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Zu viel Spitzenpersonal aus dem Westen: Die CDU steckt im NRW-Dilemma

Die Christdemokraten ringen nicht nur um den Vorsitz. Es steht die Frage im Raum: Wer von den vielen Politikern aus NRW wird noch einen Posten bekommen?

Es gilt als offenes Geheimnis, dass sich Jens Spahn zu Höherem berufen fühlt: Der CDU-Politiker und Bundesgesundheitsminister, der in der Pandemie seine Popularität deutlich erhöht hat, lotet seine Chancen aus, Kanzlerkandidat zu werden. Der Chef der Bundestagsfraktion, Ralph Brinkhaus, befeuert die Debatte, ebenso Tilman Kuban, der Chef der Jungen Union. Den Schaden hat ein anderer: Spahns Teampartner Armin Laschet. Der NRW-Ministerpräsident hat sich um den CDU-Parteivorsitz beworben.

Der Westfale Spahn, der bereits 2018 erfolglos kandidiert hatte und in den Umfragen nicht gut dastand, fügte sich zerknirscht seinem Landeschef und erklärte, er werde „nicht für den Vorsitz der CDU kandidieren, stattdessen unterstütze ich Armin Laschet“. Das war im Februar 2020.

Die CDU debattiert wenige Tage vor ihrem Krönungsparteitag scheinbar Absurdes, gilt doch seit eh und je: Wer Kanzler wird, der sollte tunlichst als Machtbasis den Parteivorsitz innehaben. Das wusste schon Gerhard Schröder für die SPD und nicht minder Angela Merkel für die CDU.

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Doch in diesen Tagen geht es zuvorderst nicht um Inhalte oder Strategie. Es geht um die alte „Sachfrage“, wie es einst Konrad Adenauer formuliert haben soll, die da lautet: „Was wird aus mir?“

Die Frage ist umso heikler, da die CDU ein NRW-Dilemma erlebt: Es gibt schlicht zu viele Kandidaten aus Nordrhein-Westfalen – nicht nur im Kampf um die Parteispitze.

Die Volkspartei lebt vom Proporz

In einer Volkspartei wie der CDU geht es immer auch darum, den Proporz zu erfüllen: Jeder Landesverband, Frauen wie Männer und soziologische Gruppen sollen Platz finden. Doch ist längst einiges verrutscht in der CDU: Da sind zunächst drei Kandidaten für den Parteivorsitz aus NRW: neben Laschet auch Friedrich Merz und Norbert Röttgen. Da ist Fraktionschef Brinkhaus. Auch Generalsekretär Paul Ziemiak und sogar der Bundesgeschäftsführer der Partei stammen aus Nordrhein-Westfalen.

Allesamt sind sie Männer. Im Bundeskabinett vertritt neben Spahn aber noch eine Frau einen NRW-Wahlkreis: Bundesforschungsministerin Anja Karliczek. „Die müssen alle untergebracht werden“, heißt es im CDU-Führungszirkel.

Doch das ist alles andere als einfach: Allen voran Hessen, Baden-Württemberg, aber auch Niedersachsen und Schleswig-Holstein fordern Posten ein, wie es intern heißt. In der Partei wird auch seit Langem die mangelnde Loyalität der Ost-Landesverbände zur Bundespartei beklagt.

Erklärt wird sie damit, dass einfach zu wenige ostdeutsche CDU-Politiker führende Positionen innerhalb der Partei und auch innerhalb der Bundesregierung erhalten haben. Jemand müsste also Platz auf der Regierungsbank machen, wenn dies schon nicht in der Parteiführung geschieht. „Die Frage nach der Landsmannschaft ist derzeit ein großes Thema“, heißt es in Baden-Württemberg, dem Stammland der CDU.

Ungeachtet dessen würde natürlich auch ein Koalitionspartner Posten einfordern und vermutlich auch mehr, als ihm nach dem Wahlergebnis zustehen. So war es zumindest nach den vergangenen Wahlen immer wieder. Die Zahl der zu verteilenden Positionen würde schnell weiter schrumpfen. „Die Situation ist nicht schön“, berichten NRW-Abgeordnete der Fraktion.

Darüber hinaus ringen nicht nur die amtierenden Führungskräfte aus NRW um die zukünftigen Posten: Da sind auch noch andere Nachwuchskräfte im Bundestag, etwa Günter Krings, Chef der NRW-Landesgruppe in der Fraktion und aktuell Staatssekretär im Innenministerium, oder Carsten Linnemann, Chef der Mittelstandsvereinigung. Und da ist Thomas Jarzombek, Digitalexperte der Partei und Luft- und Raumfahrtkoordinator der Bundesregierung, um nur einige zu nennen. Sie alle streben weiter nach höheren Ämtern.

„Es wird nicht mehr über Inhalte geredet, sondern nur noch über Personen“, heißt es mahnend in der Partei. Dabei gelte es, jetzt über die Zeit nach Corona zu reden, in der eine Wirtschaftskrise ungeahnten Ausmaßes bewältigt werden müsse. Schon jetzt gebe die Regierung alles andere als ein gutes Bild ab. Es werde sich unprofessionell verhalten, und „blöde Fehler“ würden begangen.

Doch all das spielt zumindest bis zum Wochenende keine Rolle. Nun steht erst einmal der Parteitag ins Haus und damit die Wahl des Vorsitzenden – und seiner Stellvertreter. Wird Laschet Parteichef, wird er Spahn als Stellvertreter vorschlagen. Wird allerdings ein anderer als Laschet Parteichef, dann wird es spannend. Spahn stünde dann vor der Frage, ob er trotzdem als Stellvertreter und damit gegen den amtierenden Parteivize Laschet kandidiert.

Ringen um die stellvertretenden Parteivorsitzenden

In dem fünfköpfigen Stellvertretergremium jedenfalls ist kein Platz für zwei aus NRW. Die kandidierenden Frauen, Julia Klöckner (Rheinland-Pfalz) und Silvia Breher (Niedersachsen), gelten als gesetzt, ebenso der Grandseigneur der Partei, Volker Bouffier (Hessen), und auch Thomas Strobl, wäre es doch für die CDU Baden-Württemberg ein herber Schlag, wenn ihr Landeschef wenige Wochen vor der Landtagswahl nicht mehr in der Parteiführung vertreten wäre.

Für die Nordrhein-Westfalen auf Bundesebene bliebe noch eine Ausweichoption: die Landespolitik. Ein CDU-Chef Armin Laschet würde spätestens nach der Bundestagswahl seinen Platz in Düsseldorf frei machen, heißt es. Sollte er das Rennen um den Bundesvorsitz verlieren, dann rechnen Beobachter damit, dass andere Ansprüche auf den Landesvorsitz und damit auf die Kandidatur zur Landtagswahl 2022 erheben dürften: Namen wie Spahn und Brinkhaus fallen bei Unionspolitikern.

Das Amt des Ministerpräsidenten des bevölkerungsreichsten Bundeslandes ist zugleich immer auch ein Sprungbrett zurück nach Berlin. Dies wäre bei einer diskutierten Option durchaus interessant: So rechnet so mancher damit, dass Friedrich Merz als möglicher Kanzler mit seinen 65 Jahren vermutlich nur eine Wahlperiode im Amt bleiben würde.

Das alles natürlich unter der Bedingung, dass die CDU nach nunmehr zwei Jahrzehnten mit Angela Merkel aus Mecklenburg-Vorpommern auch bei der Bundestagswahl im September die Mehrheit erhält – und den Kanzler stellen wird.