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Viel Druck, Begeisterung und gutes Geld: Wie es ist, bei Tesla zu arbeiten

Tesla baut bis zu 12.000 Stellen in Deutschland auf. Die erfolgreichen Bewerber müssen sich auf einen ungewöhnlichen Arbeitgeber gefasst machen.

Blitzbesuch von Elon Musk. Der Tesla-Chef schaute sich die Tesla-Fabrik in Berlin an, nur wenige Wochen nach seiner letzten Stippvisite aus Kalifornien. Die Dringlichkeit ist groß. Der Ausbau der bislang im Rekordtempo hochgezogenen Fabrik stockt, eine Genehmigung der Landesbehörden lässt nach vielen Bürgerbeschwerden auf sich warten.

Ein weiterer Grund für den Besuch: Bewerbungsgespräche. Musk sah sich „Top-Ingenieure“ an, wie er auf Twitter schrieb. Der 49-jährige will für die Fabrik eine Task-Force aufbauen, die bei künftigen technischen Problemen eingreift. In der sollen 25 Mitarbeiter direkt an ihn berichten.

Die E-Mail-Adresse, an die Bewerber ihre Unterlagen schicken können: 25guns@tesla.com. „25 guns“ oder 25 Kanonen, das erinnert an Wild West und Top-Gun, ganz so wie sich Musk sein Unternehmen vorstellt: wild, direkt und erstklassig. Der Aufbau der Taskforce zeigt: Musk delegiert nicht gerne, will bis ins kleinste Detail involviert sein.

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Tesla ist ein Unternehmen mit flachen Hierarchien und kurzen Entscheidungswegen. Aus zahlreichen Gesprächen mit ehemaligen und derzeitigen Tesla-Mitarbeitern ergibt sich das Bild eines Arbeitgebers, der sehr viel verlangt, aber auch viel gibt. Arbeitszeiten und Belastungen können extrem hoch sein, die Aufgaben wechseln laufend. Die Bezahlung ist gut und stark leistungsabhängig.

Bis zu 7000 Menschen will Tesla bis zum nächsten Sommer einstellen, letztlich sollen in zwei Jahren 12.000 Mitarbeiter in Grünheide arbeiten. Derzeit beschäftigt Tesla rund 50.000 weltweit. „Ich habe meine Arbeit bei Tesla sehr geschätzt“, sagt Jochen Rudat, ehemaliger Tesla-Europachef, der zehn Jahre lang dort arbeitete und zeitweise direkt an Musk berichtete. „Es gab klare Ansprachen, da war nichts politisch.“

Es herrscht großer Andrang auf die ausgeschriebenen Stellen. Derzeit sucht Tesla zusammen mit der Arbeitsagentur in Frankfurt/Oder im großen Stil Mitarbeiter. Seine Behörde sei schon im Frühjahr auf Tesla zugegangen, sagte der Agenturchef Jochem Freyer im Interview mit dem Handelsblatt. Heute beschäftigen sich ganze neun Mitarbeiter bei der Behörde ausschließlich mit Tesla-Arbeitsplätzen.

Laut Freyer sind etliche Führungskräfte und Spezialisten schon an Bord, und der Prozess für die Produktionsmitarbeiter und die Lagerlogistik sei angelaufen. „Wer bei Tesla arbeitet, muss belastbar sein, bereit sein, mal eine Extrameile zu gehen“, sagt Freyer. „Er kann davon ausgehen, nicht täglich den gleichen Job zu machen.“ Tesla wolle bewusst Mitarbeiter ihre Tätigkeiten wechseln lassen. Heute in der Lackiererei, morgen im Presswerk, das sei durchaus möglich. „Wer damit klarkommt, hat gute Entwicklungsmöglichkeiten.“

Mitarbeiter: „Mischung aus Henry Ford und Scientology“

Bei einer Baustellenführung mit Journalisten vor wenigen Wochen wurde ein Tesla-Mitarbeiter gefragt, was man mitbringen müsse, um hier zu arbeiten? „Hauptsache, man ist von der Mission überzeugt“, antwortete er. Die Mission? Auf seiner Website klärt das Unternehmen auf, was damit gemeint ist: die Beschleunigung des Übergangs zu nachhaltiger Energie. „Wir sind überzeugt davon, dass wir das Richtige tun für die Rettung des Planeten – auch wenn das pathetisch klingt“, erklärt ein anderer Tesla-Mann.

