefunden. Der Rheinischen Post sagte sie, die Coronapandemie sei die passende Gelegenheit, eine Vier-Tage-Arbeitswoche einzuführen.

Kipping schlägt höchstens 30 Stunden Arbeit pro Woche vor - klingt das nicht herrlich? Um ihr Modell Arbeitgebern und Beschäftigten schmackhaft zu machen, soll der Staat ein Jahr Zuschüsse zahlen. So könnten Firmen weniger arbeitenden Mitarbeitern weiter den gleichen Lohn zahlen. Weniger Arbeit beglücke Beschäftigte nicht nur, sondern helfe ihnen auch gesünder zu leben und ihre Arbeit produktiver zu erledigen, meint Kipping – wovon auch die Arbeitgeber profitierten.

Da ist was dran. Und es ist auch keine schlechte Idee, darüber nachzudenken. Die Fünf-Tage-Woche genießt ebenso wenig eine Ewigkeitsgarantie wie einst die Sechs-Tage-Woche. Aber sollte der Staat wirklich mit Subventionen eingreifen, um die Vier-Tage-Woche möglichst breitenwirksam durchzusetzen?

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Nein, sollte er nicht. Und weil es so gut passt, kommen hier vier Gründe gegen die Vier-Tage-Woche. Es ließen sich sicher noch ein paar mehr finden.

Da wäre, erstens, die Wirkung der Subventionen selbst. Wenn alle Arbeitnehmer auf vier Tage verkürzen könnten und vom Staat dafür ein Jahr ihren bisherigen Lohn garantiert bekämen – wer würde da widerstehen? Man muss seine Arbeit schon sehr lieben, um diesem politischen Überanreiz nicht nachzugeben. Selbst wer auch am Freitagmorgen voller Tatendrang in die Produktionshalle oder ins Büro fahren wollte (oder sich coronabedingt aus dem Bett werfen und an den Küchentisch stürzen würde), täte es künftig wohl eher mit einem leicht mulmigen Ungerechtigkeitsempfinden im Bauch.

Und was würde nach dem ersten Subventionsjahr passieren? Nun, entweder sind alle glücklich, und auch die Arbeitgeber so zufrieden mit Arbeitsmoral und Produktivität, dass sie den Staat entlasten und die Subventionen übernehmen. Oder aber, was insbesondere mitten in einer Wirtschaftskrise wahrscheinlich ist: Die Unternehmen passen den Lohn an, setzen ihn also runter – was nicht wenige Arbeitnehmer wieder von der Fünf-Tage-Woche überzeugen dürfte.

Apropos Wirtschaftskrise. In der aktuellen Situation würde Kippings Subventionsidee bei vielen Unternehmen wie das nächste kleine Rettungsprogramm wirken. Überall dort, wo sich die Auslastung noch nicht erholt hat, wäre die Vier-Tage-Woche nichts anderes als eine Fortsetzung der Kurzarbeit mit anderen Mitteln. Aber was passiert, wenn der Aufschwung kommt? Und was passiert, wenn sich zugleich in den kommenden Jahren die Babyboomer in den Ruhestand verabschieden? Dann wird, und das ist das zweite Gegenargument, der Fachkräftemangel so richtig zum Problem. Eine Vier-Tage-Woche wäre für viel kleine Mittelständler unter diesen Umständen nichts anderes als ein Insolvenzbeschleunigungsprogramm.

Wer weniger arbeiten möchte, Argument Nummer drei, kann das im Übrigen schon heute mit seinem Arbeitgeber verhandeln. Es gibt sogar einen rechtlichen Anspruch auf Teilzeit, den man geltend machen kann. Kippings Vorpreschen ist daher eine Nebelkerze. Und sie bleibt es auch, wenn man die unterschiedlichen Machtstrukturen und das Lohngefälle verschiedenster Beschäftigungsverhältnisse berücksichtigt. Denn natürlich befindet sich die systemdienende Unternehmensberaterin in einer wesentlich komfortableren Situation als die systemrelevante Krankenschwester.

Es sind vor allem Gutverdiener, die schon heute Lohnverzicht gegen ein paar freie Tage mehr eintauschen. Weil sie es sich leisten können. Alle anderen gehen leer aus. Kluge linke Politik jedoch, die ähnliche Freiheiten auch für die unteren Gehaltklassen erkämpfen will, sollte keine Nebenkriegsschauplätze eröffnen und scheinbare „One-fits-all“-Lösungen in den Raum werfen. Höhere Löhne für Pfleger, Lkw-Fahrerinnen und Kassierer sind ein berechtigtes Anliegen, für das es sich zu streiten lohnt – aber: Das ist ein anderes Thema.

Und so wären wir auch schon bei Gegenargument vier, machen wir's kurz: Kippings Vorhaben wäre ein Eingriff in die Tarifautonomie. Und die hat sich bewährt. Punkt. Nächste Sommerloch-Debatte, bitte!

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