Es fällt in fast allen Gesprächen mit gegenwärtigen und ehemaligen Mitarbeitern auf: die Begeisterung. Selbst wer gefeuert wurde, schwärmt noch von der Zeit bei Tesla, der Intensität und Intelligenz der Mitarbeiter, der Vision von Musk. Aber es gibt auch kritische Stimmen. Ein ehemaliger Mitarbeiter fühlt sich an ein Unternehmen erinnert, das eine „Mischung aus Henry Ford und Scientology“ sei.

Das Arbeitsleben bei Tesla ist stark geprägt durch Musk und das Silicon Valley. Trotz der Größe des Unternehmens herrscht immer noch eine Start-up-Kultur der flachen Hierarchien und schnellen Entscheidungen – und gnadenloser Meritokratie. „Wer ein Werk für Tesla erfolgreich aufbaut, der kann nach der Fertigstellung entlassen werden“, sagt Andreas Radics, geschäftsführender Partner der Automobilunternehmensberatung Berylls. „Bei anderen Herstellern würde er wahrscheinlich Werksleiter werden, aber bei Tesla nicht unbedingt: Wer eine Fabrik aufbauen kann, muss sie nicht unbedingt gut leiten können.“

Lange gefackelt wird nicht. Der Berliner Werksleiter Evan Horetsky beispielsweise wurde vor wenigen Tagen gefeuert. Eine unbezahlte Wasserrechnung, der stockende Ausbau der Fabrik – und schon war der Senkrechtstarter weg vom Fenster.

Auf seiner Karriereseite fordert Tesla Bewerber auf, sich bei der „fortschrittlichsten Serienproduktionsstätte für Elektrofahrzeuge der Welt“ zu bewerben. Die Gigafactory würde ein „ideales Arbeitsumfeld“ bieten. Auf dem Portal hat Tesla derzeit knapp 300 Stellen, knapp ein Drittel davon ist neueren Datums. Die meisten Inserate sind auf Englisch – das ist Grundvoraussetzung, um bei Tesla zu arbeiten.

Gesucht werden Ingenieure, Mitarbeiter für die Produktion, Angestellte für die Personalabteilung oder Prozessmanager, die „traditionelle Prozesse auf allen Ebenen“ überdenken sollten. Die Bewerber sollen in der Regel mehrjährige Berufserfahrung mitbringen, mit „mehreren Prioritäten effektiv klarkommen“, Deadlines halten, „sich schnell weiterentwickeln können“ oder kurzfristig für Dienstreisen zur Verfügung stehen.

Immer wieder ist von „hohem Druck“ und „knappen Zeitfenstern“ die Rede, Mitarbeiter müssten Spaß daran haben, sich für die Mission der Firma motivieren zu können. Kurz gesagt: Musk will Leute, die bereit sind, viel zu leisten – sich womöglich für ihren Betrieb aufopfern.

Bei Tesla müssen Mitarbeiter ihre Arbeit ständig infrage stellen

Tesla arbeitet anderes als andere Autohersteller. Bei denen übernimmt bei einem Projekt das Marketing, die Entwicklung oder die Produktion die Führung. Das schafft Verantwortlichkeit, fördert aber das Silodenken. Tesla verfolgt dagegen einen ganzheitlichen Ansatz: Jeder muss für alles bereitstehen, am besten muss alles In-House produziert werden. „Bei Tesla wird alles hinterfragt. Kann ich es anders machen?“, sagt Andreas Radics, geschäftsführender Partner der Automobilunternehmensberatung Berylls.

Entsprechend rasch rotieren die Mitarbeiter durch ihre Aufgaben. Fabrikleiter Horetsky beispielsweise ging in seinen knapp sechs Jahren bei Tesla auf fünf verschiedene Positionen einmal quer durch die Welt von Nevada nach China und zuletzt nach Deutschland.

Das ist bei allen Firmen von Musk der Fall, zum Beispiel bei Space X. In der Luft- und Raumfahrt beispielsweise dauerten die Dinge oft Ewigkeiten. Ingenieure arbeiteten ihr Leben lang an der perfekten Schraube. Nicht so bei dem von Musk gegründeten Space X. „Ich habe von der Falcon-Rakete bis zur Dragon-Kapsel sechs große Projekte betreut“, sagt dagegen Bulent Altan, heute Chef des Laserkommunikationsspezialisten Mynaric, der elf Jahre bei Space X arbeitete. „Andere Raumfahrtingenieure haben Glück, wenn sie in ihrem Leben auf zwei kommen.“

„Mehrarbeit gehört zum Geschäftsmodell“: Die Aussage gehört zum Standardrepertoire des Top-Managements. Wer bei Tesla anfängt, kann sich auf viele Arbeitsstunden gefasst machen. Die Firma rückt in den Mittelpunkt, wird zum Lebensinhalt, sagen frühere Tesla-Mitarbeiter. Schließlich könne man den Weg zum nachhaltigen Automobil mitbestreiten. „Tesla steht über allem, bei manchen sogar an allererster Stelle“, sagt ein ehemaliger Mitarbeiter.

Das gilt nicht nur für Manager und Führungspersonal. Auch Ingenieure und Facharbeiter müssen ran. Als es 2017 zu Produktionsproblemen beim Model 3 kam, flogen rund 100 Monteure von Tesla Grohmann nach Nevada zur Gigafactory, um dort beim Ausbau von Produktlinien zu helfen. Jede Arbeitstruppe arbeitete drei Wochen durch, zwölf Stunden am Tag. Tesla bezahlte die Überstunden großzügig, manche Monteure kamen auf netto 6000 Euro im Monat.

Tesla-Manager profitieren von Prämiensystem für Leistungsträger

Mit einem Prämiensystem sollen die leistungsfähigen Mitarbeiter belohnt werden. Ab ungefähr 80.000 Euro Jahresgehalt werden Zielabsprachen vereinbart, die bis zu 40 Prozent vom Gehalt ausmachen können. Das Geld wird über vier Jahre quartalsweise ausgezahlt.

Details stehen noch aus. Vieles sei bei Gehaltsfragen zwar laut Behördenchef Freyer noch im Fluss. „Aber die Untergrenze steht.“ Zwar mangele es im Berliner Umland schon länger nicht mehr an Jobs. „Aber Brandenburg hatte im letzten Jahr ein mittleres monatliches Bruttoeinkommen von etwa 2.700 Euro.“ So viel werde bei Tesla nun die niedrigste Entgeltgruppe verdienen, also auch ein ungelernter Arbeitsloser. Mit einer einschlägigen Berufsausbildung gehe es etwa bei 3.500 Euro Bruttomonatsgehalt los.

„Fest steht auch, dass es ein rollierendes Schichtsystem sechs Tage in der Woche geben wird“, sagte Behördenchef Freyer. In der Diskussion seien Drei- und Vierschichtsysteme. „Gießerei, Presswerk, Montage, Lackiererei, Qualitätskontrolle, Endfertigung haben ihre eigenen Prozesse‧, da kann es sein, dass es Unterschiede gibt.“

Wer in Berlin arbeitet, der wird einen Vorteil haben – weiter weg von Musk zu sein. Der 49-Jährige verlangt viel, seine Geduld für Fehler hält sich in Grenzen. „Er ist sehr hart und fordernd, aber er ermöglicht einem viel“, sagt Ex-Mitarbeiter Altan. „Er vertraut einem, überträgt einem viel Verantwortung und stellt einem alle nötigen Ressourcen zur Verfügung. Dafür erwartet er schnelle Resultate. Die Beurteilung kann sehr harsch ausfallen, sehr direkt.“

Aber zu gemütlich sollten sich künftige Tesla-Manager in Deutschland nicht einrichten. Unternehmensberater Radic hat bereits viele Firmen betreut, die auch Lieferanten von Tesla sind. „Die wurden aufgrund der Zeitverschiebung auch nachts an‧gerufen“, erzählt der Berylls-Mann. „Musk wird oft rüberkommen und sich selbst ein Bild machen.“

Der Besuch von Musk vor wenigen Tagen wird nicht der letzte gewesen sein.